Land vor Machtwechsel?

EU und USA gegen Maduro und Venezuelas Armee

Ausland
24.01.2019 07:47

Der Machtkampf in Venezuela ist vollends entbrannt, die Lage im kriselnden Erdölstaat ist derzeit ziemlich unübersichtlich. Ist die Ära des umstrittenen sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro zu Ende? Der oppositionelle Parlamentspräsident Juan Guaido hat sich am Mittwoch zum Interimspräsidenten erklärt. Die USA, zahlreiche lateinamerikanische Staaten und auch die EU stellten sich hinter die Opposition. Mexiko, Kuba und Bolivien unterstützen weiterhin Maduro. Der viel wichtigere Verbündete des Präsidenten ist aber das venezolanische Militär, das sich gegen den neuen Präsidenten ausgesprochen hat.

„Die Soldaten des Vaterlandes akzeptieren keinen Präsidenten, der von dunklen Mächten eingesetzt wird oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt“, schrieb Verteidigungsminister Vladimir Padrino am Mittwoch auf Twitter. „Die Streitkräfte verteidigen unsere Verfassung und sind der Garant unserer nationalen Souveränität.“

Erdogan unterstützt „Bruder Maduro“
Donnerstagfrüh kam auch eine Unterstützungsbotschaft für Maduro aus der Türkei. „Mein Bruder Maduro! Bleibe standhaft, wir stehen zu euch“, habe Erdogan seinem venezolanischen Kollegen gesagt, erklärte Präsidentschaftssprecher Ibrahim Kalin. Maduro und Erdogan pflegen seit Jahren ein enges Verhältnis. Beide stehen wegen ihres Umgangs mit der Opposition im Visier der Kritik. Der türkische Staatschef hatte Venezuelas Präsidenten bereits bei einem Besuch in Caracas im Dezember seine Unterstützung versichert.

Guaido sieht sein Amt durch Verfassung abgesichert
Guaido berief sich bei seiner Selbsternennung ebenfalls auf die venezolanische Verfassung. Weil Maduros Wiederwahl im vergangenen Jahr nicht den demokratischen Regeln entsprochen habe, gebe es keinen legitimen Präsidenten. Daher müsste es eigentlich Neuwahlen geben. Bis dahin habe der Parlamentspräsident die Funktion eines Übergangs-Staatschefs zu erfüllen. Der 35-jährige Ingenieur, der bis vor Kurzem ein unbekannter Hinterbänkler in der entmachteten Nationalversammlung war, rief die Soldaten zuletzt immer wieder dazu auf, sich auf die Seite der Opposition zu stellen.

Der Armee kommt im Machtkampf zwischen Maduro und Guaido eine entscheidende Rolle zu. Generäle sitzen an den wichtigen Schaltstellen, kontrollieren das Ölgeschäft, den Import von Lebensmitteln, Banken und Bergbaufirmen.

Am Montag war ein Aufstandsversuch von 27 Soldaten gegen Maduro gescheitert. Die Situation in dem Land hatte sich seitdem verschärft. Bei Protesten und Unruhen kamen am Dienstag und Mittwoch nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) mindestens 13 Menschen ums Leben. Die meisten Menschen seien durch Schusswaffen getötet worden.

Maduro fordert US-Diplomaten auf, Venezuela zu verlassen
Die EU und die USA haben dem selbst ernannten Präsidenten ihre Unterstützung zugesichert. Das US-Außenministerium will nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Maduro und der Aufforderung an alle US-Diplomaten, das Land binnen 72 Stunden zu verlassen, die Verbindungen über Guaido weiter aufrechterhalten. Die USA erkennen das Maduro-Regime nicht als Regierung Venezuelas an. Folglich hat der ehemalige Präsident Nicolas Maduro aus Sicht der USA nicht die rechtliche Befugnis, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen", sagte Außenminister Mike Pompeo am Mittwoch.

Das US-Außenministerium richtete zudem eine klare Warnung an die venezolanische Führung: „Die Vereinigten Staaten werden angemessene Maßnahmen ergreifen, um jeden zur Verantwortung zu ziehen, der die Sicherheit unserer diplomatischen Vertretung und ihres Personals gefährdet.“ Das Ministerium rief zudem die venezolanischen Streitkräfte auf, das Wohlergehen aller venezolanischen Bürger, aber auch der Ausländer und US-Bürger in dem Land zu garantieren. US-Präsident Donald Trump ließ auch eine militärische Intervention in Venezuela offen. Er meinte in einer Erklärung: „Alle Optionen sind auf dem Tisch.“

EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, dass die EU das Parlament als demokratisch gewählte Institution unterstütze und die Stimme des venezolanischen Volkes nicht ignoriert werden dürfe. Zudem forderte sie einen „sofortigen politischen Prozess, der zu freien und glaubwürdigen Wahlen in Übereinstimmung mit der Verfassung“ führt. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, er setze auf eine einheitliche Position der EU-Mitgliedstaaten zur „Unterstützung der demokratischen Kräfte“ in Venezuela. Der deutsche Außenminister Heiko Maas rief bei einem Washington-Besuch alle Seiten zur Besonnenheit auf.

Wie geht es nun weiter? Wie stehen Guaidos Chancen?
Nach derzeitigem Stand der Dinge erst einmal schlecht. Die Opposition ist geschwächt: Zahlreiche Regierungsgegner sitzen in Haft, dürfen sich politisch nicht betätigen oder sind ins Exil gegangen. Die verbliebenen Oppositionellen sind untereinander zerstritten. Bisher hat Maduro alle Massenproteste gegen seine Regierung blutig niedergeschlagen. 2014 und 2017 gingen Zehntausende Menschen über Wochen hinweg auf die Straße. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften, paramilitärischen Gruppen und Demonstranten kamen insgesamt mehr als 160 Menschen ums Leben. Allerdings war Maduro international noch nie so isoliert wie jetzt.

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