„Krone“-Faktencheck

Die Zahlen zum Aufreger-Sager des Kanzlers

Österreich
05.12.2020 06:00

Seit dem Sager von Bundeskanzler Sebastian Kurz im Zuge der angekündigten „Grenzaktion scharf“ über die Weihnachtsferien, dass Reiserückkehrer das Virus im Sommer eingeschleppt hätten, herrscht helle Aufregung. Ein Faktencheck ist in der aufgeheizten Situation schwierig, die „Krone“ versucht es trotzdem.

Nach den nüchternen Zahlen der wohl politisch völlig unverdächtigen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) im Gesundheitsministerium ergibt sich folgendes Bild: Demnach waren in der sogenannten Phase III der Epidemie (beginnend mit zunehmenden Lockerungen ab Mitte April über praktisch die kompletten Sommerferien bis Ende August) 42,2 Prozent der Infizierten oder insgesamt mehr als 5500 Corona-Erkrankte Nicht-Österreicher.

Die Zahl innerhalb dieser viereinhalb Monate ist deswegen spannend, weil davor und auch aktuell rund acht von zehn Fällen heimische Staatsbürger betreffen. Sieht man sich jetzt die Daten von Frühjahr und Sommer im Detail an, fällt auf, dass damals jeder vierte positive Covid-19-Test auf Länder des Westbalkans, ein überdurchschnittlich hoher Teil auch auf die Türkei, zurückzuführen ist.

In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „profil“ bestätigte AGES-Chef Franz Allerberger schon im Juli diese These. Der deutliche Anstieg der Infektionszahlen wäre wesentlich auf Migranten mit Wurzeln am Westbalkan oder in der Türkei zurückzuführen. Sie seien nach dem ersten Lockdown dorthin gefahren, wo das Virus tobt. Das soll jetzt nach dem zweiten Lockdown nicht nochmals passieren …

Große Empörung, grüne Zustimmung
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies beim Wiener Massentest darauf, dass Cluster tatsächlich durch Reiserückkehrer entstanden seien: „Das ist Realität.“ Man habe auch damit gerechnet, dass erhöhte Reisetätigkeit zu steigenden Infektionszahlen führen werde. Er werde aber keine Schuldzuweisungen machen, versicherte er.

Dennoch hat der Kanzler-Sager nun auch die Medien auf dem Westbalkan erreicht. Dort gibt es Empörung, aber vor allem auch Enttäuschung. Schließlich seien auch viele Menschen oft in der kritischen Infrastruktur Österreichs tätig, etwa in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen sowie in der 24-Stunden-Pflege. Dazu kommt, dass auch österreichische Kroatien-Urlauber sich bei Sommerpartys angesteckt und das Virus nach Österreich „geschleppt“ haben bzw. das Virus auf den Westbalkan mitgenommen hätten.

Kronen Zeitung

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