Haft für Peiniger

Radfahrerin: „Hatte mit dem Leben abgeschlossen“

Steiermark
06.03.2020 06:13

Sechs Stunden war Triathletin Nathalie Birli in der Hand eines Entführers. Die junge Mutter litt Todesängste und hatte mit ihrem Leben abgeschlossen. Am Donnerstag wurde ihr Peiniger in Graz (nicht rechtskräftig) zu sieben Jahren Haft verurteilt und wegen seiner großen Gefährlichkeit in eine Anstalt eingewiesen.

„Es war nicht zufällig, dass er Nathalie Birli umgefahren hat, sondern planmäßig. Er hat sie bewusst ausgesucht“, erläutert Staatsanwältin Gertraud Pichler im Plädoyer. „Er ist mit dem Werkzeugstiel ausgestiegen und hat auf sein Opfer eingeschlagen.“ So fest, dass ihre linke Elle und das Hinterhauptbein brachen. „Dann legte er sie in sein Auto, fesselte und knebelte sie, zerrte sie über die Stiegen in sein Häuschen und warf sie in einen Kasten.“

„Ich habe sie gewaschen“
Nachdem er seine Tiere gefüttert hatte, zog er die bewusstlose Frau aus. Als sie wieder wach war, zwang er sie, Wein zu trinken und in eine eiskalte Badewanne zu steigen. „Sie war relativ dreckig“, sagt er vor Gericht. Als sie sich weigerte, tauchte er sie zwei Mal unter Wasser. Minutenlang. „Ich hatte mit dem Leben abgeschlossen“, schildert die junge Mutter. Nach dem gemeinsamen Bad - „ich habe sie gewaschen“ - legte sich der Angeklagte mit ihr nackt ins Bett. Doch zu sexuellen Übergriffen kam es nicht.

Dann schaffte es Nathalie Birli trotz aller Umstände, das Herz ihres Peinigers zu erweichen. „Hochachtung, wie sie das geschafft hat“, betont die Staatsanwältin. Und nach sechs qualvollen Stunden fuhr er sie nach Hause - dank Gesprächen über seine schönen Orchideen und ihren kleinen Sohn. „Ich habe ihm erklärt, dass mein Kind allein daheim ist und mich braucht“, erzählt das Opfer.

„Es staute sich Sehnsucht auf“
„Er ist kein Monster“, ist Verteidiger Bernhard Lehofer überzeugt. „Er lebte nach dem Tod seiner Großeltern zehn Jahre allein, sozial völlig isoliert. Da staute sich eine Sehnsucht auf. Aus der Einsamkeit heraus hat er wohl geglaubt, dass er so an ein Date kommt“, zuckt der Anwalt die Schulter.

„War das Ihre Vorstellung, wie ein Treffen mit einer Frau abläuft?“, fragt die Richterin. „Man isst, trinkt, badet zusammen und legt sich dann ins Bett?“ - „Kann ich nicht sagen!“, so der 34-Jährige. „Warum haben Sie sie in den Kasten gesperrt?“ - „Weil die Tür gerade offen war.“ - „Wie hat sie reagiert, als Sie sie ins Wasser getaucht haben?“ - „Das hat ihr nicht so getaugt.“ - „Warum haben Sie ihr die Unterhose ausgezogen, wenn Sie nur schauen wollten, wie schwer sie verletzt ist?“ - „Ich wollte Sex mit ihr haben.“ - „Ist etwas passiert?“ - „Nur Küsse."

Schwere Persönlichkeitsstörung
Der psychiatrische Gutachter Christoph Ebner attestiert dem Gärtner eine „schizoide Persönlichkeitsstörung“. Diese zeichnet sich durch einen Rückzug von gefühlsbetonten und zwischenmenschlichen Kontakten aus. Man könne schwer Freude und Gefühle ausdrücken. „Er hat eine emotionale Kühle und Abgestumpftheit entwickelt.“ Die Wahrscheinlichkeit für strafbare Handlungen mit schweren Folgen sei groß.

Nathalie Birli leidet seit der Entführung an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie hat Todes- und Verlustängste und wird von Albträumen gequält.

Das Urteil der Schöffen fällt rasch: sieben Jahr Haft, Einweisung, Zuspruch von 15.000 Euro Teilschmerzensgeld; nicht rechtskräftig.

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