Budgetdebatte

Zweiter Tag: Streit um Uni, Schule, Pflege und Verkehr

Österreich
21.12.2010 22:25
Uni, Schule, Pflege, Gesundheit und Verkehr - mit einem wahren Mammutprogramm hatten es die Nationalratsabgeordneten auch am Dienstag, dem zweiten Tag der Budgetdebatte, zu tun. Im Gegensatz zum Vortag, als die Sitzung bis in die frühen Morgenstunden dauerte, war diesmal aber "schon" nach zwölf Stunden Schluss. Amüsante Szenen gab es auch diesmal wieder.

Die finanziellen Nöte der Universitäten bestimmten die Debatte über das Budget für Wissenschaft und Forschung. Die Redner waren sich mehrheitlich darin einig, dass die Unis mehr Geld brauchen. Die Themen Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen spalteten hingegen die Geister. Zeuge der kontroversiellen, aber gesitteten Debatte wurde kurz der israelische Vizeminister Ayub Kara, der auf Einladung der FPÖ in Wien ist.

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP, Bild) bezeichnete rasche Zugangsregelungen angesichts des drohenden neuen Ansturms an Studenten aus Deutschland als notwendig. Eine Quotenregelung nach dem Herkunftslandprinzip wie beim Medizinstudium hält sie für wenig aussichtsreich auf EU-Ebene. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte zuletzt angekündigt, diesen Ansatz auch für andere Studien von seinem Verfassungsdienst prüfen zu lassen.

SPÖ-Mandatarin gesteht ein: "Unis brauchen mehr Geld"
Über einen Ausbau des Angebots anstelle von Zugangsregelungen wollte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl (SPÖ) diskutieren. Kuntzl gestand zudem ein, dass die Unis mehr Geld brauchen. Das fand auch Kurt Grünewald (Grüne) und bezeichnete es daher als fatal, dass sich die Uni-Debatte auf Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren beschränke. Überhaupt lasse die Regierung eine nachhaltige Strategie vermissen, sie setzte nur "Hauruck-Aktionen".

Eine Gesamtstrategie für Wissenschaft und Forschung vermisste auch Rainer Widmann (BZÖ). Er kritisierte die Aufhebung der Studiengebühren und "die Überflutung" der Unis durch ausländische Studenten. Letztere würden einen größeren Teil des Stipendienaufkommens beziehen, so Widmann, der sich dabei vor allem auf die FPÖ einschoss, da diese "im Linksblock mit SPÖ und Grünen" die Studiengebühren abgeschafft habe.

Streitthema "Gemeinsame Schule"
Auch die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen wurde am Dienstag diskutiert. ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon stellte sich strikt gegen die generelle Einführung eines derartigen Systems und sprach von einer "Eintopfschule". Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) nannte als wichtigste Punkte für die Zukunft vor allem ein Mehr an Verantwortung am Schulstandort, die "Pädagoginnenbildung neu" und die Umsetzung eines neuen Lehrer-Dienstrechts.

Für Amon ist die gemeinsame Schule keine Option: "Jene, die das wollen, mögen in diesen nostalgischen Formen verhaftet bleiben", sagte er. Alle Experten würden aber bestätigen, dass die Frage der Organisationsform nicht das Relevante sei - "sondern die Inhalte". Man habe ohnehin schon eine gemeinsame Schule in Österreich: die Volksschule. Und am Ende dieser Schule habe man zum Teil "dramatische Probleme", Kinder würden Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben nicht beherrschen. "Also ist es ein Problem des Inhalts", nicht der Organisationsform, folgerte Amon.

Wenig Begeisterung zeigte die FPÖ für die Gemeinsame Schule. FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz sagte, seine Fraktion unterstütze jede Verbesserung der Hauptschule, auch wenn sie in Zukunft Mittelschule heißen sollte - "jedoch nicht unter Aufgabe des Gymnasiums". Er plädierte für ein durchlässiges System "mit der Chance für alle". Eine Gemeinsame Schule "mit demotivierten Lehrern" werde aber "katastrophal" sein. Eine Gesamtschule werde dazu führen, dass sich jeder, der es sich leisten kann, seine Kinder in Privatschulen geben werde.

