Theresia Hafner (Bild) ist, wie sie sagt, "ins Dunkel geboren worden". Sie war das fünfte von sechs Kindern "und die Eltern hatten keine Zeit, sich intensiv mit mir zu beschäftigen. Ich habe nie gelernt, wie man ohne Augenlicht die Wohnung sauber hält, wie man in einem Restaurant isst oder wie man das richtige Gewand zusammensucht."
Jetzt lernt die 43-Jährige bei Christoph Müller, dem LPF-Trainer des Steiermärkischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes in Graz, sich im Alltag besser zurecht zu finden. LPF – das heißt „lebenspraktische Fähigkeiten“. Blinde und sehbehinderte Kinder, meint Müller, würden heutzutage die alltäglichen Handgriffe bereits im Kindergarten lernen. Ältere Menschen hätten diese Chance nie bekommen.
Die Wohnung als "Klassenzimmer"
"Das Training bedeutet harte Arbeit, die oft in Mutlosigkeit und Verzweiflung endet", sagt Müller, "aber es ist der Weg in ein neues Leben – Schritt für Schritt." Theresia Hafner begegnet in seiner "Schule" ständig Neuem. Dem sprechenden Zeitmesser etwa, der ihr beim Kochen ebenso hilft wie die sprechende Waage oder der Flüssigkeitsanzeiger, den man an den Rand des Glases steckt und der dann laut vor dem Überlaufen warnt.
Das "Klassenzimmer" ist die Wohnung der Schülerin – ihre gewohnte Umgebung also. Klar, dass es beim Kochtraining manchmal heiß wird und man sich verletzt. "Viele Blinde tun nichts, weil sie Angst haben, sich weh zu tun," sagt Theresia Hafner. "Auch das ist eine Barriere, die es zu überwinden gilt." Neben dem Kochen stehen eine ganze Reihe anderer Gegenstände, wie etwa der Umgang mit Geld und Bürokratie auf dem Stundenplan.
von Werner Kopacka, "Steirerkrone"
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