18 Jahre Haft

Ex-Heimhilfe nach Mord an 76-Jähriger verurteilt

Wien
30.03.2011 12:15
Eine 46-jährige ehemalige Heimhelferin ist am Mittwoch wegen Mordes an einer bettlägerigen Pensionistin sowie Einbruchsdiebstahls am Wiener Landesgericht zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Aufgrund von Geldproblemen wollte die diplomierte Krankenschwester am 31. Mai der Frau in deren Wohnung in Rudolfsheim-Fünfhaus Schmuck stehlen. Weil die 76-Jährige aber um Hilfe geschrien hatte und die Angeklagte erkannt haben dürfte, griff diese laut Anklage zum Messer und erstach die Seniorin.

Das Urteil des Schwursenats (Vorsitz Ulrich Nachtlberger) ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Wolfgang Haas bat um drei Tage Bedenkzeit, Staatsanwältin Olivia-Nina Frigo gab keine Erklärung ab. Mildernd war für den Senat unter anderem die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten und ihre eingeschränkte Schuldfähigkeit, wie ihr der medizinische Sachverständige vorher zugestanden hatte. Erschwerend war unter anderem, dass das Opfer wehrlos war.

Unter Tränen hatte die Verurteilte zuvor einigen Details preisgegeben, die gegenüber ihrer Aussage bei der Polizei doch wesentlich modifiziert waren. Die Tat hatte sich am 31. Mai 2010 ereignet. Die aus Bosnien-Herzegowina stammende Angeklagte gab an, dass sie nicht zuletzt wegen einer aus dem Krieg in ihrer Heimat erlittenen posttraumatischen Belastungsstörung ärztlich verordnete Medikamente nahm.

"Ich habe ständig getrunken"
Die konsumierte sie allerdings in wesentlich größeren Mengen als von den Medizinern verordnet und unter Zuhilfenahme ausgesprochen großer Mengen Alkohol: "Ich bin eine Quartal-Alkoholikerin, das kommt und geht", sagte sie dem Senat. Wenn sie Alkohol konsumiert habe, dann alles, was ihr in die Finger kam: "Ich habe ständig getrunken." Unter anderem Wodka, Bier und Cola Rot. In Zusammenhang mit den Medikamenten führte das zu immer häufigeren Krankenständen und dem Verlust ihrer Arbeitsplätze zunächst in einem Gemeindekrankenhaus und im Mai des Vorjahres bei der mobilen Krankenpflege.

80.000 Euro Schulden als Motiv
Doch die 46-Jährige musste für ein Kind sorgen, die Geldprobleme wurden immer größer. 80.000 Euro Schulden soll sie zuletzt gehabt haben. So kam sie, nachdem sie laut ihrer Aussage bereits am Vorabend heftig getrunken - "zehn Wodka, zehn Cola Rot, Bier" - und am 31. Mai nahtlos daran angeschlossen hatte, am späten Nachmittag jenes Tages auf die Idee, das spätere Mordopfer in der Märzstraße in Rudolfsheim-Fünfhaus zu besuchen und der bettlägrigen Frau einigen Schmuck abzunehmen. Die 76-Jährige kannte sie, weil sie einige Male als mobile Krankenschwester bei ihr ausgeholfen hatte. Außerdem hatte sie den Code für den Schlüsseltresor vor der Wohnung.

Angeklagte leugnet Klappmesser mitgebracht zu haben
Und hier beginnen, abgesehen von der Menge des konsumierten Alkohols im Vorfeld, die Diskrepanzen zwischen früheren Aussagen und Anklage einerseits sowie der Verantwortung der Angeklagten beim Prozess andererseits. Staatsanwältin Olivia-Nina Frigo warf der Frau unter anderem vor, ein Klappmesser eingesteckt und dieses letztlich benützt zu haben. Das stellte die 46-Jährige in Abrede.

