„Das Beste für mich“

Rajoy tritt auch als Parteichef zurück

Ausland
05.06.2018 14:31

Vier Tage nach seinem Sturz als spanischer Ministerpräsident hat Mariano Rajoy seinen Rücktritt als Vorsitzender der konservativen Volkspartei (PP) angekündigt. „Ich denke, es ist an der Zeit, diese Phase endgültig und vollständig abzuschließen“, sagte er am Dienstag nach einem Treffen der Parteispitze in Madrid. Rajoy war seit dem Jahr 2004 Chef der PP.

„Das ist das Beste für mich, für die Volkspartei und für Spanien“, sagte Rajoy. Die Volkspartei müsse vorankommen und „ihre Geschichte im Dienst der Spanier unter einer anderen Führung weiterschreiben“, so der 63-Jährige. Das spanische Parlament hatte Rajoy am Freitag als Ministerpräsident gestürzt. Eine absolute Mehrheit von 180 der insgesamt 350 Abgeordneten sprach ihm das Misstrauen aus.

Nachfolger wurde der Chef der oppositionellen Sozialisten (PSOE), Pedro Sanchez. Dieser hatte den Misstrauensantrag gestellt, nachdem zahlreiche einst führende Vertreter von Rajoys PP wegen Korruption zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren.

Einige Krisen bestens gemeistert
Rajoy ist der erste Ministerpräsident, der per Misstrauensvotum zu Fall gebracht wurde, seit Spanien 1977 die parlamentarische Demokratie eingeführt hat. Der seit Dezember 2011 amtierende Rajoy hatte seit 2016 eine konservative Minderheitsregierung geführt. In seiner mehr als sechsjährigen Amtszeit überstand er mehrere schwere Krisen, eine Rezession, aus der er sein Land mit einem harten Sparkurs führte, eine mehrmonatige politische Blockade 2016 und die Abspaltungsversuche Kataloniens im vergangenen Jahr.

Rücktritt kein Schuldeingeständnis
Rajoy wollte seinen Rücktritt nicht als Schuldeingeständnis werten, sondern erhob im Gegenteil schwere Vorwürfe gegen Oppositionsführer Sanchez, der ihn gestürzt hatte. Das Misstrauensvotum sei ein „folgenreicher Präzedenzfall“ für die Demokratie in Spanien, weil nun jemand Ministerpräsident sei, „der noch nie Wahlen gewonnen hat“, sagte der konservative Politiker mit Blick auf Sanchez. Dessen Minderheitsregierung sei „extrem schwach“ und habe „schlimme Weggefährten“, so Rajoy mit Blick auf die katalanischen Separatisten, die Sanchez zur Mehrheit verholfen hatten.

Sanchez widmet sich dem Kabinett
Sanchez trieb unterdessen die Vorbereitungen für die Vorstellung seines Kabinetts voran. Medienberichten zufolge wird sich der Sozialisten-Chef vor allem auf starke Frauen stützen. Carmen Calvo, die in der Regierung von Jose Luis Rodriguez Zapatero (2004-2011) Kulturministerin war, werde stellvertretende Regierungschefin sein und gleichzeitig das Ministerium für Gleichberechtigung übernehmen, hieß es. Eine weitere Frau, Teresa Ribera, wird den Berichten zufolge an die Spitze des Ressorts für Energie, Umwelt und Klimawandel gesetzt werden. Dem Ministerium für Öffentliche Verwaltung werde Meritxell Batet vorstehen.

Zum Außenminister soll den Informationen zufolge Josep Borrell ernannt werden. Der 71-Jährige war von 2004 bis 2007 Präsident des Europaparlaments und in den 1990er-Jahren Minister für Infrastruktur und Verkehr. PSOE-Generalsekretär Jose Luis Abalos, für das Amt des Verteidigungsministers im Gespräch, wollte diese Ernennungen am Dienstag im spanischen TV weder bestätigen noch dementieren. Er sagte aber: „Die genannten Namen sind nicht schlecht.“

Telefonate mit Merkel und Juncker
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel lud Sanchez nach einem Telefonat nach Berlin ein. In dem Gespräch vereinbarten die beiden, „dass Deutschland und Spanien weiter eng für eine Stärkung Europas zusammenarbeiten werden“, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag mitteilte. Merkel wünschte Sanchez demnach „Erfolg für seine Regierungsführung“. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker telefonierte mit dem neuen spanischen Regierungschef und kündigte ein baldiges Treffen in Brüssel an.

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