"Transferkonto neu"

Bald klare Sicht im Milliarden-Förderdschungel?

Österreich
03.03.2010 10:18
Mit der angekündigten "Transparenzdatenbank" kommen neben den Sozialleistungen nun auch die öffentlichen Subventionen in den Fokus der Spardebatte. Ihre Erfassung wurde von der SPÖ in die VP-Idee des "Transferkontos" hineinreklamiert, um Licht ins Subventions-Dunkel zu bringen. Derzeit ist der Förderdschungel von Bund, Ländern und Gemeinden nämlich praktisch undurchschaubar. Klar ist lediglich: Österreich gibt über fünf Prozent seines BIPs für Subventionen aus - so viel wie kein anderes EU-Land.

Bei der Höhe der Wirtschafts-Förderungen ist Österreich in ganz Europa unübertroffen - wer die Milliarden erhält und nach welchen Kriterien sie vergeben werden, ist aber nur schwer zu überblicken. 

Mehr als fünf Prozent der Wirtschaftsleistung fließen jährlich in Unternehmensförderungen, in Agrarsubventionen sowie in Zuschüsse für defizitäre Verkehrsbetriebe à la ÖBB und die Krankenhäuser. Selbst ohne Berücksichtigung der Spitäler bleibt laut Wifo immer noch ein Fördervolumen von vier Prozent der Wirtschaftsleistung übrig. Zum Vergleich: Tschechien kam 2007 laut Eurostat mit 3,5 Prozent aus, in Deutschland waren es 2,7 Prozent und im EU-Schnitt überhaupt nur 2,3 Prozent.

Kurzer Vergleich mit den Sozialleistungen: Bei der Sozialquote – dem Anteil der monetären und nicht-monetären Sozialleistungen inklusive Gesundheitssystem und Pensionen am BIP – lag Österreich zuletzt "nur" auf Platz fünf der EU-Rangliste. Die Quote hat laut den aktuellsten Zahlen vom Jahr 2006 28,5 Prozent ausgemacht, was Ausgaben von 73,3 Milliarden Euro entspricht. Die durchschnittlichen jährlichen Sozialausgaben für eine Person in Österreich betrugen im Jahr 2006 etwa 8.500 Euro, wobei auf Kinder und Personen im erwerbsfähigen Alter im Schnitt rund 4.600 Euro kommen, auf einen älteren Menschen (aufgrund der Pensionen) rund 28.100 Euro. Es wurde davon ausgegangen, dass sich die Sozialquote aufgrund der Alterspyramide bis zum Jahr 2030 auf über 35 Prozent erhöht.

Viele Milliarden, kaum Förderungsberichte
Doch zurück zu den Subventionen: Größter Fördergeber ist in Österreich der Bund, der 2008 rund neun Milliarden Euro an Unternehmensförderungen ausgeschüttet hat - laut Wifo allein 1,8 Milliarden Euro als Bundesbeitrag an die ÖBB. Von den Bundesländern kommen noch einmal 3,3 Milliarden Euro, von den Gemeinden weitere 2,8 Milliarden Euro und von den Sozialversicherungen 266 Millionen Euro. Das macht in Summe rund 15,3 Milliarden Euro allein an Unternehmensförderungen.

Schlecht bestellt ist es dagegen um die Transparenz: Während die Subventionen in den Ländern bis zu 40 Prozent des Budgets (Vorarlberg) ausmachen, veröffentlichen viele nicht einmal einen Förderbericht, der zeigt, wohin das Geld fließt. Eine zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abgestimmte Subventionsstrategie ist folglich nicht möglich, wie auch die Verwaltungsreform-Arbeitsgruppe der Regierung kürzlich kritisierte. Mehrfachförderungen ein und desselben Projekts durch Bund und Länder können nicht verhindert werden.

Wifo empfiehlt Kürzungen nach "Rasenmäherprinzip"
Das Wifo hat der Regierung in seiner kürzlich veröffentlichten Konsolidierungs-Studie eine starke Kürzung von Subventionen empfohlen. Kurzfristig könnten demnach nach der "Rasenmähermethode" sämtliche Bereiche außer Arbeitsmarkt, Gesundheit, Forschung und soziale Dienstleistungen um zehn Prozent reduziert werden, was 850 Millionen Euro bringen würde. Langfristig hält das Wifo Einsparungen von 3,5 bis 5 Milliarden Euro für möglich.

Näher hinterfragen würden die Experten demnach die nationalen Agrarförderungen (700 Millionen Euro, dazu kommen noch einmal 1,8 Milliarden Euro aus teilweise kofinanzierten EU-Programmen), die Effizienz der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderungen (1,9 Milliarden Euro) sowie der Kultur- (360 Millionen Euro) und Sportförderungen (120 Millionen Euro). Ebenfalls geprüft werden sollte demnach die soziale Treffsicherheit der Wohnbauförderung. Letztere dürfte, so vermutet der Bericht, "primär den Beziehern von mittleren und höheren Einkommen" sowie gemeinnützigen Bauvereinigungen zugutekommen.

Mitterlehner hat Doppelförderungen im Visier
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner will mit der Transparenzdatenbank vor allem Doppelförderungen im Bereich der Wirtschaft unter die Lupe nehmen. Derartige Mehrfachsubventionen ein und desselben Projekts durch mehrere Fördertöpfe gebe es beispielsweise im Ökostrombereich, so Mitterlehner am Mittwoch. Bei den Unternehmenssubventionen sieht Mitterlehner durchaus Sparpotenzial - die vom Wifo vorgeschlagenen pauschalen Kürzungen sieht er aber skeptisch. Den "Rasenmäherprinzip"-Vorschlag des Wifo kommentiert er zurückhaltend und will sich das Thema zuerst in der Arbeitsgruppen anschauen, "bevor man da hineinschneidet".

Die Grundausrichtung des Wifo-Berichtes teilt Mitterlehner allerdings, wie er betont. Es gebe in Österreich Doppelförderungen, wo Projekte durch Bund, Länder und Gemeinden gleichzeitig subventioniert würden - "was nicht verboten ist", wie Mitterlehner sagt, "aber es gibt die Möglichkeit von Effizienzsteigerungen".

Grüne fordern zuerst durchsichtige Parteikassen
Die Grünen forderten am Mittwoch von SPÖ und ÖVP vor der Einführung ihrer "Transparenzdatenbank" zuerst einmal gläserne Parteikassen. "Faymann und Pröll planen nicht echte Transparenz, die zuerst einmal Parteikassen, Parteispenden und Stiftungsvermögen betreffen müsste, sondern den totalen Überwachungsstaat", kritisierte Sozialsprecher Karl Öllinger am Mittwoch. Das Transferkonto bedeute für die Betroffenen nämlich, dass vergünstigte Zug- und Kinotickets, Bildungszuschüsse, Wohnbauförderung, Medikamente und von der Steuer abgesetzte Kirchenbeiträge erfasst werden müssten.

Öllinger geht allerdings ohnehin davon aus, dass das Projekt scheitern wird: "Die Bundesregierung hat ja schon beim völlig gescheiterten Pensionskonto bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, komplizierte Sachverhalte sinnstiftend darzustellen. Das Pensionskonto ist undurchschaubarer Datenmüll. Der Transparenzdatenbank wird es genauso gehen."

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