Sie sei mit einem Taxi, aber ohne Messer, direkt in die Märzstraße gefahren, habe den Schlüsseltresor und mit dem Schlüssel darin die Wohnung geöffnet. Dort sei sie direkt in das Kabinett gegangen: "Ich wollte was stehlen."

"Ich kenn' Sie, ich kenn' Sie!"
Doch die alte Dame merkte, dass sich jemand in ihrer Wohnung befand, und begann um Hilfe zu rufen. Die 46-Jährige beschied ihr laut Anklage, dass sie eine Schwester sei, die nur etwas kontrollieren wolle. Doch die 76-Jährige schrie weiter, laut Anklage unter anderem: "Ich kenn' Sie, ich kenn' Sie!" Das sei das Todesurteil gewesen.

Doch auch das wies die Heimpflegerin zurück. "Sie hat mich nicht erkannt", sagte sie. Warum habe sie dann bei der Polizei etwas Anderes gesagt, wollte Nachtlberger wissen. "Ein Inspektor hat mich auf die Nase geschlagen", meinte die 46-Jährige. Überhaupt sei bei den Einvernahmen Druck von der Exekutive ausgeübt worden.

Bei Notwehr-Argumentation "werde ich grantig"
Sie habe der Frau einen Polster auf den Mund gedrückt, um sie leise zu machen. "Ich hab' geschaut, dass ein Nasenloch frei ist", so die Angeklagte. "Ich wollte ihr Angst machen." - Darauf der Richter: "War es nicht vielleicht doch so, dass das Opfer Sie erkannt hat und Sie eine Zeugin beseitigen mussten?" - "Bei Gott nicht!", lautete die Antwort.

Sie sei dann in die Küche gegangen und habe dort ein Messer aus einer Lade genommen. Mit diesem habe sie dann vor der Pensionistin herumgefuchtelt. Die 76-Jährige habe sich gewehrt - unter anderem schlug sie der Heimpflegerin ein Buch auf den Kopf -, sie habe ihr auch das Messer entrissen, so die Angeklagte. Sie habe sich das Messer zurückgeholt. An die vier Stiche, drei im linken Halsbereich, ein vierter in die linke Brust erinnerte sich die 46-Jährige nicht. "Sie wollen jetzt aber nicht sagen, dass Sie in Notwehr gehandelt haben? Wenn Sie jetzt auf der Schiene fahren, dass Sie sagen, Sie haben sich gewehrt, dann werde ich grantig", meinte der Vorsitzende.

Blutige Jacke in Tatwohnung vergessen
Nach der Tat zog die Heimpflegerin ihre blutverschmierte Jacke aus und deponierte sie mitsamt dem Messer in einem Plastiksackerl. Dieses ließ sie ebenso in der Wohnung liegen wie den Schlüssel und ging zum nächstgelegenen Lokal, um sich etwas zum Trinken zu genehmigen. Dort kam ihr allerdings, dass die Jacke und das Messer in der Wohnung nicht sonderlich vorteilhaft für sie sein könnten und dass sie den Schlüssel ebenfalls vergessen hatte.

Sie kontaktierte einen Mitbewohner und bestellte ihm ein Taxi, damit er ihr einen Schraubenzieher mitbringt. Der Mann kam sogar mit zwei, weigerte sich ansonsten aber, ihr beim Öffnen der Wohnung zu helfen. Die ehemalige Heimhelferin scheiterte an der Tür und ging mit ihrem Kompagnon in ein anderes Lokal. Mitten in der darauffolgenden Nacht startete sie, diesmal mit Hammer und Zange einen weiteren, ebenso erfolglosen Versuch, die Wohnung aufzubrechen. Einige Tage später wurde sie festgenommen.

Laut Anklage war auch die Menge des konsumierten Alkohols im Vorfeld der Tat weit geringer. Von zwei kleinen Cola Rot ist da die Rede, und unter Berufung auf das psychiatrische Gutachten: Es gebe keine Hinweise auf eine medikamentenbedingte Intoxikation beziehungsweise auf einen pathologischen Rauschzustand. Die Angeklagte war demnach zurechnungsfähig.

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