SPÖ-NR Yildirim:

„Weitergabe der Daten bei Stalking verpflichten“

Tirol
11.11.2020 12:49

Seit 2006 ist Stalking strafbar. Knapp 40.000 Anzeigen gingen seither bundesweit ein, es kam zu 2863 Verurteilungen (Stand Oktober 2020, Justizministerium). Die Tiroler Nationalrätin und SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim fordert nun eine verpflichtende Weitergabe der Daten von Opfern seitens der Polizei an die Gewaltschutzzentren.

Jede siebente Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking - beharrliche Verfolgung, wie es gesetzlich heißt - betroffen, das betont der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser. Laut dem Sicherheitspolizeigesetz ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, Opferschutzeinrichtungen mit der Beratung und Unterstützung zu betrauen. Vertraglich sind die Gewaltschutzzentren bzw. die Interventionsstelle zuständig.

„Einrichtungen erhalten häufig die Daten nicht“
„Doch die Beratung und Unterstützung von Betroffenen ist schwierig, da die Opferschutzeinrichtungen - auch jene in Tirol - häufig die Daten der Opfer nicht erhalten. Denn es besteht keine gesetzlich normierte Verpflichtung zur Weitergabe von Daten der Stalkingopfer seitens der Polizei an die Gewaltschutzzentren“, erklärt Yildirim.

Eine proaktive Kontaktaufnahme mit den Opfern sei lediglich nach Betretungs- und Annäherungsverboten möglich, da nur in jenen Fällen die personenbezogenen Daten übermittelt werden.

„Vielen Opfern bleibt Hilfe verwehrt“
In der Praxis werden nur selten Stalkinganzeigen an die Zentren weitergeleitet. Somit bleibe vielen Opfern die Hilfe verwehrt. Hinzu komme, dass Betroffenen Details zu Rechten wie etwa Prozessbegleitung oder möglichen Schadenersatzansprüchen anderweitig oft nicht zur Verfügung stehen.

Antrag im Nationalrat eingebracht
Um die Situation zu verbessern, hat die SPÖ-Justizsprecherin nun einen Antrag im Nationalrat eingebracht: Bei Stalking-Anzeigen soll die Polizei die Daten verpflichtend an die Gewaltschutzzentren weitergeben. Etwas, das diese laut Yildirim seit Jahren fordern.

„Stalking-Opfer sind meist psychisch sehr belastet. Die Polizei sollte aus diesem Grund unverzüglich ein Kontaktverbot anordnen können und die Dokumentation an die Gewaltschutzzentren übermitteln. Auf diese Weise könnten die Zentren aktiv Kontakt mit den Betroffenen aufnehmen“, schildert Yildirim.

Adaptionen auch für Cybermobbing gedacht
Auch für „fortgesetzte Gewaltausübung“ sowie „fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“ (also sprich Cyberstalking) soll dies gelten.

„Keine gesetzlichen Änderungen geplant“
Auf die Frage, ob Innenminister Karl Nehammer eine Initiative zur gesetzlichen Normierung der Datenweitergabe bei Stalking seitens der Polizei an die Opferschutzeinrichtungen plane, sagt er: „Im Bundesministerium für Inneres gibt es diesbezüglich derzeit kein Planungsvorhaben zu gesetzlichen Änderungen.“

„Ein geforderter Gesetzesentwurf ist obsolet“
Die Datenweitergabe nach der Verhängung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes sei gesetzlich und erlassmäßig dahingehend klar geregelt, dass bei Ausspruch eines dieser Verbote die Dokumentation den Gewaltschutzzentren zu übermitteln seien. „Ein geforderter Gesetzesentwurf ist aus diesem Grund obsolet, da es bereits eine entsprechende gesetzliche Regelung gibt“, erklärt der Innenminister.

„Sicherheitsbehörden dürfen Daten vermitteln“
Anders formuliert: „Die Sicherheitsbehörden dürfen personenbezogene Daten an Einrichtungen übermitteln, soweit dies zum Schutz gefährdeter Menschen oder zur Gewaltpräventionsberatung erforderlich ist.“

„Das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich“
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) stellt hingegen klar: „Eine gesetzliche Normierung der Datenweitergabe im Falle der Bedrohung von beharrlicher Verfolgung durch die Polizei fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich.“ Sie betont zudem: „Eine proaktive Kontaktaufnahme durch Opferschutzeinrichtungen ist im Strafverfahren nicht vorgesehen, daher auch keine dementsprechende Datenübermittlung an Opferschutzeinrichtungen“.

Daraus lässt sich ableiten, dass sich beide Minister - zumindest derzeit - gegen eine verpflichtende Datenübermittlung aussprechen.

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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