Kommt U-Ausschuss?

Nach FMA-Bestätigung: Druck auf Doskozil wächst

Burgenland
05.08.2020 02:01

Noch Montagabend musste Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) einräumen, dass es kurz vor der Schließung der Commerzialbank Mattersburg einen Überweisungsversuch durch den Geschäftsführer der Land-Burgenland-Tochter Regionalmanagement Burgenland (RMB) gegeben hat. Am Dienstag kam seitens der Finanzmarktaufsicht (FMA) dazu die Bestätigung. Der Versuch sei rund zwei Stunden, bevor die Aufsicht der Bank die Geschäfte untersagt hatte, erfolgt, sagte FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Wie berichtet, steht der Verdacht im Raum, dass mehrere Personen aufgrund von Insiderwissen noch schnell Geld beiseite schaffen wollten, bevor das nicht mehr möglich war.

Doskozil hatte am Montag einen Zeitungsbericht als „Lüge“ bezeichnet, wonach die RMB noch zwei Stunden vor der Schließung der Commerzialbank Geld abgezogen habe. Die Überweisung scheint es letztlich tatsächlich nicht gegeben zu haben - wohl aber den Versuch, wie nun bestätigt wurde. Die Überweisung sei unter der Leitung des Regierungskommissärs wieder storniert worden, heißt es in einem Bericht des ORF Burgenland. Die FMA habe die Geschäfte der Bank am 14. Juli um 23.45 Uhr behördlich eingestellt und Wirtschaftsprüfer Bernhard Mechtler als Kommissär eingesetzt.

Anfrage einer Mitarbeiterin des Landes bei FMA
Am Nachmittag vor der Schließung sei indes bereits eine Anfrage einer Mitarbeiterin der Finanzabteilung des Landes Burgenland bezüglich einer Selbstanzeige des damaligen Bankchefs Martin Pucher eingegangen, berichtet der ORF. Die FMA habe Doskozil dann am Abend mitgeteilt, dass die Bank in wenigen Stunden geschlossen werde. Der Landeschef habe danach nach eigenen Angaben nur die Landesregierung darüber in Kenntnis gesetzt.

Dass außer der RMB noch weitere Personen versucht und sogar reüssiert haben könnten, in letzter Minute noch Geld von der Bank abzuziehen, schließt die demnach FMA nicht aus. Die Bank könne zwar in der Nacht erfolgte Überweisungen nachträglich wieder löschen, ob das aber auch in jedem Fall passiert sei, sei nicht klar. Es seien jedoch alle Kontobewegungen festgehalten, in Folge seien auch strafrechtliche Ermittlungen diesbezüglich möglich.

Doskozil: Kein Telefonat mit Pucher
Doskozil bekräftigte am Dienstagabend in der „ZiB 2“, dass er erst am 14. Juli von der Finanzmarktaufsicht von der bevorstehenden Schließung informiert worden sei - und zwar vor 18.45 Uhr. Danach habe er die Mitglieder der Landesregierung informiert. Ein Telefonat mit Banken-Chef Pucher habe es nicht gegeben. 

Zuvor waren ihm, wie er durchblicken ließ, nur unverifizierte Gerüchte zu Ohren gekommen. Die Quelle dieser Gerüchte, „die im ganzen Bezirk Mattersburg gelaufen sind“, habe man mittlerweile ausfindig gemacht: Die Frau des gefallenen Bankchefs habe die Bezirkshauptfrau von Eisenstadt-Umgebung telefonisch informiert, dass es eine Schieflage der Bank bzw. Selbstanzeige ihres Ehemannes gebe. Auch anderen persönlich Bekannten habe sie darüber Bescheid gegeben - damit diese nicht womöglich erst aus der Presse davon erfahren.

