Bluttat im Rausch

Freund der Mutter mit Axt erschlagen – zwölf Jahre Haft

Österreich
09.12.2010 16:32
Wegen Mordes am Lebensgefährten seiner Mutter ist am Donnerstag ein 21-Jähriger am Wiener Landesgericht zu zwölf Jahren Haft in einer Jugendstrafanstalt verurteilt worden. Die Geschworenen stimmten 8:0 für die vorsätzliche Tötung, eine Unzurechnungsfähigkeit sei nicht gegeben gewesen, urteilte das Gericht. Der Bluttat waren heftige Streitereien zwischen dem jungen Mann und dem späteren Opfer vorausgegangen.

"Das war wie in einem Horror-Film", meinte Richter Norbert Gerstberger, der die besondere Brutalität der Tat als erschwerend wertete. Mildernd wirkten sich dagegen der bisher tadellose Lebenswandel, der Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung, die Beeinträchtigung des 21-jährigen Marcus H. durch seine Alkoholisierung, seine Erziehungsverwahrlosung als Analphabet und die Aggressivität des Opfers aus. Der Richterspruch ist aber noch nicht rechtskräftig. Der Anwalt des 21-Jährigen verzichtete zwar auf Rechtsmittel, die Staatsanwältin gab jedoch keine Erklärung ab.

Immer wieder Auseinandersetzungen
In der Wohnung in Wien-Penzing war es immer wieder zu heftigen Reibereien und Handgreiflichkeiten zwischen dem 34-jährigen Martin L. und dem Sohn seiner Lebensgefährtin gekommen. Die beiden waren stark dem Alkohol zugetan, mehrmals musste die Polizei ausrücken, weil sich Nachbarn über die lauthalsen Auseinandersetzungen beschwerten. "Die blieben sich nichts schuldig", sagte die Staatsanwältin am Donnerstag vor Gericht.

Am Tag vor der Tat - am 9. Februar 2010 - begann der Angeklagte gemeinsam mit seinem Bruder und Martin L. bereits am frühen Nachmittag mit einem Trinkgelage. Mehrmals suchte das Trio Lokalitäten auf, um seinen Bierdurst zu stillen. Zwischendurch kauften sie in mehreren Supermärkten diverse alkoholische Getränke. "Wir haben nur gesoffen, Bier, Doppler, Vodka und Schnaps", berichtete der Bruder als Zeuge vor Gericht. Am Abend kehrten der 21-Jährige und Martin L. zur Mutter in die Wohnung in Penzing heim. Dort sei es zu Rangeleien gekommen, die durch den Konsum von Bier wieder unterbrochen wurden, schilderte der Angeklagte.

Angeklagter: Nur zur Verteidigung nach Axt gegriffen
Eigentlich wollte die 54-Jährige mit ihrem Lebensgefährten den siebenjährigen Jahrestag feiern, doch der beschwerte sich über die Kochkünste seiner Freundin. Als der 34-Jährige einen Teller mit Linsen in Richtung der 54-Jährigen warf, ging der 21-Jährige dazwischen. Gegen 3 Uhr dürfte die Situation eskaliert sein.

Marcus H. behauptete vor Gericht, dass der 34-Jährige mit einem Springmesser auf ihn losgegangen sei, zudem sei er vom Freund der Mutter gewürgt worden. Als Martin L. auf ihm gesessen und ihn festgehalten habe, habe er nach einem Gegenstand gegriffen, um sich zu verteidigen. Da die Familie mit einem Holzofen einheizt, erwischte Marcus H. so eine Axt.

Zwölf bis 15 Hiebe mit der Axt
Laut medizinischem Gutachten schlug der Angeklagte zwölf bis 15 Mal auf sein Opfer ein. Mit dem ersten Schlag brach er ihm serienweise die Rippen, die weiteren Schläge gingen laut Staatsanwältin mit "Wucht und Brutalität" gegen seinen Kopf. Dabei schlug er dem 34-Jährigen die linke Schädelhälfte ein und riss ihm das Ohr ab, sodass der Gehörgang freigelegt wurde. Sein Mandant habe sich einfach nur wehren wollen, berichtete der Verteidiger.

"Er hätte mit allem zugehauen, wäre es eine Windel gewesen, hätte er mit einer Windel zugeschlagen." Laut Gerichtsgutachter waren die Verletzungen des Angeklagten nicht schlimm, der Sachverständige stufte sie allesamt als "leicht" ein. Der Schnitt am Rücken durch das Messer sei ebenfalls nur ein oberflächlicher Kratzer gewesen.

Blutspritzer reichten bis zur Decke
"Ich habe meine Hände gesehen, alles war voller Blut", schilderte der Angeklagte Marcus H. die Sekunden nach der Tat. Seine Mutter, die nach einem dumpfen Geräusch von der Küche ins Wohnzimmer kam, schreckte zurück. "Mutti, ich hab einen Blödsinn gemacht", sagte der 21-Jährige. Wie der Gerichtsmediziner schilderte, war das Zimmer "mit Blut überströmt". Bis zur Decke reichten die Blutspritzer. Mit der Axt ging Marcus H. dann aus dem Haus, das Tatwerkzeug wurde später im Keller gefunden. "Ich wollte es nicht verstecken, wenn ich es verstecken hätte wollen, hätte ich es in den Wienfluss oder in die Donau geschmissen", sagte der 21-Jährige.

Blutverschmiert ging er zur nahe gelegenen Tankstelle und wusch sich die Hände und das Gesicht. Dort traf er einen Freund und sagte ihm: "Ich hab den Martin umgebracht." Der Freund nahm ihn mit nach Hause, doch als er die Polizei beim Tatort stehen sah, meinte dieser: "Es ist besser, du stellst dich." Gegen 6 Uhr ging Marcus L. zurück in den Gemeindebau und ließ sich widerstandslos festnehmen.

Opfer soll Gemeindebau terrorisiert haben
Laut seinem Verteidiger soll das 34-jährige Opfer den gesamten Gemeindebau terrorisiert haben, wenn es betrunken war. "Jeder hat sich vor ihm gefürchtet, auch seine Lebensgefährtin", so der Anwalt. "Es war der pure Horror, wenn er getrunken hat", sagte die 54-Jährige vor Gericht dann auch aus. Das Opfer hatte zum Zeitpunkt seines Todes 3,43 Promille Alkohol im Blut. Der Angeklagte hatte sechs Stunden nach der Tat noch einen Wert von 1,77 Promille. Laut psychiatrischer Sachverständiger sei das "ein gerade nicht mehr leichter Rausch, der bis 1,5 Promille" gehe. Man gehe davon aus, dass der 21-Jährige zum Tatzeitpunkt zwei Promille hatte. Die Psychiaterin erklärte, dass Marcus H. zwar enthemmt gewesen sei, die Tat aber nicht im Zustand voller Berauschung begangen habe.

Der Angeklagte habe eine Störung der Persönlichkeitsentwicklung und eine Störung des Sozialverhaltens. Sein Bindungsverhalten sei gestört und er sei viel leichter in seinen Gefühlen verletzbar. Hinzu komme sein erhöhter Alkoholkonsum, sagte die Psychiaterin. "Ich gebe zu, ich bin mit 16 Jahren Alkoholiker geworden", sagte der Beschuldigte. "Der Alkohol öffnet Tür und Tor für bestimmte Charakterzüge", sagte die Sachverständige. Marcus H. wird in den Jugendstrafvollzug nach Gerasdorf eingeliefert.

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