Kurz bei Katia Wagner:

„Geht EU den Bach runter, haben wir Mega-Problem“

Österreich
24.04.2019 19:00

Wo steht Europa gut einen Monat vor der EU-Wahl am 26. Mai? Und wohin steuert unser Kontinent in Zukunft? krone.tv-Moderatorin Katia Wagner lud am Mittwoch zur großen Standortbestimmung - mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), Unternehmer und „Krone“-Kolumnist Klaus Woltron und Medienberater Peter Pelinka. Bei aller Kritik etwa an den lähmenden Entscheidungsprozessen der Union war sich die Runde einig, dass Europa es wert sei, darum zu kämpfen - auch um den derzeit im Höhenflug befindlichen Populisten das Wasser abzugraben. „Wenn die EU den Bach runtergeht, haben wir alle ein Mega-Problem“, brachte es Kurz auf den Punkt. Die Highlights können Sie im Video oben nachsehen, die gesamte Sendung finden Sie hier.

Es gehe „gar nicht so sehr um Rechts/Links oder Gut/Böse“, sondern darum, „die EU besser zu machen“, sagte Kurz. Neben den Dauer-Problemen Brexit und Migration stehe hier besonders die wirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund. „Der Wohlstand ist eine Riesen-Herausforderung, wenn wir uns ansehen, wie wettbewerbsfähig China, die USA und andere sind.“ Nun brauche es den Willen und die Erkenntnis, dass „wenn wir uns nicht anstrengen, China und die USA uns derartig abhängen, dass wir sie nur noch von hinten sehen“.

Kurz: „Fatalistische Mentalität“
Den Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand sieht der Kanzler als Kernaufgabe des neuen EU-Spitzenteams nach der Wahl. Derzeit ist ihm die Debatte um die Zukunft der Union vielfach zu negativ: „Es braucht nicht diese fatalistische Mentalität, zu sagen, dass Europa sowieso den Bach hinuntergeht. Wenn wir das zulassen, was heißt denn das? Dass wir uns irgendwann die Pensionen nicht mehr leisten können, dass die Arbeitslosigkeit steigt, dass die Außengrenzen gar nicht mehr geschützt werden.“

„Ich hätte ,Ratten-Gedicht‘-Schreiber sofort rausgeschmissen“
Nur am Rande waren die aktuellen innenpolitischen Verwerfungen Thema - das „Ratten-Gedicht“ des mittlerweile zurückgetretenen Braunauer FPÖ-Vizebürgermeisters Christian Schilcher und die Verbindungen der Freiheitlichen zu den Identitären. „Ich hätte den ,Ratten-Gedicht‘-Schreiber sofort aus der ÖVP rausgeschmissen. Bei der FPÖ hat’s etwas länger gedauert, aber es ist dann ja doch passiert“, kommentierte Kurz. Dass es Probleme mit Rechtsextremismus lediglich unter ÖVP- bzw. FPÖ-Regierungen wie im Land Oberösterreich gebe, wies er zurück: Immerhin habe sich der Skandal um einen Mietvertrag der Identitären in der Villa Hagen im SPÖ-regierten Linz ereignet.

Doskozil: „Migrationsthematik ist nicht alles“
SPÖ-Grande Doskozil griff die Migrationskrise auf, um darzustellen, was in Europa falsch laufe. Hier habe sich gezeigt, „wie sich jeder zurückzieht und das gemeinsame Interesse nicht mehr gesehen wird“. In dieser Angelegenheit sei „populistische Politik“ gemacht worden, anhand des Beispiels Deutschland sehe man, dass „die Migrationsthematik nicht alles ist“. Die SPÖ-Schwesterpartei SPD stehe beispielsweise nicht wegen der Flüchtlingskrise schlecht da, sondern weil „auf soziale Themen zu wenig Antworten gegeben worden“ seien.

Doskozil stellte soziale und Arbeitsmarktthemen in den Vordergrund: „Wir haben uns so stark darauf fokussiert, in Sonntagsreden vom ,Friedensprojekt Europa‘ zu sprechen, uns aber faktisch zu einer Wirtschaftsunion entwickelt, in der die sozialen Aspekte zu wenig berücksichtigt werden.“

Woltron: Viel versprochen, wenig gehalten
„Krone“-Kolumnist Klaus Woltron ging mit der europäischen Entwicklung seit Österreichs EU-Beitritt hart ins Gericht. Zahlreiche Versprechen der 90er-Jahre - Wegfall der Binnengrenzen, Schutz der Außengrenzen, keine Transferleistungen an Pleitestaaten, mehr Sicherheit, gesteigerte Kaufkraft, Währungsstabilität - seien nicht erfüllt worden. „Daraus resultiert für mich eine gewaltige Skepsis.“ Derzeit gebe es in Europa zwei Gruppen von Playern: „jene, die genau wissen, dass das, was sie versprechen, nicht eintreten wird, und jene, die nicht wissen, worüber sie reden“. Generell ortete Woltron ein Problem darin, dass in Brüssel zu viele Personen ohne hinreichende Qualifikationen am Ruder seien.

Pelinka: „Was ist die Alternative zur EU?“
Medienberater Pelinka wollte die Situation nicht so negativ beurteilen, sah aber auch eine „entscheidende Wahl“ auf uns zukommen. „Verstehen die Bürger, dass künftig mehr Europa notwendig sein wird, oder fallen wir zurück in die Kleinstaaterei?“, darum gehe es. Hier müsse man sich die Frage stellen: „Was ist die Alternative? Was wird denn besser, wenn es die EU nicht gäbe? Gäbe es nicht viel mehr soziale Gegensätze, wären wir nicht viel stärker bedroht von kriegerischen Auseinandersetzungen?“

Oder wie es Kanzler Kurz ausdrückte: „Wenn die EU den Bach runtergeht, haben wir alle ein Mega-Problem.“

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Sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats - immer mittwochs ab 19 Uhr hier auf krone.at - mit Moderatorin Katia Wagner zum Nachsehen sowie Highlight-Videos finden Sie unter krone.at/brennpunkt. Ab sofort ist die Sendung auch jeden Mittwoch ab 22 Uhr im neuen Nachrichtensender n-tv Austria zu sehen.

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