Vor Parteitag

China: Kritiker mundtot und Straßen “sicher”

Ausland
06.11.2012 15:05
Vor dem 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas sind die Sicherheitsvorkehrungen in Peking massiv verschärft worden. Rund 1,4 Millionen Freiwillige wurden zusätzlich zu Polizei und Militär mobilisiert, um auf den Straßen für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, wenn ab Donnerstag der Machtwechsel von Staats- und Parteichef Hu Jintao auf Xi Jinping eingeleitet wird. Außerdem wurden bereits an die 130 Bürgerrechtler nach Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen festgenommen, unter Hausarrest gestellt oder aus Peking weggebracht.

Tausende Bittsteller, die ihre Klagen über Ungerechtigkeiten und Missstände nach Peking tragen, seien abgefangen und in ihre Heimat zurückgebracht worden, hieß es. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International geht davon aus, dass zahlreiche Menschenrechtler bis zum Ende des Kongresses in sogenannten schwarzen Gefängnissen eingesperrt werden. Dies seien etwa Hotels oder Keller, die kurzfristig zu inoffiziellen Haftzentren umfunktioniert würden. "Während sich eine neue Führung auf die Machtübernahme vorbereitet, beobachten wir dieselben alten Muster von Repression wie im Vorfeld der Olympischen Spiele in Peking 2008 oder der Nobelpreisvergabe an Liu Xiaobo 2010", sagte der Amnesty-China-Experte Dirk Pleiter.

Taxis ohne Fensterkurbeln und "Tauben-Verbot"
Die Sicherheitsmaßnahmen in Peking treiben mitunter seltsame Blüten: So mussten Taxifahrer Fensterkurbeln hinten im Auto abmontieren, damit Fahrgäste nicht Flugblätter aus dem Fenster werfen können. Es habe Zwischenfälle gegeben, wo Passagiere sowohl Flugblätter als auch beschriftete Tischtennisbälle herausgeworfen hätten, berichtete die Zeitung "Global Times". Hinter den Aktionen steckten offenbar Mitglieder der in China verbotenen Sekte Falungong, wurde an anderer Stelle berichtet.

Außerdem sollen Züchter ihre Tauben bis auf Weiteres nicht mehr fliegen lassen. Auch Drachen steigen zu lassen, wurde untersagt. Geschäfte haben Modellflugzeuge aus den Regalen nehmen müssen. Selbst Küchenmesser dürfen nicht verkauft werden.

Das ohnehin langsame und stark zensierte Internet wurde durch zusätzliche Filter noch weiter ausgebremst. Angriffe gab es auch auf Tunneldienste, mit denen viele Chinesen die Sperren umgehen. Um die Sicherheit des Internets um den Parteitag herum zu gewährleisten, seien Maßnahmen ergriffen worden, "damit alles reibungslos verläuft", bestätigte ein Sprecher des zuständigen Informationsministeriums die zusätzlichen Kontrollen.

Bevölkerung klagt über "Paranoia" der Sicherheitskräfte
Viele Pekinger äußern Unverständnis über die extremen Vorkehrungen. "Es geht zu weit" oder "Das ist Paranoia" klagen viele über das "Parteitagssyndrom" der Sicherheitsorgane. Die chinesische Obrigkeit begründet die Maßnahmen auf ihre Weise. "Wir müssen uns ernsthaft bewusst sein, dass es verschiedene Faktoren gibt, die zu Missstimmung, Unsicherheiten und Instabilität führen, was viele Risiken und Herausforderungen für die Sicherheitsarbeit beim Parteitag mit sich bringt", sagte der oberste Sicherheitschef im KP-Politbüro, Zhou Yongkang.

Im Rahmen des 18. Parteitages soll der seit Langem vorbereitete Generationswechsel an der Spitze der Kommunistischen Partei der Volksrepublik besiegelt werden. Premier Wen Jiabao und Präsident Hu Jintao werden ihre Ämter an ihre Nachfolger übergeben - somit kommt es nach zehn Jahren zu einem Machtwechsel in China.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele