Vorarlbergs Schamanin

Die Frau, die auf dem Kampfplatz zaubert

Vorarlberg
27.01.2021 06:30

Die Suche nach ihrer Identität hat Valruna zu ihrer Bestimmung geführt. Als Schamanin und Ureinwohnerin Vorarlbergs möchte sie der Natur wieder eine Stimme geben.

Stundenlang könnte man Valruna zuhören. Die Frau, die am Lagerfeuer sitzt, strahlt eine innere Ruhe und Zufriedenheit aus. Ihr Lachen erfüllt den Raum und jede ihre Falten scheint eine eigene Geschichte zu erzählen. Das war aber nicht immer so, denn als Kind fühlte sie sich nicht dazugehörig: "Wenn etwa ein Hase für unser Essen dran glauben musste, habe ich mehr empfunden als der Rest der Familie."

Als junge Erwachsene begab sie sich schließlich auf die Suche: "Mir haben die Wurzeln gefehlt. Ich habe mich mit meinem Umfeld und der vorgegebenen Lebensart nicht identifizieren können." Da sie eher scheu war, trieb es sie oft in die Natur, wo sie schließlich auch viele Antworten auf ihre Fragen fand: "Durch die Beobachtung der Tiere und Pflanzen wurde mir vieles von meinem Verständnis offenbart." Noch heute ist sie jeden Tag in ihrer alamannischen Tracht in der heimischen Natur unterwegs: "Ich habe bestimmte Plätze, wo ich ein Feuer mache, bete, Opfergaben darbringe oder trommle."

Über zufällige Begegnungen lernte sie die Schwitzhütten-Kultur der Lakota, eine Stammesgruppe der Sioux, kennen, zudem verschlang sie unzählige Bücher - beispielsweise vom Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung. „Ich hatte damals eine unglaubliche Ausdauer. Mit dem Duden bei der Hand habe ich diese Schriften studiert. Mit den so gewonnenen Erkenntnissen konnte ich mich voll und ganz identifizieren.“ Doch noch immer fühlte sie sich alleine.

Das vergessene Erbe der Alamannen
Erst als sie die nordische Mythologie kennenlernte, fand sie endlich eine spirituelle Heimat. „Ich entdeckte dadurch, dass ich eine Ureinwohnerin Europas bin. Und dass ich frei lebende Vorfahren hatte, die mir ein schamanisches Erbe hinterlassen haben.“
Über den germanischen Stammesbund, der etwa in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts Vorarlberg besiedelte, gibt es sehr wenige Aufzeichnungen, da der Großteil des kulturellen Erbes durch die Christianisierung ausgelöscht wurde. Valruna hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, gemeinsam mit dem Alamannen-Museumsdorf in Mäder dieses Vermächtnis wieder an die Öffentlichkeit zu bringen. „Jede Kultur hatte ihre Schamanen und Weisen, nur wurde vielen der Platz genommen“, erzählt sie. Geht’s nach Valruna, sollte dieses alte Wissen auch in modernen Gesellschaften wieder Einzug halten: „Früher hatte jeder seinen Platz in der Gemeinschaft und man hat sich gegenseitig gebraucht. Und zwar zum Wohle aller, nicht nur zu dem eigenen. “

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Früher hatte jeder seinen Platz in der Gemeinschaft und man hat sich gegenseitig gebraucht. Und zwar zum Wohle aller, nicht nur zu dem eigenen.

Valruna

Sie hofft zudem, dass der Respekt vor Mutter Erde wiederentdeckt wird: „Die Natur schenkt uns alle Grundlagen, nur braucht sie eben auch eine Stimme.“ Schamanen, Heilkundler und naturverbundene Menschen könnten der Natur genau diese Stimme geben, ist die 69-Jährige überzeugt. Vor allem die Jugend macht sie hoffnungsfroh: „Es tut sich etwas. Die Jungen gehen für den Klimaschutz auf die Straße. Die Gesellschaft müsste sie nun dabei unterstützten.“

Es ist an der Zeit für ein Umdenken
Nicht der Fortschritt ist es, der Valruna Kopfzerbrechen macht, sondern der rücksichtlose Umgang mit Ressourcen. Technik und Natur sollten Hand in Hand gehen und sich nicht bekämpfen. „Ich befürchte, dass nur Krankheiten die Menschen dazu bringen, etwas zu ändern. Erst wenn sie das gänzliche Heil verlieren, wachen die Menschen auf.“ Es sei höchste Zeit für ein Umdenken. Und zwar nicht aus egoistischen Gründen, sondern aus Verantwortung für die kommenden Generationen: „Unsere Kinder sind nicht nur Wirtschaftsmaterial, das im Sägewerk Gesellschaft verheizt wird. Man muss ihnen Zukunftsvisionen geben und Zeit, um zu träumen!“

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