Demos zeigen Wirkung

Hongkonger Regierung zieht Gesetz komplett zurück

Ausland
04.09.2019 12:56

Nach monatelangen Protesten zieht die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam den Entwurf für das umstrittene Gesetz für Auslieferungen nach China komplett zurück. Der bereits auf Eis gelegte Gesetzentwurf war der Auslöser der seit Monaten andauernden regierungs- und pekingkritischen Demonstrationen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Mit dem formellen Rückzug wird nun eine Hauptforderung der Demonstranten erfüllt.

In ersten Reaktionen äußerten Aktivisten ihre Erleichterung, machten aber deutlich, dass ihnen diese Maßnahme noch nicht ausreicht. Die weiteren vier Forderungen der Demonstranten sind der Rücktritt der Regierungschefin, eine unabhängige Untersuchung übermäßiger Polizeigewalt gegen die Demonstranten, die Freilassung von Festgenommenen und eine Rücknahme des Vorwurfs des „Aufruhrs“.

Weitere Forderungen der Demonstranten
Viele Demonstranten fordern darüber hinaus noch politische Reformen und wirklich freie Wahlen. „Wenn sie die Sprechchöre der Leute in den Märschen hören, dann sind es die fünf Forderungen und nichts weniger“, sagte Bonnie Leung von der Civil Human Rights Front, die große Demonstrationen organisiert hatte. Vielen dürfte der Rückzug des Gesetzes nicht weit genug gehen, wenn es nicht eine Untersuchung der Polizeigewalt gebe. „Ohne eine unabhängige Untersuchung kann unsere Gesellschaft einfach nicht voranschreiten, weil wir jetzt sehen, dass die Polizei jeden Tag wahllos Leute verprügelt“, sagte Leung.

Das Gesetz hätte Auslieferungen von verdächtigten Personen nach China erlaubt, obwohl dessen Justizsystem nicht unabhängig ist und häufig als Werkzeug politischer Verfolgung benutzt wird. Nach den ersten Protesten vor drei Monaten hatte die Regierungschefin den Entwurf zunächst abgeschwächt, dann ausgesetzt und später für „gestorben“ erklärt, ohne ihn aber komplett zurückzunehmen.

Mehr als 1100 Menschen festgenommen
Seither kam es in Hongkong immer wieder zu Protesten, die oft mit Zusammenstößen zwischen einem kleinen Teil der Demonstranten und der Polizei endeten. Nach den schweren Ausschreitungen am Wochenende ereigneten sich auch in der Nacht auf Mittwoch neue Zwischenfälle. Die Polizei vertrieb gegen Mitternacht eine Gruppe von Demonstranten von einem Platz vor der Polizeistation im Stadtviertel Mong Kok, in der U-Bahn-Station Prince Edward kam es zu einer Festnahme. Bei beiden Einsätzen kam Pfefferspray zum Einsatz. Bei den Protesten und Ausschreitungen wurden insgesamt bereits mehr als 1100 Menschen festgenommen.

Regierungschefin unter Druck, Aktivisten wollen Merkel treffen
Sowohl die heimische Demokratiebewegung als auch die zentrale Führung in China brachten Regierungschefin Lam immer mehr unter Druck. Am Dienstag sah sie sich deshalb sogar genötigt, Rücktrittsabsichten zu dementieren. Die Protestführer baten unterdessen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor Beginn einer China-Reise der CDU-Politikerin um ein Treffen.

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