"Tun, was sie wollen"

Muzicant geißelt laschen Umgang mit “Kellernazis”

Österreich
24.11.2011 15:08
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, hat angesichts des rechten Terrors, der zurzeit in Deutschland die Schlagzeilen beherrscht, erneut den seiner Ansicht nach laschen Umgang Österreichs mit dem Rechtsextremismus kritisiert. Vor allem die Aussagen mancher "Kellernazis" unter den FPÖ-Funktionären würden mittlerweile kaum jemanden aufregen, sagte Muzicant am Donnerstag. Die Freiheitlichen reagierten prompt.

"Die FPÖ und ihre Vertreter können tun und lassen, was sie wollen, es passiert nichts", ärgert sich Muzicant. Als jüngstes Beispiel nannte er unter anderem eine Aussage des freiheitlichen Generalsekretärs Herbert Kickl, der im Nationalrat im Kontext mit Flüchtlingen aus Nazi-Deutschland von "Davongelaufenen" gesprochen hatte, die nun "verhätschelt" würden. Muzicant sieht darin eine klare antisemitische Aussage, auch wenn Kickl im Nachhinein betonte, dass er sich auf "Scheinasylanten" und den Nachkriegszeitraum bezogen habe.

"Jeder, der es verstehen wollte, hat es verstanden", so der Präsident der Kultusgemeinde. Während solche Aussagen in Österreich hingenommen würden, hätte Kickl in Deutschland innerhalb weniger Sekunden zurücktreten müssen: "Der wäre im Müll der Geschichte gelandet."

"Ein Kern von Kellernazis" in FPÖ
Auch wenn Muzicant die FPÖ nicht als solche kritisieren will, sieht er dennoch auf der einen Seite "einen Kern von Kellernazis". Auf der anderen Seite wiederum stehe Parteichef Heinz-Christian Strache, "der sich ganz unschuldig vor die Kamera stellt und den Staatsmann spielt". Da würde auch dessen Reise nach Israel nichts nützen: "Da glauben all diese Herrschaften, dass sie einen Persilschein kriegen und plötzlich keine Kellernazis mehr sind." Und weiter: "Strache und Co. würden ohne diesen rechtsextremen Bodensatz nicht existieren."

Mitschuld an den Zuständen gibt Muzicant auch den Regierungsparteien. Diese würden sich eine Möglichkeit offen lassen, eventuell auch mit der FPÖ zu "fahren". Dass die Freiheitlichen demokratisch gewählt sind, ist für Muzicant kein entlastender Grund. "Man vergisst, der Hitler ist zunächst auch demokratisch gewählt worden." Einen dezidierten Vergleich Straches mit Hitler will der IKG-Chef allerdings nicht ziehen.

Beim Umgang Österreichs mit rechtsextremem Terror, mit dem Deutschland zurzeit zu kämpfen hat, sieht Muzicant schon weniger schwarz. "Wir haben nicht den ganzen Zirkus, weil wir ein ordentliches Verbotsgesetz haben." Die Zusammenarbeit mit der Polizei klappe hervorragend, Kritik übt er allerdings an der Justiz. Eine Anzeige gegen die vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestufte Zeitschrift "Aula" liege seit einem Jahr bei der Staatsanwaltschaft. Hier müsse es ein politisches Interesse geben, dass endlich etwas passiert.

FPÖ geißelt "gewohnt unqualifizierte Aussagen"
Die FPÖ wehrt sich gegen die Vorwürfe von Muzicant und wirft ihm vor, "die Entwicklungen der vergangenen Jahre komplett verschlafen" zu haben. Der freiheitliche Generalsekretär Harald Vilimsky kritisiert in einer Aussendung die "gewohnt unqualifizierten Aussagen" Muzicants. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der von Muzicant wegen seines "Davongelaufenen"-Sagers kritisiert worden war, sei "bewusst fehlinterpretiert" und "absichtlich missverstanden" worden.

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