Rezessions-Risiko

Wachstum in Europa kommt zum Stillstand

Ausland
10.11.2011 13:07
Das Wirtschaftswachstum in Europa ist nach einer Schätzung der EU-Kommission zum Stillstand gekommen. "Es besteht das Risiko einer erneuten Rezession", sagte Wirtschaftskommissar Olli Rehn (im Bild) am Donnerstag in Brüssel bei der Präsentation der Herbstprognose.

Die Euro-Zone kann für heuer nur mehr mit einem Wachstum von 1,5 Prozent des BIP rechnen - gegenüber den im September prognostizierten 1,6 Prozent - und 2012 mit nur mehr mit 0,5 Prozent. Auch 2013 wird die Euro-Zone nur einen schwachen BIP-Zuwachs von 1,3 Prozent verzeichnen. Für die gesamte EU sagt die Kommission für heuer 1,6 Prozent Wachstum voraus, für kommendes Jahr nur mehr 0,6 Prozent und für 2013 1,5 Prozent.

Österreich-Prognose für 2011 angehoben
Für Österreich hat die Kommission die Prognose für das laufende Jahr angehoben: Demnach wird das BIP heuer um 2,9 Prozent wachsen, im Frühjahr hatte die Kommission noch 2,4 Prozent prognostiziert. 2012 wird das BIP-Plus dann aber auf 0,9 Prozent abgeschwächt. Für 2013 kann Österreich laut der Prognose wieder mit 1,9 Prozent Wachstum rechnen.

Minus für Griechenland und Portugal prognostiziert
In den Schulden-Sorgenländern Griechenland und Portugal dagegen wird die Wirtschaft im kommenden Jahr der Schätzung zufolge weiter schrumpfen: Für Athen wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,8 Prozent prognostiziert, für Lissabon ein Rückgang von drei Prozent.

Deutschland kann der Prognose zufolge im kommenden Jahr mit einem BIP-Wachstum von 0,8 Prozent rechnen, Frankreich mit einem Zuwachs von 0,6 Prozent und Italien nur mehr mit 0,1 Prozent.

Staatsverschuldung steigt auf neue Negativ-Rekorde
Angesichts der anhaltenden Finanzkrise dürfte 2012 nicht nur das Wirtschaftswachstum fast zum Erliegen kommen, sondern auch die Staatsverschuldung der Länder auf neue Negativ-Rekorde steigen. Für Griechenland, das heuer 162,8 Prozent des BIP an Gesamtverschuldung aufweist, ist ein weiterer Anstieg auf 198,3 Prozent prognostiziert. Italien wird zwar seine Staatsschulden demnach nicht erhöhen, aber bei 120,5 Prozent bleiben und den zweithöchsten Wert der EU-27 aufweisen. Dann folgt Irland, wo eine Erhöhung von 108,1 Prozent im laufenden Jahr auf 117,5 Prozent 2012 vorausgesagt wird.

Die steigenden Zinsen für italienische Staatspapiere können nach Worten von Rehn mittelfristig "beträchtliche Auswirkungen" für Italien haben. "Ganz kurzfristig sind die Auswirkungen nicht dramatisch. Mittelfristig wird das aber beträchtliche Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen und auf das Wachstum der Realwirtschaft haben", sagte Rehn. Auf die Frage, ob er erwarte, dass Rom Hilfen vom Euro-Rettungsschirm EFSF beantrage, ging der Kommissar nicht näher ein. Ein ständiger Anstieg des Zinsniveaus von einem Prozentpunkt würde aber zusätzliche staatliche Ausgaben von 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung 2012 und 0,4 Prozent 2013 nach sich ziehen, rechnete Rehn vor.

Über der 100-Prozent-Staatsschuldengrenze wird im kommenden Jahr noch Portugal liegen, das einen Anstieg von derzeit 101,6 Prozent auf dann 111,0 Prozent verzeichnet. Belgien kratzt mit prognostizierten 99,2 Prozent 2012 an der ominösen Grenze, für heuer wird ein Wert von 97,2 Prozent erwartet. Österreich liegt bei der Staatsschuld 2012 mit vorausgesagten 73,3 Prozent innerhalb der 17 Euro-Länder hinter Frankreich (89,2), Deutschland (81,2) und Spanien (73,8) an neunter Stelle.

Rehn kündigte "Mahn-Brief" an
Rehn kündigte an, er werde noch am Donnerstag Briefe an Belgien, Zypern, Ungarn, Malta und Polen verschicken, in denen die Länder ausreichende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung darlegen müssten. Bei diesen Staaten würden Fristen im Defizitverfahren heuer und 2012 auslaufen, sie seien bisher nicht in der Lage gewesen, ihre Defizite dauerhaft und fristgerecht abzubauen.

Arbeitslosigkeit wird steigen, Inflation zurückgehen
Es sei nicht davon auszugehen, dass 2012 die Arbeitslosigkeit in der EU abgebaut werde, sie könnte vielmehr zunehmen, sagte Rehn. In ihrer Prognose erwartet die EU-Kommission heuer zehn Prozent Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone und 2012 10,1 Prozent. Für Österreich wird ein Anstieg von 4,2 Prozent im laufenden Jahr auf 4,5 Prozent 2012 vorhergesagt.

Die Inflation soll nach 2,6 Prozent heuer in der Euro-Zone im nächsten Jahr wieder auf 1,7 Prozent zurückgehen. Für Österreich wird ein Rückgang der Teuerung von 3,4 Prozent auf 2,2 Prozent prognostiziert.

Risiken für wirtschaftliche Entwicklung
Abschließend sagte Rehn, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Europa mit erheblichen Risiken behaftet sei. Die Finanzmarktturbulenzen könnten weitere negative Auswirkungen haben. Die Kreditvergabe durch die Banken sei weiter eingeschränkt. Die notwendigen Konsolidierungsanstrengungen könnten stärker als erwartet die Binnennachfrage dämmen. Auch sei nicht auszuschließen, dass der Welthandel weiter an Schwung verliere.

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