KH Nord, Skylink etc.

Warum geht bei den Großprojekten so viel schief?

Österreich
08.09.2018 06:00

Es ist immer das Gleiche: Da kündigt die Politik vollmundig tolle Großprojekte an - und in der Praxis gibt es dann riesige Verzögerungen und milliardenschwere Verteuerungen. Nur einige Beispiele: In Österreich sorgt derzeit das Krankenhaus Nord in Wien für Schlagzeilen (hätte um 850 Millionen Euro 2015 fertig sein sollen), zuvor gab es vom AKH bis hin zum Skylink am Flughafen Wien immer wieder Bauskandale und gewaltige Kostenüberschreitungen. Damit stehen wir nicht alleine da: In Deutschland etwa kostete die spektakuläre Elbphilharmonie in Hamburg nach jahrelanger Verzögerung das Elffache (!) der geplanten Summe. Noch ärger beim Flughafen Berlin, der schon längst in Betrieb sein sollte, von dem aber niemand sagen kann, ob und wann er überhaupt je eröffnet werden kann.

Zu diesen Flops bei Großbauvorhaben hat der österreichische Professor Michael Monsberger von der TU Graz eine umfassende Studie erarbeitet. Thema: Woran liegt es, dass es immer wieder schiefgeht? Monsberger im „Krone“-Interview: „Im Unterschied zu früher, als das Bauwerk an sich das Wichtigste war, spielt heute die Gebäudetechnik eine zentrale Rolle. Sie macht bei Großprojekten nicht nur bis zu 50 Prozent der Gesamtkosten aus, sondern sie kann auch wegen der zahlreichen Schnittstellen die Hauptquelle für Verzögerungen und Verteuerungen sein.“

Besonders augenscheinlich ist das etwa bei Spitälern: Früher gab es nur karge Krankenzimmer, heute hat dort längst Hochtechnologie und elektronische Steuerung Einzug gehalten. Wer das unterschätzt, begeht eine Todsünde: Beim Krankenhaus Nord hatte seinerzeit das Trio Porr, Vamed und Siemens (alle bei solchen Projekten sehr erfahren) ein Komplettangebot um 850 Millionen Euro gelegt. Die damalige Stadträtin in Wien verwarf jedoch dieses Offert, und es wurden mehr als 50 Einzelaufträge vergeben. Mit fatalen Folgen - derzeitigen Schätzungen zufolge wird es nicht nur um Jahre später fertig, sondern auch das Doppelte kosten.

Monsberger: „Die vier wichtigsten Faktoren sind: Planung, Koordination, Entscheidungsstruktur und die Leistungsfähigkeit der beauftragten Firmen.“ Niemand verlange von der Politik, dass diese der „Bau-Obersachverständige“ sei, aber, so Monsberger: „Es müssen klare Rahmenbedingungen gegeben sein, und es sollte auch eine partnerschaftliche Projektkultur gegeben sein.“

Hauptbahnhof Wien und Klinikum Klagenfurt als positive Beispiele
Dass es sehr wohl möglich ist, Großvorhaben ohne Skandale und irrwitzige Kostenüberschreitungen fertigzustellen, beweisen das Klinikum Klagenfurt und der Hauptbahnhof in Wien. Monsberger: „Der Schlüssel zum Erfolg liegt heute in der komplex gewordenen Gebäudetechnik. Wer zu bauen beginnt, ohne dass es eine vollständige Planung gibt, darf sich nicht wundern, wenn es zu Problemen kommt. Die klassischen Bauleistungen wie Rohbau, Fassade, Innenausbau spielen heutzutage eine untergeordnete Rolle, der wichtigste Bereich ist die Gebäudetechnik geworden.“

Georg Wailand, Kronen Zeitung

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