Urnengang in Ägypten

Muslimbrüder bei erster Wahlrunde auf Platz eins

Ausland
30.11.2011 15:58
Die aus der Muslimbrüderschaft hervorgegangene islamistische Partei der Freiheit und Gerechtigkeit hat die erste Runde bei den Parlamentswahlen in Ägypten nach Informationen des Fernsehsenders Al-Jazeera mit Abstand gewonnen. Der Sender meldete am Mittwoch, die Listenkandidaten der Partei hätten rund 40 Prozent der Stimmen erhalten.

Sollte sich das Ergebnis bestätigen und die Partei der Freiheit und Gerechtigkeit auch bei den beiden folgenden Wahlrunden auf einen solchen Anteil kommen, könnten die Islamisten in der Volksvertretung einen mächtigen Block gegen die herrschenden Militärs stellen. Mit 15 Prozent auf dem zweiten Platz sei laut Al-Jazeera die säkulare Ägyptische Allianz gelandet, vor den radikalen Islamisten der Partei Al-Nur mit acht Prozent und der liberalen Wafd mit fünf Prozent. Über die meisten Mandate für Direktkandidaten wird bei der für kommenden Montag geplanten Stichwahl entschieden.

Auslands-Ägypter stimmten für Islamisten
Der Nachrichtensender Al-Arabijya meldete indessen, auch 70 Prozent der im Ausland lebenden Ägypter hätten die Kandidaten der Partei der Freiheit und Gerechtigkeit gewählt. Die islamistische Partei will aus Ägypten einen Staat mit stark religiöser Prägung machen, vertritt allerdings im Vergleich zur Al-Nur noch relativ gemäßigte Positionen. In der Ära des im Februar entmachteten Präsidenten Hosni Mubarak waren die Muslimbrüder die stärkste Fraktion der Opposition gewesen.

Die Bewohner von Kairo und acht weiteren Provinzen hatten am Montag und Dienstag ihre Stimmen für das erste Parlament nach dem Sturz Mubaraks abgegeben. In den restlichen 18 Provinzen soll am 14. Dezember und am 3. Jänner gewählt werden. Die Wahlbeteiligung in der ersten Runde wird auf 60 bis 70 Prozent geschätzt. Danach findet bis zum 11. März die Wahl zur zweiten Parlamentskammer, der Shura, statt.

Bekanntheits-Bonus für Muslimbrüder
Zwei Drittel der 498 Mandate werden an Kandidaten von Parteilisten vergeben, die übrigen Sitze gehen an Direktkandidaten. Viele Bewerber und Parteien sind unbekannt. Daher wird erwartet, dass sich vor allem jene durchsetzen, die schon über ein gewisses politisches Profil verfügen - allen voran die Muslimbrüder und Vertreter aus dem Umfeld Mubaraks. Mehrere ehemalige Mitglieder der inzwischen verbotenen Mubarak-Partei NDP konnten sich laut Al-Jazeera in der südlichen Provinz Assiut durchsetzen. Über die meisten Mandate für Direktkandidaten werde bei der für kommenden Montag geplanten Stichwahl entschieden.

Wichtigste Aufgabe des neuen Parlaments wird die Einsetzung einer verfassungsgebenden Versammlung sein. Der Militärrat, der nach Mubaraks Sturz faktisch die Führung des Landes übernahm und sich mit teils gewaltsamen Massenprotesten konfrontiert sieht, wird aber an der Macht bleiben, bis ein ziviler Präsident gewählt ist - voraussichtlich im Juni 2012.

Demonstrationen in Kairo halten an
In Kairo wurden unterdessen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Straßenhändlern erneut Dutzende Menschen verletzt. Augenzeugen zufolge wollten die Protestierenden auf dem symbolträchtigen Tahrir-Platz im Zentrum der Hauptstadt die Händler von dem Ort vertreiben, wogegen diese sich wehrten. Demnach warfen beide Seiten Steine und Sprengsätze. Das ägyptische Gesundheitsministerium sprach anschließend von 79 Verletzten, von denen 29 in Krankenhäuser eingeliefert worden seien.

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