80.000 Bücher!

Besuch in der größten steirischen Privatbibliothek

Steiermark
23.02.2020 10:00

Der Leobner Volkskundler Günter Jontes besitzt 80.000 Bücher - und somit die größte Privatbibliothek der Steiermark. Darunter sind nicht weniger als 8000 (historische) Kochbücher! Sie verraten die Leibgerichte unserer Vorfahren, etwa Muas für die Holzknechte und Schnecken für die feinen Herrschaften.

„Mei’ Muatta, die kocht a Muas, sie sitzt am Pfandlstiehl und rührt mit’m Fuaß.“ Dieses scherzhafte Sprücherl nennt eine typische steirische Speise, die in alten Zeiten die hungrigen Mägen der Holzknechte füllte, wenn sie tief im Wald ihrer schweißtreibenden Arbeit nachgingen: das Muas. Das Muas war eine Art von Schmarrn, das aus drei Zutaten bestand, einem Sackerl Mehl, Schmalz und Salz.

8000 Kochbücher
„Heiß gekocht war es eine stärkende und sehr schmackhafte Mahlzeit“, weiß Günther Jontes. Der bekannte steirische Kultur- und Sprachwissenschafter beschäftigt sich beinahe zeitlebens mit dem Essen als Forschungsthema und sammelt seit seiner Kindheit Kochbücher.

Im Laufe der Jahre sind so bereits unglaubliche 8000 Stück zusammengekommen - das sind allerdings nur zehn Prozent der gesamten Büchersammlung: „Mit 80.000 Exemplaren besitzen meine Frau und ich die größte Privatbibliothek der Steiermark“, berichtet Jontes stolz und zeigt uns einen Teil seines kostbaren gedruckten Schatzes in einem Haus in Leoben. Kochbücher aus aller Herren Länder finden sich in den Regalen, darunter besondere Raritäten und Kuriositäten wie ein Buch in Hamburger-Form oder ein „Mafia-Kochbuch“, ganz echt mit Einschussloch.

Autorin Katharina Prato kredenzte edle Austern
Aber es sind die historischen Druckwerke und einzigartigen Handschriften, die uns besonders interessieren. Denn sie enthalten zum Teil längst vergessene Speisen, bei denen uns - wie den Menschen damals - auch heute das Wasser im Mund zusammenläuft: „Austern in Sardellen-Butter“ ist eines der feinen Gerichte, die Autorin Katharina Prato ihren Lesern kredenzte.

„Pratos ,Süddeutsche Küche‘ ist erstmals 1858 erschienen und mit über 100 Auflagen das berühmteste steirische Kochbuch“, erklärt Jontes. Seine Ausgabe aus 1895 hat zahlreiche Gebrauchsspuren: „Sie ist abgegriffen, hat Fettflecken und wurde mit Ausschnitten und Notizen ergänzt.“ Schmunzelnd blättert der Professor zu einem Rezept, bei dem sich im Gegensatz zu den Menschen des 19. Jahrhunderts bei den meisten Steirern heute der Magen umdreht: „30 heiß abgesottene Schnecken“.

Die Steiermark als Kraut-Land
Was sind für die Grüne Mark charakteristische Gerichte aus Sicht des Volkskundlers? „Man wollte mir einmal einreden, dass das Wurzelfleisch typisch steirisch wäre“, schüttelt Jontes den Kopf. „Ich glaube aber, es sind unsere Strudel.“ Krautstrudel, Rübenstrudel, Erdäpfelstrudel, Spinatstrudel. Landestypisch war lange auch das Grubenkraut. „Kraut und Ruab’n war eine Allerweltskost, für uns ist das heute sprichwörtlich ein Durcheinander.“

Was beim Ehepaar Jontes am heutigen Sonntag auf den Mittagstisch kommt, ist nicht überliefert - ein heißer Tipp aber sind delikate Krautfleckerln: „Sie zählen zu meinen Lieblingsspeisen, weil sie eine herrliche Hausmannskost sind“, lacht der 80-jährige Leobner.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Steiermark



Kostenlose Spiele