Verdächtige frei

Patienten in NÖ gequält: Wiener Heim ahnungslos

Österreich
28.09.2017 18:23

In der Causa Pflegeheim im niederösterreichischen Kirchstetten sind am Donnerstag zwei erst am Vortag festgenommene Verdächtige einvernommen und anschließend bereits wieder enthaftet worden. Zudem ergab eine Überprüfung der Wiener Pflegeeinrichtung, in der die beiden tätig waren, dass dort nichts von dem seit Oktober 2016 laufenden Verfahren gegen die Verdächtigen bekannt war.

Wie berichtet, laufen seit 2016 Ermittlungen gegen insgesamt fünf ehemalige Pflegekräfte der Einrichtung in Niederösterreich. Zwei davon haben nach ihrer Entlassung in Kirchstetten im Oktober 2016 wieder in Wien als Pfleger für alte, demente und pflegebedürftige Menschen gearbeitet. Sie stehen im Verdacht, Patienten gequält und vernachlässigt und strafbare Handlungen gegen deren sexuelle Integrität und Selbstbestimmung begangen zu haben.

"Kontroll- und Vorsorgemaßnahmen"
Wie der Fonds Soziales Wien (FSW) am Donnerstag mitteilte, haben die zuständigen Leitungen davon erst im Juli erfahren. Dies sei durch einen Zufall geschehen, hieß es, daraufhin haben die Leitungen in ihrer "Wahrnehmung Kontroll- und Vorsorgemaßnahmen getroffen".

Über die Verdächtigen wurde mit sämtlichen Bewohnern gesprochen, berichtete der FSW über die noch laufende Kontrolle. Resultat: Es wurde von keinerlei negativen Zwischenfällen berichtet. Den gleichen Eindruck hätten auch die Gespräche mit den übrigen Mitarbeitern ergeben.

"Minimalstandards nicht eingehalten"?
Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz hat inzwischen einen Sprechtag der Wiener Heimkommission in jenem Wiener Pflegeheim anberaumt, in dem zwei der Misshandlung von Pflegebedürftigen beschuldigte Pfleger nach ihrer Entlassung aus dem Heim in Kirchstetten gearbeitet haben. Es sei "inakzeptabel", dass diese trotz der Verdachtslage dort beschäftigt wurden, so Pilz. "Wer Mitarbeiter einstellt, führt üblicherweise ein ausführliches Aufnahmegespräch und macht sich ein Bild über den bisherigen Werdegang und die Motivation des Bewerbers", sagte Pilz.

Verdächtige freigelassen
Am Mittwoch waren die beiden Verdächtigen wegen Tatbegehungsgefahr dann in Haft genommen und verhört worden. Über den Inhalt der Befragung der Verdächtigen wurden von Franz Cutka, Präsident des Landesgerichts St. Pölten, keine Angaben gemacht. Doch bereits am Donnerstag wurden der Mann und die Frau wieder auf freien Fuß gesetzt. Sie mussten gegenüber dem Haftrichter allerdings zusagen, bis zum Ende des Verfahrens nicht mehr im Pflegebereich tätig zu sein, so Cutka weiter.

Gesetzesänderung empfohlen
Unterdessen brach eine Diskussion darüber aus, wie es zu verhindern wäre, dass Pfleger trotz schwerer Misshandlungsvorwürfe gegen sie weiter ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen können. "Derzeit ist es so, dass die Staatsanwaltschaft nur dann jemanden vom Verdacht eines Vergehens verständigen darf, wenn sie dazu gesetzlich ermächtigt ist", erklärte Christian Pilnacek, der Leiter der Sektion Strafrecht im Justizministerium, im ORF-Radio. Und diese gesetzliche Grundlage fehle in diesem Fall.

Der Strafrechtsexperte ortete Handlungsbedarf: "Es würde der Absicherung dienen, dass sich Derartiges nicht wiederholt." Pilnacek sprach sich für vorübergehende Berufsverbote und Verständigungspflicht aus, wenn in derart gravierenden Fällen ermittelt wird - ähnlich wie es das etwa bei Ärzten bereits gibt. Für eine entsprechende Gesetzesänderung sprach sich auch Patienten- und Pflegeanwalt Gerald Bachinger aus.

Misshandlungsverdacht steht im Raum
Wie lange die Ermittlungen noch dauern, sei nicht abzuschätzen, verwies Staatsanwalt Leopold Bien auf das ausständige Gutachten eines Gerichtsmediziners. Dieser war beauftragt worden, die Pflegebefohlenen zu begutachten und allfällige Gesundheitsschädigungen als Folgen der Taten festzustellen.

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