„Unentschuldbar“

Siemens empört mit Kohle-Projekt in Australien

Ausland
13.01.2020 07:46

Der deutsche Industriekonzern Siemens hält trotz heftiger Proteste von Klimaschützern an einer wichtigen Zulieferung für ein umstrittenes Kohlebergwerk in Australien fest. Man habe alle Optionen geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass man allen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen müsse, teilte Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser am Sonntagabend nach einer außerordentlichen Vorstandssitzung mit. Umweltaktivisten reagierten empört auf die Entscheidung und bezeichneten sie als „schändlich“ und „unentschuldbar“.

Siemens will eine Zugsignalanlage für das Kohlebergwerk im nordöstlichen Bundesstaat Queensland zuliefern. Die indische Adani Group will dort eines der größten Kohlebergwerke der Welt aufbauen, das aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr fördern soll.

Siemens: „Entscheidung war nicht einfach“
Kaeser erklärte, die Entscheidung sei „nicht einfach“ gewesen. Es habe „unterschiedliche Interessenlagen“ - von Aktionären, Kunden und auch der Gesellschaft - gegeben. Man müsse seinen vertraglichen Pflichten nachkommen - zugleich wolle das Unternehmen aber ein wirksames Nachhaltigkeitsgremium schaffen, um Umweltfragen in Zukunft besser zu managen.

Adani teilte mit, der Bau der Carmichael-Mine sei voll im Gange. „Wir lassen uns nicht einschüchtern oder davon abhalten, unsere Versprechen einzulösen - für die Menschen in Queensland, die Australier und die Menschen in Entwicklungsländern, die dringend bezahlbare Energie brauchen, um ihnen zu helfen, der Armut zu entkommen“, sagte eine Adani-Sprecherin am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Umweltschützer: „Siemens zeigt sein wahres Gesicht“
Das Projekt wird von Umweltschützern seit Jahren bekämpft. Bei der Kritik geht es neben dem Klimaschutz auch um den Verbrauch von Wasser, die Zerstörung von Lebensraum und den Transport der Kohle über das Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Welt. Besondere Brisanz hatte das Thema zuletzt auch durch die riesigen Buschbrände bekommen.

Der Beschluss von Siemens sei „nichts weniger als schändlich“ und ruiniere das Image von Siemens, teilte die Umweltschutzorganisation Australian Conservation Foundation am Montag mit. „Mit dieser Entscheidung zeigt das Unternehmen sein wahres Gesicht.“ Die angebliche Klimawandel-Strategie des Konzerns habe sich als „inhaltsleer und bedeutungslos“ entpuppt - Siemens sei keinen Deut besser sei als die von der Ausbeutung fossiler Energieträger profitierenden Firmen, mit denen der Konzern zusammenarbeite, so die Aktivisten. Der Protest gegen das Bergwerk-Projekt werde weitergeführt.

„Diese Entscheidung ist aus dem Jahrhundert gefallen“
Auch die bekannte deutsche Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer reagierte mit scharfer Kritik und erklärte, Siemens-Vorstandschef Kaeser mache einen „unentschuldbaren Fehler“: „Diese Entscheidung ist aus dem Jahrhundert gefallen.“

Statt Verantwortung für das Pariser Klimaschutzabkommen zu übernehmen, gefährde Siemens damit das Ziel, die Erderwärmung auf unter zwei Grad einzudämmen. „Wir haben Kaeser gefragt, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Adani-Mine zu verhindern. Stattdessen schlägt er nun Profit aus diesem Katastrophen-Vorhaben“, so Neubauer.

Greta Thunbergs Wunsch blieb unerhört
Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hatte sich am Samstag in die Kontroverse eingeschaltet, als es noch hieß, Siemens wolle seine Entscheidung erst am Montag bekannt geben. Es erscheine so, dass Siemens die Macht besitze, den Bau zu stoppen, zu verzögern oder zumindest zu unterbrechen, schrieb die 17-Jährige auf Twitter. „Am Montag werden sie ihre Entscheidung bekannt geben. Bitte helft dabei, sie dahin zu bringen, dass sie die einzig richtige Entscheidung treffen.“ Dieser Wunsch erfüllte sich dann nicht.

Kohleindustrie als bedeutender Wirtschaftsfaktor
Die Kohleindustrie macht Australien zu den Ländern mit den - pro Kopf der Bevölkerung - höchsten klimaschädlichen Emissionen der Welt und ist zugleich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist. Das Land fördert fast 30 Prozent der auf den Weltmärkten gehandelten Kohle, drei Viertel der Kohleproduktion werden exportiert - bei einem Volumen von jährlich rund 67 Milliarden australischen Dollar (rund 42 Milliarden Euro). Australiens Premier Scott Morrison ist ein starker Befürworter der Kohleindustrie.

Größter Buschbrand mittlerweile unter Kontrolle
Unterdessen hat die Feuerwehr nach langem Kampf den größten der seit Monaten tobenden Buschbrände unter Kontrolle gebracht. Man habe endlich das gigantische „Gospers Mountain Fire“ nahe der Millionenmetropole Sydney eindämmen können, teilte die Feuerwehr im Bundesstaat New South Wales am Montag mit. Der Brand war Ende Oktober im Wollemi-Nationalpark ausgebrochen, hatte sich mit anderen Feuern zu einem Mega-Brand zusammengeschlossen und eine Fläche von mehr als 800.000 Hektar - größer als das Bundesland Salzburg - vernichtet.

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