Es war Mordversuch

Kein Strom, deshalb Mutter gewürgt: 6 Jahre Haft

Österreich
24.01.2018 16:07

Ein 20-jähriger, der am 2. August 2017 in Wien-Leopoldstadt seine Mutter gewürgt hatte, ist am Mittwoch am Landesgericht wegen versuchten Mordes zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Geschworenen gingen mit 7:1 Stimmen davon aus, dass der Bursch in Tötungsabsicht die Hände um den Hals der 45-Jährigen gelegt und kräftig zugedrückt hatte.

Der Angeklagte war auf seine Mutter losgegangen, nachdem diese die Rechnung nicht bezahlt hatte und ihr daher der Strom abgestellt wurde. Daraufhin drehte er durch. Zuerst stellte er ihr ein Ultimatum und räumte ihr eine Stunde ein, um für die Wiederherstellung der Stromversorgung zu sorgen. Ansonsten werde er sie umbringen. Exakt eine Minute vor Ablauf der gesetzten Frist zählte der 20-Jährige dann lautstark mit 60 beginnend die verbleibenden Sekunden herunter. Als er bei null angelangt war, ging er auf die 45-Jährige los. Er setzte sich auf die im Bett befindliche Frau, die an den Folgen eines Schlaganfalls leidet, und drückte ihr mit beiden Händen den Kehlkopf zu, sodass sie keine Luft mehr bekam.

Dem Staatsanwalt zufolge überlebte die Mutter nur deshalb, weil der jüngere Bruder des Angeklagten dazwischenging, den 20-Jährigen zur Seite stieß und der Frau damit die Flucht aus der Wohnung in der Wehlistraße ermöglichte. Darauf holte der 20-Jährige aus der Küche einen Hammer und kündigte dem um ein Jahr jüngeren Bruder an, er werde ihm das Genick brechen und die Mutter erschlagen. In dieser Situation ergriff auch der 19-Jährige die Flucht und verständigte die Polizei.

Geständnis kurz nach der Tat
Als wenige Minuten später Beamte eintrafen, teilte ihnen der Verdächtige mit: "Ja, ich wollte meine Mutter umbringen. Sie nervt mich so sehr. Ich bin schuldig. Ich möchte sie nach wie vor umbringen." Nach seiner Festnahme bekräftigte er das vier Stunden später in seiner kriminalpolizeilichen Erstbefragung. Auf die Frage, was er bezweckt habe, erwiderte der Bursch: "Ich wollte ihrem Leben ein Ende setzen."

Zugleich verwies er allerdings auf eine "längere Vorgeschichte", die dazu geführt habe. Diese legte er nun ausführlich dem Schwurgericht (Vorsitz: Norbert Gerstberger) dar. Der Angeklagte war ohne Vater aufgewachsen, die Mutter habe ihm viel zu viel Freiraum und alles durchgehen lassen. Damit habe sie ihm das "Leben versaut", bedauerte der 20-Jährige. Nachdem er die Hauptschule abgebrochen hatte, verdingte er sich eine Zeit als Möbelpacker, ging zuletzt aber keiner Beschäftigung mehr nach. Er saß die meiste Zeit zu Hause in seinem Zimmer vor dem Computer, offenbar auch von der Familie abgeschottet. Zu seiner Mutter hatte er eigenen Angaben zufolge "keine emotionale Beziehung". Vom Richter zu seinem Bruder befragt, meinte der 20-Jährige: "Wir sind zwei Menschen, die das Glück oder Pech hatten, von einer Frau großgezogen zu werden."

Die Verhandlung machte deutlich, dass der Schulabbrecher in sprachlicher Hinsicht jedenfalls als Akademiker durchgehen würde. Von seinem Verteidiger hatte er sich Bücher von Sartre, Camus und Kafka erbeten. Im Unterschied zu seiner bisherigen Verantwortung versicherte der junge Mann den Geschworenen, er habe seiner Mutter nicht nach dem Leben getrachtet: "Ich wollte sie nur wachrütteln. Ich wollte den Strom wieder haben." Auch sämtliche Drohungen im Vorfeld seien nicht ernst gemeint gewesen. Als er seine Hände um ihren Hals legte, "hab ich nicht so fest zugedrückt. Nicht einmal mit der Hälfte der mir möglichen Kraft. Ich wollte sie nicht einmal verletzen."

Bruder: "Er war sehr zornig"
Während die Mutter des Angeklagten von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machte und die Aussage verweigerte, sagte der 19 Jahre alte Bruder als Zeuge aus. "Mein Bruder ist ein sehr jähzorniger Mensch", so der 19-Jährige. Er bestätigte das Ultimatum, das dieser der Mutter gestellt habe. Als die Stunde um war, "ist er auf die Mama losgegangen. Er war nicht zur Vernunft zu kriegen. Er war sehr zornig."

Neben der Haftstrafe wurde der Angeklagte zusätzlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Dem Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer zufolge war der junge Mann zum Tatzeitpunkt zwar zurechnungsfähig, er leidet jedoch an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Zügen. Laut Dantendorfer ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Straftaten mit schweren Folgen zu rechnen, wenn der 20-Jährige nicht entsprechend behandelt wird.

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