Geschichte des 1. Mai

Als steirische Arbeiter die Straßen eroberten

Steiermark
01.05.2019 07:00

Am 1. Mai 1890 beginnt auch in der Steiermark eine Tradition, die bis heute Bestand hat: Zum ersten Mal gehen Arbeiter auf die Straße, fordern eine Verbesserung ihrer Lebensumstände. Seit 1919 ist der 1. Mai ein offizieller Staatsfeiertag. Doch ihre Glanzzeiten haben die Maiaufmärsche heute hinter sich - ein Rückblick.

„Dieser Tag war mir wie Tausenden und Abertausenden der denkwürdigste im Leben“, schreibt Hans Resel über den 1. Mai 1890. Nervös steigt der steirische Vorreiter der Arbeiterbewegung an diesem Tag aus dem Bett, in der Hoffnung, dass die Menschen auch in Graz, in der ganzen Steiermark dem Ruf der Internationalen folgen und ihre Arbeit niederlegen. „Ein Stoß, die Tür flog auf. Alle Passanten waren im Sonntagsstaat. In der Straße ruhte die Arbeit!“

Forderung nach Acht-Stunden-Tag
Die zentrale Forderung, auf die sich die Vertreter der Arbeiterschaft geeinigt haben: der Acht-Stunden-Tag. „Arbeitszeiten von bis zu 16 Stunden sind damals auch in den steirischen Fabriken und Bergwerken noch normal“, weiß Historiker Leo Kühberger. Der Drang nach Veränderung ist groß!

„Im Vorfeld gibt es vor allem im konservativen Lager Befürchtungen, es würde Ausschreitungen geben, teilweise sendet man sogar das Militär aus“, so Kühberger. Denn die Arbeiterbewegung teilt sich in ein militantes und ein gemäßigtes Lager, und man weiß nicht, wer die Oberhand behält. Auch Peter Rosegger begibt sich an diesem Tag ins „feindliche Lager“, wie er berichtet. Doch es geht gesittet ab in Graz, Voitsberg Mürzzuschlag, Bruck an der Mur und Donawitz.

Harte Anfangszeit bringt erste Erfolge
Hans Resel bleibt auch in den folgenden Jahren die zentrale Figur dieses Kampfes. Er gründet mit dem „Arbeiterwillen“ die erste sozialdemokratische Zeitung der Steiermark, sitzt später auch im Landtag und im Reichsrat. „In der Anfangszeit muss Jahr für Jahr um den Tag gerungen werden“, erklärt Kühberger. 1894 kommt es in Graz sogar zu Straßenschlachten, weil im Vorfeld alle Transparente verboten wurden.

Doch nicht zuletzt mit den Maifeiern erreicht die Arbeiterbewegung wichtige Ziele: „Schritt für Schritt wird die Arbeitszeit reduziert. Später kommt das allgemeine Wahlrecht als Forderung dazu“, so Kühberger.

Offizieller Feiertag
Langsam etabliert sich der 1. Mai - 1919 wird er offiziell zum Staatsfeiertag: „Es ist einer der ganz wenigen nicht-religiösen Feiertage und der einzige, der wohl in der ganzen Welt gefeiert wird“, so Kühberger.

Die Blütezeit der großen Aufmärsche
Nachdem die Nazis den „Tag der deutschen Arbeit“ für ihre Zwecke missbraucht haben, erleben die Maifeiern in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Blütezeit - ab 1956 wird der 1. Mai wieder als Staatsfeiertag gefeiert. Bis zu 10.000 Menschen sind ab den 1970ern alleine in Graz auf den Straßen - und fordern nicht mehr nur Verbesserungen der Arbeitswelt. So rücken zum Bespiel in den 1980er auch Umweltthemen stärker ins Zentrum.

Zugleich werden die Aufmärsche auch immer stärker zu Parteiveranstaltungen. VP und FP kontern auch in der Steiermark mit Gegenveranstaltungen.

Zulauf immer geringer
In den 2000ern wird dann der Zulauf zu den Maiaufmärschen immer geringer, die SP verzichtet einige Jahre sogar komplett auf einen Umzug. Doch so ganz will man von der Tradition nicht lassen, 2015 entspinnt sich ein skurriles Gerangel zwischen SP und KP, wer nun das Anrecht habe, am Grazer Hauptplatz zu feiern. Mittlerweile hat man sich wieder angenähert, es gibt sogar Stimmen, den 1. Mai wieder gemeinsam zu feiern.

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