Israel unter Druck

Heiße Gerüchte um Friedensplan Netanyahus

Ausland
06.03.2011 13:59
Die Zeit läuft gegen Israel. Treue Freunde wie Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak sind Geschichte. Die westlichen Verbündeten kritisieren ungewohnt offen den Siedlungsbau. In eineinhalb Wochen tagt das sogenannte Nahost-Quartett. Israel befürchtet, dass die USA, Russland, die Europäische Union und die Vereinten Nationen die Gründung eines Palästinenserstaates zur Vorgabe machen könnten. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wolle dies unbedingt vermeiden, sind sich Kommentatoren quer durch das politische Spektrum einig.

Der Regierungschef wolle deshalb einen Befreiungsschlag landen - und arbeite an einem eigenen Plan für einen Palästinenserstaat. Dafür sei ein großer Auftritt vorgesehen - entweder vor dem US-Kongress oder auf der Jahrestagung der Aipac, der größten pro-israelischen Lobbyorganisation in den USA, am 22. Mai, heißt es.

Palästinenserstaat in provisorischen Grenzen
Eckdaten des Planes kursieren bereits in den Medien. Demnach schwebt Netanyahu zuerst nur ein Palästinenserstaat in provisorischen Grenzen vor. Die Armee soll sich aus allen palästinensischen Städten zurückziehen, sodass die Autonomiebehörde über die Geschicke von 90 Prozent der 2,5 Millionen Palästinenser im Westjordanland entscheiden kann. Außerdem will Israel nur noch in Siedlungsblöcken sowie im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems bauen.

Palästinenser wollen sich nicht abspeisen lassen
Das Konstrukt hat mehrere Schönheitsfehler. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas lehnte eine solche Zwischenlösung am Samstag umgehend ab. Die Palästinenser befürchten, dass sie auf einer Minimallösung sitzen bleiben, weil Israel Verhandlungen über die besonders strittigen Probleme wie die Hoheit über Jerusalem bis in alle Ewigkeit hinauszögern könnte. Zum anderen wollen sie sich nicht mit der Herrschaft über nur rund die Hälfte der Fläche des Westjordanlandes abspeisen lassen.

"Die Zeit ist gekommen, die Besatzung beenden"
Laut Ghassan Khatib, Sprecher der Autonomiebehörde, habe Netanyahu seinen Plan noch nicht offiziell vorgestellt, weshalb er ihn auch nicht kommentieren könne. "Aber die Zeit ist gekommen, die Besatzung aller 1967 eroberten Gebiete zu beenden. Die Grundlage dafür sind die UNO-Resolutionen sowie der Nahost-Friedensplan (von 2003, Anm.)", sagte Khatib.

Yussef Reskah, Sprecher des radikal-islamischen Hamas, bezeichnete den Plan als einen weiteren "Versuch Netanyahus, die internationale Gemeinschaft in die Irre zu leiten. Netanyahu befindet sich in einer innenpolitischen Krise und er versucht, da herauszukommen, indem er neue Pläne für Lösungen anbietet, die von allen Palästinensern abgelehnt werden."

Plan ist ein alter Hut
Die Idee mit dem Palästinenserstaat in provisorischen Grenzen ist ein alter Hut. Der frühere Verteidigungsminister Shaul Mofaz veröffentlichte bereits im November 2009 einen entsprechenden Plan. Demnach sollte die Autonomiebehörde in einem ersten Schritt die Kontrolle über 60 Prozent der Fläche des Westjordanlandes sowie 90 Prozent der Bevölkerung erhalten.

Jüdische Siedlungen sollten zu Beginn überhaupt nicht geräumt werden. Mofaz, ein prominentes Mitglied der oppositionellen Kadima-Partei, schlug weiterhin vor, unter bestimmten Bedingungen mit der von Israel geächteten Hamas zu verhandeln. 57 Prozent der Israelis stimmten damals nach Umfragen dem Mofaz-Plan zu. Die Palästinenser lehnten ihn rundweg ab.

Auf ein Nein der Palästinenser könnte Netanyahu auch jetzt spekulieren, schreiben Kommentatoren. Dann stünden die Palästinenser und nicht Israel in der Öffentlichkeit als die großen Friedensverweigerer da, so das Kalkül.

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