Ankunft in Linz

Verletzte Soldaten aus Nordkosovo heimgebracht

Österreich
30.11.2011 18:30
Sieben der insgesamt elf bei den Unruhen im Nordkosovo verletzten österreichischen Bundesheer-Soldaten sind am Mittwoch zurück in die Heimat gebracht worden. Sie landeten in zwei Etappen mit Transportmaschinen vom Typ Hercules C-130 am Militärflughafen Linz-Hörsching. Die restlichen vier Verwundeten bleiben vorerst im Kosovo.

Um 14.10 Uhr landeten die ersten drei Verletzten. Kurz nach 16 Uhr landete dann die zweite, mit einem Notarzt-Container ausgestattete Hercules in Hörsching. Mit dieser kam auch der am schwersten verletzte Korporal Manuel S., der von Ärzten kurzfristig in ein künstliches Koma versetzt worden war, nach Hause. So wie seine anderen verletzten Kameraden fragte er: "Dürfen wir wieder zurück und unseren Einsatz beenden?"

Auch der 24-jährige Zugsführer Pascal Unger vom Panzergrenadierbataillon 13 in Ried, der mit der ersten Maschine gelandet war, will wieder dabei sein, wenn seine Einheit ins Ausland fliegt. Er habe Granatsplitter in der rechten Schulter und einen Tinnitus, berichtete er. Die Versorgung nach dem Zusammenstoß bezeichnete Unger als "top", "die Sanitäterinnen waren fesch." Man sei zwar für die Einsätze entsprechend ausgebildet. Es habe aber niemand damit gerechnet, dass die Situation derartig eskaliert, so der 24-Jährige.

Unger: "Da ist man ein wenig aus dem Häuschen"
Die KFOR war dabei, eine von ortsansässigen Serben errichtete Straßensperre im Dorf Jagnjenica im Norden des Kosovo zu räumen, als es am Montagabend zu dem Zwischenfall kam: Molotowcocktails hätten deutsche Soldaten getroffen, die österreichischen Kameraden seien ihnen zu Hilfe geeilt, so Unger. Plötzlich sei ein Sprengsatz explodiert, er habe sich selbst und Verwundete in Sicherheit gebracht, sagte der gebürtige Steyregger. "Da ist man ein wenig aus dem Häuschen." Es seien auch Schüsse gefallen, sein Zug habe aber nicht geschossen.

"Werden den Auftrag weiter erfüllen"
Die Kosovo-Serben protestieren seit Monaten mit Blockaden der wichtigsten Verkehrswege gegen die Anwesenheit von kosovarischen Zöllnern an zwei Grenzübergängen und lehnt jede Autorität der kosovarischen Führung in dem mehrheitlich von Serben bewohnten Teil des Landes ab. Aus diesen Gründen bleibt die Lage im Nordkosovo unberechenbar.

Eine neuerliche Eskalation sei nicht auszuschließen, sagte Franz Pirker, Kommandant des deutsch-österreichischen Bataillons, am Mittwoch in einem Telefoninterview, das der 48-Jährige direkt aus dem Krisengebiet gab. Zugleich stellte der Oberstleutnant aus Kärnten klar: "Wir werden den Auftrag weiter erfüllen." Pirker hat das Kommando über den deutsch-österreichischen Verband im Nordkosovo übernommen, nachdem der deutsche Kommandant am Montag mit einem gezielten Schuss am Arm verletzt worden war. Er sei inzwischen operiert worden und befinde sich am Weg der Besserung, erklärte Pirker.

Gewalttätige Ortsansässige und "Hooligans" aus Serbien
Laut Pirker ist die Lage vor Ort derzeit ruhig. Es herrsche das normale Aufkommen an den von Kosovo-Serben errichteten Straßenbarrikaden. Da aber die KFOR-Soldaten den Auftrag haben, diese Barrikaden weiter zu räumen, sei eine neuerliche Eskalation nicht auszuschließen. Pirker erklärte, dass die Gewalt nicht nur - wie am Dienstag von Verteidigungsminister Norbert Darabos dargelegt - von "Hooligans" aus Serbien ausgehe, sondern auch von Ortsansässigen. Vor allem die gezielten Schüsse, die am Montag gefallen sind, dürften von Kosovo-Serben gekommen sein, dafür seien Geländekenntnisse erforderlich.

"Lage ist unberechenbar, weitere Proteste sind zu erwarten"
Der gezielte Beschuss von Personen sei auch das Besondere an den aktuellen Zusammenstößen gewesen. "Das hatten wir bisher nicht", so Pirker. Dass es überhaupt zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen ist, sei aber an sich nicht überraschend gewesen - denn der Konflikt schwele bereits seit dem Sommer. "Die Lage ist völlig unberechenbar, aber wir sind sehr gut vorbereitet", so Pirker. In den kommenden Tagen und Wochen hätten die KFOR-Soldaten laut Pirker den Auftrag, "die Bewegungsfreiheit herzustellen und wenn nötig auszubauen". Im Klartext bedeutet das, dass die Soldaten die Straßenblockaden weiter räumen und daher auch mit weiteren Protesten der Serben rechnen müssten.

"Bei erneuter Gewalt werden wir entsprechend reagieren"
Derzeit seien zwei Hauptbewegungslinien blockiert, so Pirker. Man sei daher auf neuerliche Proteste vorbereitet. "Wenn es wieder zu Gewalt kommt, werden wir entsprechend reagieren." Die Soldaten dürften zur Selbstverteidigung und als Ultima Ratio auch scharf schießen. Pirker hat aber "den Eindruck", dass auch die Gegenseite an keiner weiteren Eskalation interessiert sei und den gezielten Einsatz von Schusswaffen verhindern wolle. Ein Ende des Konflikts zeichne sich trotzdem nicht ab. Der Oberstleutnant berichtete von einem Gespräch mit dem örtlichen Bürgermeister, der großen Einfluss auf die Bevölkerung habe: "Er hat seine Position, ich habe meinen Auftrag. Die Situation ist festgefahren."

"Die Soldaten sind vorbereitet, ausgebildet und ausgerüstet"
Was die Stimmung unter den Soldaten nach der Eskalation am Montag betrifft, erklärte Pirker, dass es sich um "Profis" handle und "jeder im Kopf präsent hat, was alles passieren kann". "Das ist nichts Außergewöhnliches. So etwas ist zu erwarten, und diese Erwartungen sind eingetroffen." Die Soldaten seien für solche Situationen "vorbereitet, ausgebildet und ausgerüstet". Der Kommandant verwies zudem darauf, dass die Rettungskette "exzellent funktioniert hat": Die verletzten Soldaten seien vor Ort sofort ärztlich versorgt und innerhalb kürzester Zeit in Spitäler gebracht worden - und nun wurden sie auch nach Hause geflogen.

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