Lokalaugenschein

„Psychoterror“: Streit in Gemeindebau eskaliert

Wien
05.08.2018 16:15

Dieser Nachbarschaftsstreit ist völlig ausgeartet! Eine herzkranke Pensionistin beschwert sich seit Jahren über die laute Familie, die unter ihr wohnt - schon vor zwei Jahren hat sie penibel den Lärmpegel dokumentiert. Daraufhin wird sie von Mitgliedern der Familie angespuckt, bedroht und sogar sexuell belästigt. „Aus Rache“, wie Frau A. betont, würde bei ihr seither täglich Sturm geläutet. Die Frau ist am Ende, nach mehreren persönlichen Gesprächen wurde auch Wiener Wohnen eingeschaltet - inklusive Brief an den ehemaligen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Nach einer Konsultation von Wohnpartner und dem Bürgerservice sowie der Polizei ist eine Lösung noch immer nicht in Sicht. krone.at machte den Lokalaugenschein.

Im Wohnzimmer von Frau A. hängt ein Portrait von Bruno Kreisky. Seit über zwanzig Jahren schon wohnt sie in dem Gemeindebau in Wien-Ottakring. „Meine Kinder sind hier aufgewachsen, es war immer mein Zuhause.“ Aber in den letzten drei Jahren sei ihr Leben zur Hölle geworden. Aus Angst vor dem Nachbarn und seiner Familie will sie anonym bleiben. Wir spazieren zu einem nahegelegenen Park.

„Seit Silvester klingelt er zwei- bis zwölfmal täglich, manchmal sogar um zwei oder fünf in der Früh. Und oft fünf bis zu zehn Minuten lang durchgehend.“ Der Streit mit der vierköpfigen Familie, die unter ihr lebt, ist völlig ausgeartet. Die Vorwürfe von Frau A.: Die Kinder sollen spätnachts Fußball spielen, die Eltern lautstark streiten und Musik hören, sie sei mit den Nerven am Ende. Polizei, Bürgerservice, Wiener Wohnen: Frau A. hat alle kontaktiert. Wenn Beamte da waren, um den Lärm aufzunehmen, sei die Familie mucksmäuschenstill.

Der Höhepunkt der Auseinandersetzung: Frau A. kann es kaum aussprechen. „Komm runter und bl** mir einen!“, soll der Nachbar gerufen und sich in den Schritt gefasst haben. Frau A.s letzte Hoffnung ist eine Delogierung, angeblich soll die Familie mit den Mieten im Rückstand sein. Immer wieder steht es Aussage gegen Aussage. Der Gesundheitszustand der 62-Jährigen hat sich seither verschlimmert. „Seit drei Jahren habe ich einen Herzschrittmacher, der Blutdruck geht in die Höhe, ich habe Beklemmungen und Erstickungsanfälle, wo ich das Gefühl habe, jetzt sterbe ich.“ Die Situation sei ihr sehr unangenehm, „oft schäme ich mich, ich kann sehr schwer damit leben. Wenn ein Mensch leidet und keiner hilft ihm, das tut weh.“

Warum, fragen wir Frau A., will sie nicht umziehen? „Wenn ich jünger wäre, eventuell schon. Aber die Kräfte habe ich nicht mehr, warum soll ich mich geschlagen geben? Nur weil mein Nachbar so aggressiv ist und mir die Behörden nicht helfen? Das sehe ich nicht ein.“

krone.at hat natürlich auch das Gespräch mit der betreffenden Familie gesucht. „Die Nachbarin spinnt!“, meint die Frau kurz angebunden. Ob sie mit uns darüber reden möchte? „Nein! Kein Kommentar.“ Dann knallt sie die Wohnungstüre zu.

„Auch Beschwerden über Frau A.“
Ein Pressesprecher von „Wiener Wohnen“ zu dem Fall: „Frau A.s Beschwerden konnten durch andere Mieter nicht bestätigt werden. Umgekehrt gibt es aber mehrere Bewohner, die sich in der Vergangenheit wegen ihr bei uns gemeldet haben. Wohnpartner versuchen daher - aktuell auch jetzt wieder - zwischen Frau A. und anderen Mietparteien zu vermitteln.“ Bei einer Begehung durch Mitarbeiter von „Wiener Wohnen“ wurde testhalber Lärm inszeniert. Fazit: „Die verursachten Geräusche konnten in der Wohnung von Frau A. kaum wahrgenommen werden.“

Einen unglaubwürdigen Eindruck habe Frau A. laut „Wiener Wohnen“ aber nicht gemacht. Bei unserem Besuch stellte sie krone.at zudem stolz ihren albanischen Nachbarn gegenüber vor. Ein gutes Verhältnis habe sie auch mit einer türkischen Familie im Haus.

Als wir unsere Dreharbeiten abgeschlossen haben, ruft Frau A. noch mal an. „Bitte kommen Sie schnell!“ Als krone.at im Stiegenhaus eintrifft, ist bereits die Polizei eingetroffen. Die Nachbarin hat auf Frau A.s Tür eingeschlagen und sie angespuckt. Als ein befreundeter Nachbar von Frau A. dazwischengehen will, um Schlimmeres zu verhindern, erstattet die Familie gegen den Mann Anzeige wegen Körperverletzung.

Die Verhandlung ist für September geplant. Ob die Familie auch gegen Frau A. Anzeige erstattet hat, ist unklar. Es scheint, als beginne der Streit zum wiederholten Male von vorne.

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