Staatskasse

Krise hinterließ tiefe Spuren, “Geschenk” durch Raucher

Österreich
21.09.2010 13:56
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat 2009 tiefe Schneisen in die Staatsfinanzen geschlagen - so massiv, dass der Spielraum in den kommenden Jahren nicht zuletzt durch wachsende Zinsenlasten eingeschränkt ist. Darauf hat am Dienstag einmal mehr der Rechnungshof anlässlich der Vorlage des Bundesrechnungsabschlusses hingewiesen. In diesem finden sich neben den zu erwartenden Spuren auch einige Überraschungen.

Ob niedrige Steuereinnahmen, Bankenpaket oder Arbeitsmarktmittel: Im Rechnungsabschluss lässt sich verfolgen, welche Kosten die Krise und ihre Bekämpfung verursacht haben. Doch auch überraschende Einnahmequellen haben sich offenbar 2009 aufgetan. So haben die Raucher dem Staat mehr Tabaksteuer als erwartet beschert, und die eigentlich schon abgeschaffte Schenkungssteuer spülte noch nachträglich Geld in die Kassen.

Schuldenmachen auf allen Ebenen
Die Eckdaten sind bekannt: Das gesamtstaatliche Defizit betrug im Jahr 2009 3,5 Prozent des BIP, die Schulden des Bunds stiegen erstmals auf über 200 Milliarden Euro. Der sogenannte "Primärsaldo" des Bundes - also Defizit ohne Berücksichtigungen der Zinszahlungen und Rücklagen - war mit minus 1,9 Prozent des BIP erstmals seit 1996 negativ. Im Klartext heißt das, dass der Bund nicht nur den Zinsaufwand, sondern auch die operativen Aufgaben durch weitere Schulden finanzieren muss. Der Rechnungshof sieht hier die "Nachhaltigkeit der Haushaltsführung" gefährdet.

10,1 Prozent seines Gesamtbudgets hat der Bund 2009 für Zinsen ausgegeben. Laut Finanzrahmen 2011 bis 2014 sollen das bis 2014 schon 14,7 Prozent sein, während bis dahin die Ausgaben für Bildung, Kultur, Sicherheit oder Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt sinken sollen, rechnet der RH vor und mahnt wie schon im Frühling dieses Jahres: Die wachsenden Zinsenlasten würden "den Spielraum für 'zukunftsbezogene Ausgaben' beschränken".

Einnahmenrückgänge teilweise hausgemacht
Die Krise ist nicht allein schuld an dieser Entwicklung. So ist etwa der Rückgang der Steuereinnahmen 2009 auch auf die Steuerreform zurückzuführen, wodurch 1,4 Milliarden Euro (minus 6,6 Prozent) weniger an Lohnsteuer eingenommen wurden. Doch viele große Budgetbelastungsbrocken sind eindeutig auf den Abschwung zurückzuführen. Der Wirtschaftseinbruch wirkte sich vor allem auf die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer (minus 2,1 Mrd. Euro bzw. minus 35,4 Prozent) und aus den Kapitalertragsteuern (minus 429 Mio. Euro/minus 27,2 Prozent bzw. minus 307 Mio. Euro/minus 14,1 Prozent auf Zinsen) aus. Insgesamt sanken die Nettosteuereinnahmen auf 37,6 Milliarden Euro und somit um 16,3 Prozent (minus 7,3 Mrd. Euro) gegenüber 2008. Mit Rückgängen in diesem Ausmaß war bei der Budgeterstellung offenbar nicht gerechnet worden, der Voranschlag hatte nämlich noch rund 38,8 Mrd. Euro Steuereinnahmen kalkuliert.

Deutlich gestiegen sind auch die Haftungen des Bundes auf 124,5 Milliarden Euro (plus 11,9 Mrd. bzw. plus 10,6 Prozent). Allein 27,6 Milliarden Euro gehen hier auf das Konto des Bankensektors. Apropos Banken: Unter dem Titel "Finanzmarktstabilität" finden sich Ausgaben in der Höhe von rund 4,9 Milliarden Euro. Die Schulden für das Bankenrettungspaket von insgesamt acht Milliarden Euro waren schon 2008 aufgenommen worden, allerdings wurde dieser Betrag kaum gebraucht, als Rücklage angelegt und auf diese 2009 zurückgegriffen. Die Haushaltsrücklagen schmolzen somit 2009 kräftig, der rücklagenbereinigte Abgang in der Folge beträchtlich höher als 2008. Umgekehrt stieg naturgemäß das Anlagevermögen des Staates: Denn rund 5,4 Milliarden Euro besitzt er im Zuge der Bankenstützung als Partizipationskapital.

Teure Maßnahmenpakete
Viel Geld kosteten im Krisenjahr 2009 auch Arbeitsmarktmaßnahmen, für die 5,7 Milliarden Euro ausgegeben wurden. Das waren 22,3 Prozent oder eine Milliarde mehr als 2008. Nicht unbedingt Beschäftigungspakete, sondern vor allem das Arbeitslosengeld schlug sich hier stark zu Buche. Gleichzeitig sinkende Beiträge zur Arbeitslosenversicherung öffneten die Schere weiter. Und noch eine Versicherungsleistung kostet den Staat immer mehr Geld: Der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung erhöhte sich um 14,6 Prozent (plus 978 Mio. Euro auf 7,7 Mrd.).

Krisenabwehrmaßnahmen wie die "Ökoprämie" genannte Neuwagenverkaufsprämie in der Höhe von 45 Millionen Euro sind ebenfalls im Bundesrechnungsabschuss vermerkt. Umgekehrt zeigten neue, wenn auch kritisierte, Maßnahmen wie die Gebührenerhöhungen im Justizbereich Wirkung, hier kamen rund sechs Millionen Euro mehr herein als budgetiert.

100-Millionen-Plus durch Raucher
Recht überraschend waren offenbar auch jene 107,6 Millionen Euro, die "durch ein Ansteigen des Tabakkonsums" an zusätzlichen Tabaksteuererträgen lukriert wurden. Und auch mit der mittlerweile schon länger abgeschafften Erbschafts- und Schenkungssteuer hatte man bei der Budgeterstellung für 2009 eher nicht gerechnet: 76 Millionen Euro brachten nachträgliche Verrechnungen von Stiftungseinbringungen (was als Schenkungsvorgang galt).

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