Eingeschränkte Show

Take That “light” zu Gast im Wiener Gasometer

Musik
10.10.2015 00:53
Gasometer statt Stadthalle - von der Location-Verlegung ließen sich die Boygroup-Kultstars Take That nicht ablenken. Stattdessen lieferten Gary Barlow, Mark Owen und Howard Donald am Freitagabend vor etwa 2.500 Fans eine verkürzte, aber dennoch opulente Show, die sich querbeet über die mittlerweile 25-jährige Karriere der Band streckt. Das Resultat war ein entschärftes Hitfeuerwerk.
(Bild: kmm)

Die Voraussetzungen waren wahrlich nicht die besten. Zugpferd Robbie Williams hat sein einstiges Karrieresprungbrett schon vor längerer Zeit verlassen, Jason Orange strich im Vorjahr die Bandsegel und nicht genug, dass die Boygroup-Legende Take That nun nur mehr als Trio unterwegs ist, war der Kartenverkauf in Wien so schleppend, dass die geplante Stadthallen-Show in die kleinere Gasometer-Halle verlegt werden musste. Das hatte tatsächlich direkte Auswirkungen auf das Konzert, denn für einen Großteil ihrer umjubelten Europashows fahren die Briten mit einer mächtigen Produktion auf - Spielereien wie fliegende Dreiräder oder aus dem Boden schießende Flammenwerfer blieben in diesem Fall ungenutzt, dass Howard Donald schon nach den ersten paar Nummern ein Wiederkommen versprach, darf somit zumindest angezweifelt werden.

Poster-Erinnerungen
Echte Fans ließen sich davon aber sowieso nicht die Laune verderben, so mancher campierte schon viele Stunden davor vor dem Eingang, um seinen Teenie-Idolen am Konzertabend möglichst nah sein zu können. Dabei waren es aber keinesfalls nur weibliche Mittvierziger, dern Zimmerwände zu Beginn der 90er-Jahre mit Postern der hübschen Jünglinge ausstaffiert waren, sondern durchweg auch jüngere Semester, die sich einerseits von den Eltern, andererseits von eigenen Erfahrungen mit der Musik zum Konzertbesuch inspirieren ließen. Aufgrund der veränderten Produktion musste das Wiener Publikum auch mit einer leicht eingeschränkten Setlist auskommen - mit "Greatest Day" werden die Konzerte für gewöhnlich nicht begonnen und nach dem großen Comeback-Hit "Patience" ("der Song hat uns wieder zusammengeführt") kommt auch "Pray" viel früher als geplant.

Vom eingeschränkten Programm ließen sich Take That aber nicht davon abhalten, ihren eigenen Kultstatus unter den kreischenden Fans zu verbreiten und im Falle von Mark Owen auch auf haptische Tuchfühlung zu gehen. Körperlich sind die drei Mittvierziger immer noch in bester Form und im Gegensatz zu den New Kids On The Block verzichteten Owen, Gary Barlow und Donald auf peinliche Entkleidungsszenarien. Die Tanzchoreografien funktionierten auch 2015 noch ideal, wenn auch so manche Bewegung und Kleidungswahl - Stichwort: Fransen-Glitzerjacke bei Owen - eher in die Kategorie "Midlife-Crisis-Sünde" fiel.

Stimmstark statt hüftlahm
Unterstützt wurde das Trio von abwechslungsreichen und themenbezogenen Visuals, die auch im Gasometer zu einer wirkungsvollen Atmosphärenverstärkung beitragen konnten. So war vor allem die mit Pflanzenfiguren verstärkte Unterwasserwelt, die beim Song "The Garden" projiziert wurde, ein "Eyecatcher", musikalisch wurde es bei "Up All Night" erstmals interessant, wo sich Owen die Gitarre umschnallte und Barlow am Piano klimperte. Der Song bewies einerseits, dass der Einfluss der Beatles auf Take That enorm gewesen sein muss und das Barlow vom verbliebenen Dreigespann die mit Abstand beste und eindringlichste Stimme besitzt. Der Revue-Charakter der Show konnte aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ersten zwei Drittel des Konzerts etwas hüftlahm mit angezogener Handbremse absolviert wurden.

Richtig Stimmung kam weder auf, als Owen ein paar deutsche Plattsätze vom Zettel las oder die Musiker mit Altersfalten im Augenbereich dem weiblichen Publikum entgegenzwinkerten, sondern lediglich durch die richtige Songauswahl im Finish. Mit dem eindrucksvollen "The Flood", dem Mitsing-Klassiker "Back For Good" und vor allem dem funkigen, die ganze Halle zum Beben bringenden Dan-Hartman-Cover "Relight My Fire" fielen endgültig alle Hemmungen und die lange Zeit eher passabel laufende Show entwickelte sich zu einer einzigen großen Party.

"Light"-Take-That in Europa
"These Days", "Rule The World" und die Zugaben "Shine" und "Never Forget" samt hallenumfassenden Konfettiregen - der Endspurt wurde schlussendlich zum Triumphzug für die Briten, auch wenn exakt 25 Jahre nach der ursprünglichen Bandgründung klar wurde, dass einerseits das Fehlen von Robbie Williams vor allem in Mitteleuropa unzählige Fans kostet und andererseits die Backstreet Boys ein wesentlich fulminanteres Comeback aufs Parkett legten. Den Königsstatus ihrer englischen Heimat haben Take That in unseren Breitengraden längst verspielt, Barlow, Owen und Donald erfreuen sich aber dennoch großer Beliebtheit - nur eben im "Light"-Gewand.

Das konterkariert zwar den Bombast-Gedanken der Boygroup-Oldies, hat am Ende des Tages aber trotz offensichtlicher Koordinationsprobleme auch etwas Sympathisches. Und wer weiß? Vielleicht folgt dem vorsichtig für 2016 angekündigten Studioalbum auch mal wieder Robbie für ein paar Shows. Die Begeisterung der Fans würde sich jedenfalls drastisch erhöhen…

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