Neue Ministerin

Beatrix Karl wird Nachfolge Hahns antreten

Österreich
25.01.2010 12:22
Das Rätselraten um die Nachfolge Johannes Hahns ist beendet: Die erst im Juli 2009 als ÖAAB-Generalsekretärin bestellte Grazerin Beatrix Karl wird ins Wissenschaftsministerium einziehen. Auf die neue Ressort-Chefin, die schon am Dienstag angelobt wird, warten einige offene Baustellen. ÖVP-intern bezeichnete man den Job zuletzt gar als "mittleres Harakiri-Kommando". Die Proteststudenten haben ihre neue Ministerin jedenfalls gleich am Montagvormittag willkommen geheißen.

Karl, einst Uni-Professorin für Arbeits-, Sozial- und Europarecht in Graz und seit 2006 u.a. als Wissenschaftssprecherin der ÖVP im Nationalrat, bringt sowohl Erfahrung aus der Universität als auch politische Erfahrung mit. "Das ist ein Cocktail, der Erfolg versprechend ist", sagte der baldige Alt-Minister Johannes Hahn, als er vor der ÖVP-Vorstandssitzung in Wien offiziell die 42-jährige Steirerin als seine Nachfolgerin ankündigte.

Mit sich selbst ist Hahn zufrieden: "Ich denke, ich habe ganz ordentliche Arbeit geleistet in den letzten drei Jahren." Er könne das Amt an Karl "ordnungsgemäß übergeben". Außerdem habe er der neuen Ministerin ordentliche Unterlagen vorbereitet, so Hahn.

Der Termin für die Angelobung Karls ist schon fixiert: Bereits am Dienstag wird Bundespräsident Heinz Fischer die Nachfolgerin Hahns in der Hofburg empfangen. Und am 29. Jänner wird sich Karl als neue Ressortchefin dem Nationalrat vorstellen müssen.

Pröll und Karl: Perspektiven mit Gips
Karl selbst will der "schwierigen Situation", die sie derzeit an den Hochschulen und im Forschungsbereich ortet, mit "Erneuerung" begegnen. "Es gibt genug zu tun", sagte Karl bei ihrer Präsentation durch ÖVP-Obmann Josef Pröll. Ihr Job sei "kein Himmelfahrtskommando", sie sehe Möglichkeiten, "etwas zu gestalten, einen Rahmen, der es ermöglicht, dass österreichische Unis und Forschung wieder im internationalen Spitzenfeld mitmischen können", so Karl. Pröll bezeichnete die 42-Jährige als "absolut erste Wahl, die ich schon seit der Perspektivengruppe in meinem Kopf herumtrage".

Der Vizekanzler bezeichnete die Bestellung Karls als wichtige Entscheidung für ein Zukunftsressort. Sie habe alle entscheidenden Stationen durchlaufen, die die Anforderung an das Amt stellen würden, kenne seit mehr als 20 Jahren den universitären Betrieb und habe auch Forschungserfahrung. Er habe vor etwas mehr als einer Woche bei ihr vorgefühlt und am Wochenende die Entscheidung getroffen. Der Parteivorstand habe die Nominierung einstimmig angenommen. Dass Karl nach einem Unfall mit einem Gipsbein zur Präsentation kam, quittierte Pröll mit den Worten "Es gibt Perspektiven mit Gips", schließlich sei er beim Start der Perspektivengruppe auch mit Gipsbein gesessen.

Inhaltlich wollte Karl noch keine Stellung nehmen, sie verwies auf ihre Rede vor dem Parlament am Freitag. Dennoch betonte sie, ihre Meinung gegenüber Studiengebühren als Ministerin nicht geändert zu haben - als Wissenschaftssprecherin der ÖVP hatte sie sich für die Wiedereinführung moderater Gebühren ausgesprochen. Und die derzeitige Quotenregelung für Medizinstudenten ist für die Juristin "europarechtswidrig", hier müssten auf europäischer Ebene Änderungen durchgesetzt werden, etwa im Primärrecht.

