Herz-Jesu in Graz

Pfarrer: „Ein Rückzug in die Stille ist heilsam“

Steiermark
25.12.2019 08:35

Eine halbe Stunde täglich sitzt Pfarrer Matthias Keil im Keller der Herz-Jesu-Kirche in Graz, um „die Stille zu atmen“ und um Gott zu spüren. Viele Menschen in seiner Gemeinde nutzen den Raum, um Frieden abseits des Trubels zu finden.

Laute Weihnachtslieder, blinkende Lichter und klingelnde Kassen gibt es hier nicht. Ganz im Gegenteil: Im Keller der Herz-Jesu-Kirche regiert die Stille, scheint nur Kerzenlicht. Nicht nur Christen kommen hier zum Beten her. Jeder, der möchte, findet in dem Gotteshaus Zuflucht - weit genug weg vom hektischen Alltag. „Wer nur im Stress lebt, wird ungeduldig und verletzend. Ein Rückzug in die Stille oder in die Natur ist heilsam und macht milder“, erklärt Pfarrer Matthias Keil.

„Die Stille atmen“
Auch er selbst lebt dieses Prinzip. Eine halbe Stunde lang sitzt er täglich im Ruheraum, um „die Stille zu atmen“, wie er sagt. Keil wird sich so der Gegenwart Gottes bewusst. Ganz ohne Worte.

Der Geistliche bietet den Raum auch an, um ein Stück Frieden zu bringen. Ist es das, was die Kirche den Menschen heute bieten kann? Momente, um den Trubel zu vergessen? „Es ist eines der Dinge. Wir stellen den Leuten ganz bewusst diesen Ort zur Verfügung, unabhängig von ihrem Glaubensbekenntnis und ihrer Herkunft.“ Solche Zufluchtsstätten seien mittlerweile schwer zu finden. Die meisten wüssten auch nicht, dass es sie gibt. „Menschen einen Ort geben, an dem sie für sich sein können, ist ein sehr wertvoller Dienst der Kirche.“

Ein offenes Ohr kann Wunder bewirken
Keil versucht, Frieden nicht nur durch Stille, sondern auch durch das Miteinander zu stiften. Ein einfaches Erfolgsrezept: Zuhören. Bei den vielen Gesprächen mit seiner Gemeinde hört er täglich, was die Grazer bewegt. „Viele haben das diffuse Gefühl, das Rad drehte sich immer schneller. Wir haben keinen Boden mehr unter den Füßen. Was heute gilt, gilt morgen nicht mehr. Der Druck steigt.“

Speziell vor Beerdigungen kommt der Pfarrer mit den Menschen ins Gespräch. „Wenn ich Leuten zuhöre und sie von ihren Sorgen erzählen können, beruhigt es sie.“ Danach bleibe die Dankbarkeit nicht aus. „Obwohl ich nicht viel gemacht habe, außer zuzuhören.“

Der Friede ist heute etwas Selbstverständliches
Frieden ist viel mehr als nur die Abwesenheit eines Konfliktes, betont Keil: „Kein Krieg bedeutet nicht gleich Frieden - da gehört einiges dazu.“ Wichtig sei es, zwischen dem inneren und dem äußeren Frieden zu unterscheiden. Gegenseitiges Vertrauen, Rücksichtnahme, ein positives Miteinander: Sie machen den Frieden aus.

Und wie steht es um den äußeren Frieden in Österreich? „Wir erachten ihn als zu selbstverständlich. Es besteht die Gefahr, dass man dieses kostbare Gut aufs Spiel setzt. Die Erfahrung der Schrecklichkeit des Krieges kennen wir nicht mehr. Der Ruf ,Nie wieder Krieg!‘ ist nicht mehr präsent.“ Dennoch: Wer inneren Frieden gefunden hat, der kann ihn nach außen tragen.

Marlene Borkenstein und Hannah Michaeler, Kronen Zeitung

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Steiermark



Kostenlose Spiele