Assistenzeinsatz

RH-Kritik: Hohe Kosten, aber nur geringer Nutzen

Burgenland
08.03.2010 12:42
Dem verfassungsrechtlich umstrittenen Assistenzeinsatz des Bundesheers wird im aktuellen Rechnungshofbericht nur eine marginale Wirkung auf die Sicherheit im östlichen Grenzraum bescheinigt. Die Soldaten, die seit dem Fall der Schengengrenze über keinerlei Befugnisse verfügen, haben einen Beitrag zur Klärung von Delikten von nicht einmal einem Prozent geleistet. Der Einsatz verursachte in den ersten 16 Monaten 29,3 Millionen Euro an Zusatzkosten.

Ganze 20,2 Millionen Euro davon waren nur Personalaufwendungen. Dabei handelt es sich nur um die einsatzbezogenen Vergütungen, also um Zulagen - die Grundbezüge der Bediensteten sind nicht mitgerechnet. Für dieses Geld könnten 270 Exekutivbeamte beschäftigt werden. Die durchschnittlichen Mehrkosten für das Personal betrugen pro Person und Tag rund 55 Euro, die höchsten sogar 400 Euro. Diese Kostenaufstellung widerspricht der Darstellung des Verteidigungsministeriums, wonach der Einsatz Mehrkosten in der Höhe von nur rund 12 Millionen Euro jährlich verursache.

Beitrag zur Aufklärungsrate: 0,53 Prozent
Der Beitrag der Truppen zur Aufklärungsrate im Einsatzgebiet lag unter einem Prozent. Insgesamt führten die Meldungen der Soldaten, die ja lediglich beobachten dürfen, zu 70 Strafanzeigen, davon 60 wegen Diebstählen und Sachbeschädigungen. Das entspricht 0,53 Prozent aller angezeigten Fälle (11.361) in diesem Zeitraum. In nur 23 Fällen führten die Beobachtungen der Soldaten zur Ausforschung von Verdächtigen. Weiters wurden 19 Illegale aufgegriffen. Der Großteil der insgesamt 1.169 Soldaten-Meldungen betraf Umstände, die nicht im Kernbereich des Auftrages lagen - zum Beispiel unversperrte Haus- und Geschäftstüren. Die RH-Prüfer stellen daher fest, dass der Nutzen des Einsatzes "nur gering" ist und für die Bekämpfung grenzüberschreitender Delikte "nicht adäquat".

Was die SP, die VP und Minister Norbert Darabos zu dem RH-Bericht sagen, gibt's über den Link in der Infobox nachzulesen!

Soldaten verlieren Zeit für die Ausbildung
Der Bericht bestätigt auch, dass durch den Assistenzeinsatz Grundwehrdiener um einen Teil der Ausbildung umfallen. Für Rekruten im Grenzraum entfällt die letzte von drei Phasen der Basisausbildung. Konkret entgeht ihnen in diesem Abschnitt im Ausmaß von zehn Wochen die "waffenspezifische Ausbildung im Organisationselement mit vorbereitender Kaderausbildung". Außerdem wurden die Ziele der Basisausbildung 2 nur mehr in der Anlernstufe erreicht und Schießprogramme nicht mehr komplett abgewickelt. 2008 durchliefen 4.200 von 12.100 Soldaten in der Einsatzorganisation eine eingeschränkte Basisausbildung. Mit dem Einsatz sei außerdem "eine Beeinträchtigung der militärischen Führungsfähigkeit und Routine sowie der Motivation der Kadersoldaten verbunden", kritisiert der RH.

Prüfer lassen kein gutes Haar am Ministerium
Bestätigt wird in dem Bericht auch die vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate im Einsatzraum. Die Pro-Kopf-Belastung mit Vermögensdelikten ist im Burgenland (0,023 im Jahr 2008) nur halb so hoch wie im gesamten Land (0,048). Der Rechnungshof kritisiert zudem, dass das Innenministerium entgegen seinen Ankündigungen kein Organisations-und Personalkonzept erstellt habe, das dem Entfall der Aufgaben an den Grenzdienststellen durch die Schengenerweiterung Rechnung trägt. Die Prüfer finden, das Ministerium hätte "genügend Zeit gehabt, um sich auf die Schengenerweiterung vorzubereiten". Auch die bis Mitte 2009 geplante Evaluierung des Assistenzeinsatzes sei nicht vorgelegen.

Offiziere laut RH die einzigen Nutznießer 
Die einzigen Nutznießer des Grenzeinsatzes sind offenbar die Offiziere des Militärkommandos Burgenland – diese kassieren laut Bericht Einsatzzulagen bis zur Höhe des doppelten Monatsbezuges. Zwar wurde die Zahl der am Grenzeinsatz beteiligten Soldaten Mitte 2008 insgesamt um rund 160 Personen reduziert – die vorwiegend mit burgenländischen Militärs besetzten Kommando-Stäbe wurden aber nicht angetastet. Geleitet wird der Assistenzeinsatz von zwei Stäben: dem 25-köpfigen Einsatzstab, dessen Mitarbeiter 2008 fast 1,4 Millionen Euro an zusätzlichen Einsatzzulagen kassierten, und der Territorialstaffel, die zusätzlich 2,3 Millionen Euro kostete.

Besonders lukrativ sind die Zulagen für Berufsoffiziere (durchschnittlich 181,46 Euro pro Einsatztag) und die Kommandanten des Einsatzstabes (240,46 Euro). Wenn der Militärkommandant selbst den Einsatzstab leitet, erhält er sogar 398,16 pro Tag. Allerdings sind Zulage und Gehalt mit rund 8.900 Euro gedeckelt. Unteroffiziere erhalten mit 125,11 Euro pro Tag allerdings deutlich weniger als Offiziere. Die zum Einsatz verpflichteten Grundwehrdiener bekommen überhaupt nur ein besseres Taschengeld von 7,62 Euro täglich.

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