Skelettfunde

Graben nach der Wahrheit über NS-Friedhof

Tirol
16.03.2011 12:48
Wurden jene 227 Psychiatrie-Patienten, die zwischen 1942 und 45 am Areal des Haller Krankenhauses begraben worden sind, ermordet? Die Frage soll am Ende der aufwändigen Untersuchungen am kürzlich entdeckten Anstaltsfriedhof geklärt sein. Die Forscher stehen erst am Beginn. Seit Mittwoch werden die Gräber freigelegt.

Riesige Sichtschutzwände schirmen den alten Anstaltsfriedhof nördlich der Haller Psychiatrie ab. Rund um die Uhr wird das Areal bewacht, Videokameras zeichnen jede Bewegung auf. Bewegung gibt es derzeit genug. Das Team rund um den Stadtarchäologen Alexander Zanesco und den Anthropologen George Mc Glynn (Uni München) hat am Mittwoch die Arbeit aufgenommen. "Laut Gräberliste handelt es sich um 227 Personen – vorwiegend aus Tirol, Südtirol und Vorarlberg. Unsere Aufgabe ist es, die Identität mit Hilfe von DNA-Analysen zu klären und Hinweise auf die Todesursache zu liefern", fasst Mc Glynn zusammen.

Woran starben die Menschen? Das ist die zentrale Frage. Finden die Archäologen genug Gewebespuren von Haaren und Nägeln, können die Anthropologen mit einer Stickstoffanalyse einen Hungertod nachweisen. "Haben wir nur mehr Knochen zur Verfügung, lässt sich das kaum feststellen", bremst Mc Glynn die Erwartungshaltung.
Zanesco veranschlagt für die Freilegung des Friedhofs drei Monate. Aber erst in zwei Jahren werden die gesamten Untersuchungen abgeschlossen sein.

Alte Wunden aufgerissen
Ob am Ende Klarheit darüber besteht, ob und wie viele Psychiatrie-Patienten in Hall der wilden Euthanasie zum Opfer fielen, ist fraglich. Fest steht, dass die Forschung in Hall in der Bevölkerung alte Wunden aufgerissen hat. Historiker Oliver Seifert musste in den vergangenen Wochen 100 Anfragen beantworten. "In vielen Familien wurde bis heute über das Schicksal psychisch kranker Angehöriger geschwiegen", so Seifert. Jetzt soll die Wahrheit ans Tageslicht.

von Claudia Thurner, Tiroler Krone
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