Schoko-Chef im Talk

Zotter: „Ich hoffe danach auf etwas viel Besseres“

Steiermark
25.03.2020 06:02

Bis zu 1200 Gäste täglich begrüßt Josef Zotter in seiner Schokoladen-Manufaktur im südoststeirischen Bergl. Normalerweise. Jetzt befindet sich auch sein Betrieb in einem „geisterhaften Zustand“, wie er es selber beschreibt. Dass seine Maschinen dennoch auf Hochtouren laufen und die meisten seiner Angestellten ihrer Arbeit nachgehen können, basiert auf seinem kaufmännischen Denken, das gleichermaßen konservativ wie visionär ist.

„Krone Zeitung“: Herr Zotter, Sie haben vor sechs Jahren mit Ihrer Tochter Julia eine Niederlassung in Shanghai eröffnet. Wie haben Sie die Anfänge der Corona-Krise miterlebt?
Josef Zotter: Unser Geschäft in China ist seit nunmehr neun Wochen geschlossen, meine Tochter zuhause, die 25 Mitarbeiter müssen aber weiterbezahlt werden. Erst heute haben wir wieder mit unserer chinesischen Geschäftsführerin telefoniert, wir hoffen, dass wir nächste Woche aufsperren können. Aber fix ist nichts, da in China die Angst vor einer Wiedereinschleppung der Krankheit groß ist.

War ein solches Ausmaß der Krise für Sie absehbar?
Wir hätten nie gedacht, dass das Problem derart groß wird und vor allem, dass es in dieser Dimension nach Europa überschwappt.

In Ihrem Betrieb in Bergl beschäftigen Sie 206 Menschen. Anders als viele Firmen, die jetzt ihre komplette Mannschaft in die Kurzarbeit schicken oder gar kündigen müssen, arbeiten bei Ihnen nach wie vor die allermeisten. Wie funktioniert das?
Spare in guten Zeiten, dann hast du in der Not - so wurde es mir gelehrt und genau so habe ich es gemacht. Rücklagen sind wichtig! Zumindest die nächsten drei Monate können wir sicher so weitermachen, vermutlich auch noch länger.

Das dickste Sparbuch hilft aber nichts, hängt man von Aufträgen und durchgängigen Produktionsketten ab.
Das ist schon richtig. Aber da sind wir auch schon bei zwei weiteren wichtigen Punkten, die die heimischen Unternehmen aus dieser Krise hoffentlich lernen: Sich breit aufzustellen und auf Vielfalt zu setzen ist gleichermaßen überlebensnotwendig wie in- statt outzusourcen. Für die Produktion eines VW sind 6000 verschiedene Zulieferer notwendig. Fällt nur ein Teil wie etwa ein Dichtungsring aus Italien aus, kann das Auto nicht fertig gebaut werden. Da stimmt ja was nicht.

Das heißt, Sie haben Kakao bis unters Dach und sind von keinerlei Zulieferer abhängig?
Exakt. Mit meinen Kakao-Vorräten reiche ich sicher bis Weihnachten. Wie oft hatte ich deshalb schon Diskussionen mit meinem Steuerberater, weil er die hohen jährlichen Rohstoff-Lagerkosten moniert. Jetzt habe ich in meinem Denken Recht bekommen.

Die Einnahmen durch Besucher fallen weg, wie kompensieren Sie den Verlust?
Da mein Betrieb auf drei Säulen steht, ist das noch kein großes Problem für mich. Das eine sind die Tagesgäste im Schokoladentheater und im Tiergarten. Aber es ist ja auch noch der Handel zu beliefern und unser Onlineshop zu bedienen. In Letzterem verzeichnen wir gerade ein Umsatzplus von 80 Prozent, allein von gestern auf heute hatten wir 1200 Bestellungen.

Wie schützen Sie Ihre Belegschaft vor einer möglichen Ansteckung?
Wir haben erstmals seit Bestehen einen Schichtbetrieb eingeführt. Zudem haben wir uns früh genug um ausreichend Schutzmasken und Desinfektionsmittel gekümmert.

Sie selber mussten aufgrund der Umstände viele Termine absagen, was machen Sie mit der plötzlich frei gewordenen Zeit?
Ich arbeite jetzt mit weit mehr Ruhe als sonst an einem neuen Sortiment wie etwa meiner ,Schokolade statt Klopapier‘-Tafel; darüber hinaus versuche ich, bestehende Rezepturen zu verfeinern.

Verknüpfen Sie auch so etwas wie Hoffnung an diese globale Krise?
Ja sicher! Ich hoffe, dass alles wie bei einem gewaltigen Erdbeben schnell in sich zusammenfällt, danach aber etwas Neues, viel Besseres rasch wieder aufgebaut werden kann. Denn so wie es vorher war - man fliegt für 99 Euro für drei Tage ans andere Ende der Welt, pfeift auf Umwelt und Mitmenschen, lässt sogar im Sport nur noch das Geld regieren - das war ja ohnehin schon alles so verrückt und überdreht. Dass die Menschen ihre Werte überdenken, das würde ich mir wünschen.

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