Schwere Krise

Lange Warteschlangen vor Argentiniens Banken

Ausland
03.09.2019 11:40

Eine schwere Wirtschaftskrise setzt Argentinien immer mehr zu. Vor den Banken des südamerikanischen 44-Millionen-Einwohner-Staates bildeten sich am Dienstag lange Warteschlangen, weil die Menschen ihre Einlagen abholen wollen. Staatsanleihen befinden sich auf Rekordtiefs und die Landeswährung ist massiv unter Druck geraten. Die Regierung versucht mit Kapitalkontrollen gegenzusteuern, das sorgt aber für Unruhe ...

„All die Leute heben ab, was sie haben, oder zumindest einen Teil davon, weil sie ihr Geld derzeit lieber zu Hause haben wollen“, sagte der 61-jährige Bankkunde Julio Novoa. Die Regierung hatte zuvor Devisenkäufe begrenzt, um die Landeswährung Peso zu stützen - mit begrenztem Erfolg: Zwar wertete der offizielle Kurs um 0,88 Prozent zum Dollar auf, auf dem Schwarzmarkt fiel er hingegen um 0,8 Prozent auf einen Kurs von 63,5 je Dollar. Die Kurse für argentinische Staatsanleihen rutschten zugleich auf Rekordtiefs ab.

Kurswechsel per Kapitalkontrollen
Präsident Mauricio Macri vollzieht mit den Kapitalkontrollen einen Kurswechsel. Er hatte die Präsidentschaftswahl 2015 nicht zuletzt mit dem Versprechen gewonnen, die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas zu „normalisieren“, die von der Vorgängerregierung bevorzugten Kontrollen aufzugeben. „All diese Maßnahmen haben Stabilität als zentrales Ziel“, verteidigte Finanzminister Hernan Lacunza das Vorgehen. Zentralbankpräsident Guido Sandleris bezeichnete das heimische Finanzsystem als „stark“.

Experte: „Zeichen der Verzweiflung“
Die Notenbank werde ihre strenge Geldpolitik trotz der Währungsrestriktionen beibehalten. Sie hat seit vergangenem Mittwoch fast eine Milliarde Dollar an Währungsreserven auf den Markt geworfen, um die Talfahrt des Peso aufzuhalten - ohne nennenswerten Erfolg. Finanzexperten wie Michael Bolliger von UBS Wealth Management sehen in den Kapitalkontrollen hingegen ein „Zeichen der Verzweiflung“.

Peso-Kursrutsch erhöht Druck
Das südamerikanische Land steht seit Wochen verstärkt unter Druck durch den Peso-Kursrutsch, der seit dem 11. August zum Dollar annähernd ein Viertel an Wert verloren hat. Damals hatte der wirtschaftsfreundliche Präsident Macri eine Vorwahl gegen seinen linksgerichteten Herausforderer Alberto Fernandez verloren. Dieser gilt nun als Favorit für die Präsidentenwahl im Oktober. An den Finanzmärkten gibt es die Sorge, dass der Peso-Verfall dazu führen könnte, dass das Land seine Dollar-Schulden nicht mehr begleichen kann. Alle drei großen Ratingagenturen stuften die Kreditwürdigkeit des Landes herab.

Verschärft wurde die Krise vergangene Woche, als es Finanzminister Lacunza nicht gelang, auslaufende Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit in der Höhe von mehr als 91 Milliarden Euro neu zu finanzieren und er deswegen längere Laufzeiten ins Spiel brachte. Das hoch verschuldete Land will sich damit finanziell Luft verschaffen.

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