Unaufgeregte Debatte übers Gesundheitsbudget
Unaufgeregt verlief die Debatte über das Gesundheitsbudget. Die Opposition kritisierte, dass Strukturreformen im Gesundheitsbereich nicht angegangen und die Finanzierungsprobleme der Krankenkassen nicht gelöst werden. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) verteidigte seinen Haushalt.

Wenn über ein Sparbudget diskutiert werde, müsse man bedenken, dass andere Länder Leistungseinschränkungen beschlossen haben, während Österreich die Leistungen ausweite. So sei der Zugang zur E-Card für alle Menschen sichergestellt worden. "Dieses Budget kann sich sehen lassen", so Stöger. Die Kritik daran, dass der Kassenstrukturfonds mit nur 40 Millionen statt wie im Vorjahr mit 100 Millionen Euro dotiert ist, wies der Minister zurück: "Man kann diskutieren, ob 40 mehr als Null ist." Diese Maßnahme ist eine der Haupteinsparungen im Gesundheitsbudget, darüber hinaus wird der Bundeszuschuss zur Unfallversicherung der Bauern gestrichen.

Eine aufgeblähte Verwaltung und das Fehlen einer Spitalsreform warf BZÖ-Abgeordneter Wolfgang Spadiut dem Minister vor. Stöger habe sich von den "Landesfürsten in die Knie zwingen lassen", sagte Spadiut, sprach Stöger aber gleichzeitig Mut zu: "Machen Sie sich vom passiven Verwaltungsminister zum aktiven Reformminister."

Scharfe Kritik an Pflegegeld-Kürzungen
Scharfe Kritik kam von der Opposition auch hinsichtlich der Kürzungen im Pflege-Bereich. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wies die Kritik zurück und betonte, Österreich sei "beim Pflegegeld Weltmeister".

Zum Ende des Tages stand noch das Thema Verkehr auf dem Programm. Ministerin Doris Bures (SPÖ) reagierte verärgert auf die ÖVP-Abgeordnete Karin Hakl, die sich gegen den Koralmtunnel aussprach, weil sie nicht wisse, wofür man den brauche. Für Bures macht es sehr wohl Sinn, diese Strecke zu modernisieren. Sie erwarte sich auch vom Koalitionspartner zu Vereinbarungen zu stehen, sagte die Ministerin, merkte aber gleich selbst an, dass die Äußerung Hakls wahrscheinlich nur deren persönlich Meinung sei und nicht die der ÖVP. Auf die Aussagen Hakls über die Buwog-Affäre und Ex-Porr-Chef Horst Pöchhacker, der derzeit ÖBB-Aufsichtsratschef ist, reagierte Bures hingegen nicht.

Derber SPÖ-Sager gegen BZÖ-Mann Grosz
Einmal mehr schaffte es übrigens BZÖ-Mandatar Gerald Grosz, einen Abgeordneten in Rage zu bringen. Franz Eßl von der ÖVP handelte sich am Dienstag einen Ordnungsruf ein, nachdem er vom Rednerpult aus gemeint hatte, er sei "versucht zu sagen", das Gehirn von Grosz sei "abgebrannt". Der Ordnungsruf schien allerdings nicht den gewünschten Effekt erzielt zu haben. Eßl setzte noch nach und meinte, schon der Ex-SPÖ-Nationalratsabgeordnete Christan Faul habe "nach diesem Organ gesucht und es nicht gefunden".

Faul hatte 2009 unter anderem in Richtung Grosz gesagt: "Du bist genau um den Schädel zu klein, wo das Hirn drin sein sollte" und "Sie sind Sternzeichen Krokodil: Große Pappen, kleines Hirn". Diese Aussagen wurden dem Steirer letztlich allerdings zum Verhängnis. Nach weiteren Ausrastern mitten im steirischen Wahlkampf musste er sein Mandat zurücklegen.

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