90 Mio. Dollar fehlen

Bauchlandung in Arizona: Volk zahlt Radarstrafen nicht

Ausland
12.01.2010 12:58
Stell dir vor, die Polizei blitzt - und keiner zahlt: Der US-Bundesstaat Arizona steht kurz davor, seine vor anderthalb Jahren eingeführten Verkehrsradars einzumotten. Von 127 Millionen Dollar an Verkehrsstrafen sind rund 90 Millionen nicht gezahlt worden. Rasend schnell hat sich nämlich unter Autofahrern die frohe Kunde verbreitet, dass die per Post zugestellten Anonymverfügungen nach drei Monaten verfallen.

Arizona war Mitte 2008 der erste US-Bundesstaat überhaupt, der den Kommunen bei der Verkehrsüberwachung flächendeckend den Einsatz von "Blitzern" vorschrieb. Die Kameras wurden zunächst auf Polizeiautos montiert, langfristig wollte Arizona 76 Fixkameras installieren lassen - alles zum Zwecke der Unfallvermeidung, natürlich.

Fast drei Viertel der Strafen "nicht zugestellt"
Relativ schnell formierte sich die Bürgerinitative "Arizona Citizens Against Photo Radar", die auch bald ein Gesetzes-Schlupfloch für den rasenden Bürger fand. Die Strafmandate können von den Behörden nicht eingeschrieben verschickt werden und "verjähren" nach nur drei Monaten. Wer seine Strafe nicht zahlen will, braucht also nur zu behaupten, er habe das Mandat nie bekommen.

In der bisherigen Bilanz zeigt sich: fast drei Viertel der Strafbescheide wurden "nicht zugestellt". Die 700.000 "speeding tickets" persönlich an der Haustür abzuliefern bzw. bei den säumigen Rasern Behördenvertreter vorstellig werden zu lassen, kann sich der Bundesstaat nicht leisten. Die eingenommenen 37 Millionen Dollar decken - unter Einberechnung der Adminstrationskosten - nur knapp die Anschaffung der Radargeräte, die noch dazu wegen zahlreicher Vandalenakte oft in Reparatur standen. Die mit der Installation der geplanten Fixkameras beauftragte Firma hat 16 Millionen in das Projekt investiert und bangt jetzt um ihre Zukunft.

Radar = Abzocke
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind "Blitzer" noch mehr verpönt als Raucher. An den Plänen, die öffentliche Kasse mit Radarüberwachung aufzubessern, sind in den Vereinigten Staaten schon Bürgermeisterkarrieren gescheitert. Während Kameras, die Lenker bei der Missachtung einer roten Ampel blitzen, relativ weit verbreitet sind und auch akzeptiert werden, stinkt den Amis das gemeine Tempolimit-Radar viel zu sehr nach Abzocke. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP gibt es US-weit in nur 300 Kommunen bzw. Gemeinden Radargeräte mit Kameras. Diese stehen dann meist an Durchzugsrouten und schröpfen den Transitverkehr.

Den Spott für den misslungenen Radar-Coup in Arizona muss sich übrigens Barack Obamas Heimatschutzministerin Janet Napolitano anhören. Sie führte als Gouverneurin von Arizona vor ihrem Abschied nach Washington die flächendeckenden "Blitzer" ein. Ihr Nachfolger wurde der republikanische Politiker Jan Brewer, der bereits ankündigte, das Radargeschäft zu evaluieren. Die Vertreter der Bürgerinitative rechnen damit, dass die "Blitzer" spätestens nach der nächsten Wahl im November 2010 Geschichte sind.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele