Duell in der Ukraine

Janukowitsch und Timoschenko gehen in Stichwahl

Ausland
18.01.2010 13:49
Der prorussische Oppositionsführer Viktor Janukowitsch hat den ersten Wahlgang um das Amt des ukrainischen Präsidenten gewonnen. Der 59-Jährige muss sich aber am 7. Februar einer Stichwahl gegen die proeuropäische Regierungschefin Julia Timoschenko (49) stellen. Beide Kandidaten verfehlten bei der Abstimmung am Sonntag die für einen Sieg im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit. Der bisherige Amtsinhaber Viktor Juschtschenko landete weit abgeschlagen.

Janukowitsch kam laut den bis Montagmittag ausgezählten Stimmen auf 35,5 Prozent der Stimmen, Timoschenko erreichte demnach 24,9 Prozent. Präsident Viktor Juschtschenko, der einstige Hoffnungsträger der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004, landete abgeschlagen bei 5,4 Prozent. Den 55-Jährigen traf der Volkszorn wegen gebrochener Reformversprechen besonders hart.

Beide Kontrahenten siegessicher
Wahlforscher in Kiew erwarten, dass es Timoschenko angesichts der Enttäuschung der Menschen über die Krise im Land schwer haben wird, den Vorsprung Janukowitschs in den kommenden drei Wochen noch aufzuholen. Die im national geprägten Westen der Ukraine populäre Timoschenko mit ihrem folkloristischen Haarkranz und der im russischsprachigen Osten und Süden des Landes verankerte Janukowitsch zeigten sich beide siegessicher. Sie kündigten Verhandlungen mit den übrigen 16 Kandidaten der ersten Runde an, um deren Unterstützung zu bekommen.

Die Regierungschefin versprach nach Jahren des wirtschaftlichen und politischen Chaos' Reformen und Stabilität in der Ukraine sowie einen EU-Kurs. "Ich werde alles dafür tun, dass die Ukraine ein europäisches Land bleibt", sagte sie. Janukowitsch, der 2004 nach einem Skandal um Wahlfälschungen die Abstimmung verloren hatte, stellte Wirtschaftswachstum in Aussicht sowie eine Aufwertung der russischen Sprache. "Die Ukrainer haben für den Wechsel und für ein besseres Leben gestimmt", sagte er.

Beide Kandidaten wollen sich um ein besseres Verhältnis zu Russland bemühen und gleichzeitig mit der EU zusammenarbeiten. Besonderes Gewicht im Kiewer Machtkampf hat der Drittplatzierte, der schwerreiche Bankier und Ex-Wirtschaftsminister Sergej Tigipko, der 13 Prozent der Stimmen holte.

Wahlen demokratisch, fair und frei
Die Lager der Gegner warfen sich auch am Montag weiter gegenseitig Manipulationen vor. Die Wahlkommission und das Innenministerium in Kiew kündigten eine Prüfung der Vorwürfe an, erklärten die Abstimmung selbst aber für gültig. Auch westliche Wahlbeobachter bewerteten den Urnengang in der Ex-Sowjetrepublik wie in der Vergangenheit auch als demokratisch, fair und frei. "Wir haben keinen Grund zu klagen", sagte die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms. Es gebe ein starkes Bekenntnis zu demokratischen Wahlen in der Bevölkerung - zwar mit sehr viel mehr Nüchternheit als vor fünf Jahren, aber mit der Hoffnung, dass durch Demokratie Stabilität in dem Land einkehre.

2004 hatten in Kiew Hunderttausende Demonstranten mit Protesten gegen Janukowitsch bei einer neuen Abstimmung Juschtschenko zum Sieg verholfen. Der Oberste Gerichtshof hatte zuvor nach den wochenlangen friedlichen Protesten den Wahlsieg Janukowitschs kassiert. Juschtschenko gewann daraufhin die Wiederholung der Stichwahl am 26. Dezember 2004 und trat am 23. Jänner 2005 das Präsidentenamt an.

Schwerste Krise seit 20 Jahren
Die Wähler im zweitgrößten Flächenland Europas hoffen nun vor allem auf ein Ende der jahrelangen politischen Grabenkämpfe. Das wichtigste Transitland der EU für russische Gaslieferungen erlebt derzeit die schwerste Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 20 Jahren. An der ersten Präsidentenwahl seit der Orangenen Revolution von 2004 nahmen deutlicher weniger Menschen teil als noch vor fünf Jahren. Die Beteiligung unter den rund 37 Millionen Wahlberechtigten lag bei rund 67 Prozent.

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