SPÖ ortet „ÖVP-Netzwerk“
Der Bilanzskandal um die Commerzialbank im Burgenland wird unterdessen immer mehr zur Polit-Schlacht zwischen SPÖ und ÖVP. Die Roten orten ein schwarzes Netzwerk, das Bank-Chef Pucher geschützt habe. Die Volkspartei wiederum fordert von Doskozil die Offenlegung der Telefonprotokolle. Doskozil sagte im „ZiB 2“-Interview, dass er damit keine Probleme hätte. Er sparte aber auch nicht mit Kritik an der ÖVP: „In dieser Situation muss man sehen, dass ganz massiv versucht wird, den Fall in die Ecke der Sozialdemokratie und meine Ecke zu drehen. Hier werden sehr viel Gerüchte gestreut.“

Doskozil: „Bereiten Klage gegen die Republik vor“
Doskozil stelte weiters klar, dass das Land Burgenland nicht zuständig für die Prüfung der Bank sei. „Wir sind zuständig für den Eigentümer, der darüber steht. Wir haben kein Recht, in die Bankgeschäfte Einsicht zu nehmen.“ Er schließe zudem aus, dass das Land dafür haften muss. Eine mögliche Sammelklage gegen das Land fürchtet Doskozil nicht, angesprochen darauf erinnerte er an die geplante Amtshaftungsklage des Landes gegen die Republik. Und hielt der Opposition einmal mehr vor, sie versuche „mit einem Bankenskandal, der ein Kriminalfall ist, politisches Kleingeld“ zu machen, indem man ihn gegen die Sozialdemokratie und ihn zu drehen versuche.

Sonderlandtag gefordert
Die ÖVP forderte ihrerseits einmal mehr einen Sonderlandtag und attackierte Doskozil verbal. Sollte sich dieser nicht mehr so genau daran erinnern, mit wem er kurz vor der Schließung der Bank gesprochen habe, fordere man die Offenlegung der Telefonprotokolle.

Einigkeit bei Frage nach einem U-Ausschuss
In all dem Hickhack gibt es doch eine Frage, in der sich Rot und Schwarz einig sind. Sollten die Fakten zur Aufklärung nicht rasch auf dem Tisch liegen, dann sei ein Untersuchungsausschuss „unumgänglich“, betont die ÖVP. Doskozil sagte in der „ZiB 2“, dass er einen U-Ausschuss begrüßen würde. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Ein U-Ausschuss ist herzlich willkommen.“

Bisher schon 9800 Sparer entschädigt
Für die geschädigten Sparer fließt immerhin bereits Geld: Bisher hat die von allen Banken gespeiste Einlagensicherung etwa 370 Millionen Euro an 9800 Kunden ausbezahlt, weil ja Einlagen von bis zu 100.000 € pro Person voll ersetzt werden. Damit dürften schon 75 Prozent der Ansprüche gedeckt sein.

Filzmaier: „Schaden für SPÖ“
Politikwissenschaftler Peter Filzmaier sagte in „Burgenland heute“ indes, dass durch den Skandal „jedenfalls“ ein Schaden für die Landeshauptmannpartei SPÖ gegeben sei. Der Schlagabtausch mit der ÖVP schade aber hauptsächlich der Politik an sich. „Wem es mehr schadet, hängt davon ab, wer sich in Zukunft wie verhält“, so Filzmaier über die streitenden Parteien.

Nach Doskozil-Querschüssen: Kann Rendi-Wagner nun aufatmen?
Filzmaier sieht einen Untersuchungsausschuss im burgenländischen Landtag als „logische Konsequenz“. Dieser sollte sachlich politisch aufarbeiten. Ob es sachlicher wird, als es der momentane politische Diskurs vermuten lässt, bezweifelte er aber offensichtlich. In der Bundespartei könne sich Pamela Rendi-Wagner ein „leichtes Lächeln gestatten“. Sie könne jetzt einmal mit weniger Querschüssen durch Doskozil rechnen. Warum sich der burgenländische Landesparteichef diese zuletzt wieder leistete, kann sich Filzmaier nicht erklären. Denn wenn Doskozil vom Bankenskandal habe ablenken wollen „hat das ja wohl nicht funktioniert“.

Kronen Zeitung/krone.at

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