Unter Hausarrest
Rom: NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke gestorben
Bei der Bluttat in den Ardeatinischen Höhlen, einem Steinbruchgelände in der Nähe von Rom, wurden insgesamt 335 Zivilisten erschossen. Unter den Opfern waren 75 Juden. Nach Giachinis Worten hinterließ Priebke als "menschliches und politisches Testament" unter anderem ein Video. Für seine Beteiligung an dem Massaker wurde Priebke - er hatte selbst zwei Menschen ermordert - erst 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. Diese wurde wegen seines hohen Alters in einen zeitweise gelockerten Hausarrest umgewandelt.
Bis zuletzt keine Reue gezeigt
Priebke, ein gelernter Hotelfachmann und später auch Dolmetscher der Gestapo für Italienisch, hatte sich trotz seiner Verurteilung immer uneinsichtig und ohne Gewissensbisse gezeigt. Wie auch seine Anwälte und der mitangeklagte SS-Sturmbannführer Karl Hass berief er sich in seinen Prozessen auf Befehlsnotstand. Noch vor zehn Jahren gab es an seinem 90. Geburtstag in Rom eine Feier. Als der derzeitige römische Bürgermeister Ignazio Marino sich gegen eine solche Feier zum 100. Geburtstag aussprach, kam es zu Auseinandersetzungen mit Neonazis.
Im Zusammenhang mit dem Fall Priebke tauchte in Italien ein "Schrank der Schande" auf: Ein Militärstaatsanwalt entdeckte 1994 in einem Schrank vergessene Akten mit mehr als 2.000 Fällen von NS-Kriegsverbrechen.
Wiesenthal-Zentrum: "Wichtig, noch lebende Täter zu finden"
Das Wiesenthal-Zentrum in Israel forderte verstärkte Ermittlungen gegen noch lebende Nazi-Kriegsverbrecher. "Das hohe Alter, das Priebke erreichte, erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die noch lebenden Täter jetzt wirklich zu verfolgen. Viele der Nazi-Verbrecher erfreuen sich selbst in hohem Alter noch einer robusten Gesundheit. Sie können und müssen deshalb vor Gericht gestellt werden", sagte Efraim Zuroff, Direktor der israelischen Abteilung des Zentrums, der Nachrichtenagentur dpa am Freitag.
Riccardo Pacifici von der Jüdischen Gemeinde in Rom sagte im RAI-Fernsehen, er habe sich schwer getan, Priebke ein "menschliches Wesen" zu nennen, weil dieser die Nazi-Ideologie bis ins hohe Alter hochgehalten habe. "Wir können weder lachen noch weinen, denn nichts gibt 335 unschuldigen Menschen das Leben zurück", sagte Pacifici: "Es bleibt die Bitterkeit, weil Priebke niemals Reue gezeigt hat. Er hat niemals seine Sünden gestanden und niemals seine kriminellen Taten bereut. Er hat weder für seine Opfer, noch für ihre Angehörigen Barmherzigkeit gezeigt".
Priebke in Interview: "Leugne nichts"
Der Anwalt des Deutschen hat Auszüge aus dem schriftlichen Interview mit dem Ex-SS-Mann veröffentlicht. "Ich leugne meine Vergangenheit nicht. Die Treue, der eigenen Vergangenheit gegenüber, ist etwas, was mit unseren Überzeugungen zu tun hat. Es hat mit unseren Idealen und unserer Weltanschauung zu tun und hängt auch mit unserem Sinn für Ehre zusammen. Die Politik ist eine andere Angelegenheit. Der Nationalsozialismus ist mit seiner Niederlage zu Ende gegangen und hätte heute keinerlei Möglichkeit, wieder zurückzukehren", hieß es im Schreiben.
Kondolenzschreiben auch von Opferfamilien
Zu den Kondolenzschreiben am Freitag zählen auch jene einiger Familien der Todesopfer des Massakers der Ardeatinischen Höhlen. "Es handelt sich um vier Familien, die sich mit Priebke versöhnt hatten", berichtete Giachini.
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