Proteststudenten geben sich Stelldichein
Nichtsdestotrotz wurde die neue Ministerin am Montag gleich von den verbitterten Widersachern ihres Vorgängers empfangen: Ein Grüppchen Studentenaktivisten versuchte, Karl gleich nach ihrer Nominierung im ÖVP-Vorstand mit ihrem Unmut über die Bildungspolitik zu konfrontieren. Mit gelben Flugzetteln ("Zehn Jahre Bologna-Prozess - Kein Grund zum Feiern!") protestierten sie gegen die ungeliebte Dreiteilung des Studiums. Die beim ÖVP-Parteivorstand üblichen Securitys verwehrten den Aktivisten aber den Zutritt zum Presseraum der Wiener ÖVP im "Café di Gio".

ÖH will Karl im Audimax sehen
Die ÖH-Bundesvertretung begrüßt die neue Ministerin mit einer Aussendung und einem ganzen Forderungskatalog. Als Erstes solle Karl zu einer akademischen Fragestunde ins Audimax kommen. "Frau Karl muss nun Dialogbereitschaft und Interesse für die Anliegen der Studierenden beweisen", erklärte Sigrid Maurer vom ÖH-Vorsitzteam.

"Für die neue Wissenschaftsministerin gibt es keine Schonfrist", meinte auch ihr Kollege Thomas Wallerberger. "Seit bald 100 Tagen warten wir auf eine Nachfolgerin, die sich der vielen Probleme im Hochschulsektor endlich annimmt", so Wallerberger weiter. "Als Universitätsangehörige sollte die designierte Wissenschaftsministerin Beatrix Karl bereits wissen, dass ihr Parteifreund Johannes Hahn einen Scherbenhaufen hinterlassen hat. [...] Hahns Traum einer Elite-Uni muss unter Karl einer Redemokratisierung der Universitäten weichen", heißt es. Der Audimax-Dialog wurde von der ÖH auf den 3. Februar festgesetzt.

Karl erbt Ressort mit mehreren offenen Baustellen
In den kommenden Monaten bzw. Jahren muss sich die neue Wissenschaftsministerin einigen offenen Baustellen widmen. Die Aufgaben reichen dabei von der im Regierungsprogramm festgeschriebenen Neuordnung der Hochschullandschaft bis zur Regelung des Uni-Zugangs (siehe krone.at-Bericht in der Infobox: "Was die neue Wissenschaftsministerin erwartet").

Daneben sollte sich die Ressortchefin auch noch Zeit für ihre Aufgaben als Quasi-"Spiegelministerin" von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) nehmen - etwa für die auch ins Wissenschaftsressort fallende neue Lehrerausbildung oder einfach nur als Mediatorin für Konflikte Schmieds mit der ÖVP.

Spindelegger muss sich neuen Generalsekretär suchen
Beim bisherigen Arbeitgeber Karls, dem ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB ist unterdessen die Suche nach einem neuen Generalsekretär angelaufen. ÖAAB-Obmann und Außenminister Michael Spindelegger bezeichnete den Verlust Karls für seine Organisation als "einzigen Wermutstropfen" ihrer Bestellung zur Wissenschaftsministerin.

Die Nachfolgefrage werde man nun besprechen und zeitgerecht bekannt geben, so Spindelegger, der den Parteivorstand wegen einer Reise nach Brüssel vorzeitig verließ. Favoriten für den Posten nannte er nicht und meinte er nur, er habe viele Namen im Kopf. Karl war erst am 20. Juli 2009 zur ÖAAB-Generalsekretärin ernannt worden.

Ehemaliger Behindertensprecher übernimmt Karls Mandat
Im Nationalrat steht indes ein Comeback von ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg bevor. Nachdem die neue Wissenschaftsministerin dereinst über die Bundesliste ins Parlament eingezogen war, wird nun auf dieser durch ihren Wechsel in die Regierung ein Platz frei. Erster Nachrücker wäre Huainigg. Pröll betonte, er freue sich ganz besonders, Huainigg wieder im Nationalrat zu sehen, zumal die SPÖ den an den Rollstuhl gefesselten Politiker als Behindertenanwalt "aktiv verhindert" habe.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele