"Konk" danach

The Kooks’ Luke Pritchard im Interview

Musik
23.04.2008 18:55
Dass sie sich nicht nur mit Songs wie "Naive" oder "Ooh La", sondern auch mit einer gehäuften Portion männlichen Chauvinismus und ihrer liebenswerten Angeberart "hochgespielt" haben, streiten "The Kooks" gar nicht ab. Macht auch nix, denn nur zu gern lässt sich der Fan von Frontmann Luke Pritchard um Begeisterungsstürme bitten. Nach dem großartigen Debüt "Inside In/Inside Out" und zwei Jahren auf Tour geben die großkopferten Hochschul-Rocker jetzt auch mal etwas zurück und lassen die Rockstar-Fassade bröckeln. "Es ist ein Album für nach dem Sex", sagt Luke Pritchard im krone.at-Interview folgerichtig.
(Bild: kmm)

"Konk" heißt der Zweitling von Pritchard, Gitarrist Hugh Harris, Drummer Paul Garred und dem damaligen Bassisten Max Rafferty, der noch das Album mit seinen Kollegen im Londoner Kultstudio der Kinks einklopfte. Seit Februar spielt Dan Logan die tiefen Töne der Band, Rafferty wurde aufgrund seiner Unzuverlässigkeiten und seines unkontrollierten Drogenkonsums rausgeworfen.

Während ein paar britische Hardcore-Kritiker die nach dem Kinks-Studio benannte Platte für ihre eingängigen Songs verrissen, sprechen britische Musikhörer und Kritiker aus Kontinentaleuropa eine durchgehend andere Sprache. In England hievten die Fans "Konk" mit einem Ruck auf Platz 1, in Deutschland gab es durchwegs Begeisterung für "Konk", sofern nicht von den Briten abgeschrieben wurde. Hierzulande gesellt sich die Band mit dem Einstieg der Single "Always Where I Need To Be" (Video oben) auf Platz 65 in die Underdogriege der musikalisch Wertvollen wie Amy MacDonald, Gnarls Barkley oder der Soul-Newcomerin Adele.

"Konk" hat nicht die Schnoddrigkeit des Debüts, der Platte fehlt die Spontaneität und die Übertriebenheit in den Lyrics. Und das ist gut so. Sogar sehr gut, denn "Clearasilpop" oder "Boyband des Indierock" mag man bei seiner Lieblingsband nicht höhren, auch wenn sie ein Durchschnittsalter von Anfang zwanzig hat. Pritchard schrieb über 80 Songs für die Platte. Herausgekommen ist eine bunte Auswahl, die vom selbstsicheren, plumpen Anmachsong "Do You Wanna" über die herzzerreißende Midtempoballade "Sway" bis zum First-Track-Folksong "Tick Of Time" am Ende der Platte und - man höre und staune - mit persönlichen Memoiren angereicherten Schlenkern wie "One Last Time" oder dem Hidden Track "All Over Town" reicht. Dazwischen findet sich eine Auswahl an unverschämt eingängigen Refrains, die sich ins Ohr förmlich hineinbohren. Da wären "Shine On", das "Doo, doo-doo" in "Always Where I Need To Be" oder der als Atempause getarnte Chorus in "Stormy Weather", dem Song, den sie in Großbritannien dann als zweite Single bringen werden.

Musikalisch operierten die vier Absolventen des "Brighton Institute Of Modern Music" - in England nennt man sie und andere Alumnis wie Kate Walsh gern "Kinder aus der Rockstarschule", Pritchard war aber auch an der BRIT School mit Katie Melua, Adele, Kate Nash oder Amy Winehouse - schon auf ihrem Debütalbum auf hohem Niveau. Auf "Konk", so scheint es, will Gitarrist Hugh Harris der Welt endlich beweisen, dass er nicht zu den Drei-Akkorde-Schrummern der restlichen Indie-Rock/Pop-Welt gehört. Aus der halben Rockgeschichte von Led Zeppelin bis Pearl Jam hat sich Harris seine Sounds zusammengeklaut und in sie in Form von prickelnden Licks, die sich für kein Klischee zu teuer sind, in Pritchards Million-Dollar-Melodien verwurstet. Was dabei herauskommt, sind viele feine Riffs und überraschend virtuose Solopassagen, denen man eine Universalgefälligkeit nicht absprechen kann.

Es mag die brischen Indie-Fanatiker mitten ins Herz treffen - aber auf "Konk" haben The Kooks offenbar ihren Stil gefunden. Und als ob es nicht schon durch "Inside In/Inside Out" zu erahnen gewesen wäre, ist dieser einen Tick angepasster, als man's im strengen England gern gehabt hätte. Mein Gott, es ist Musik, gute Songs, Ohrwürmer - kein Eigenständigkeitswettbewerb...

Ihr seid bei eurem ersten Album noch lieber ein paar Monate auf Tour gegangen, und habt eure Plattenfirma warten lassen. „Konk“ brachte zwei Jahre. Was hat euch so sicher gemacht, dass euch niemand in der Zwischenzeit vergessen würde?

Luke Pritchard: Davor hatte ich nie Angst. Wenn du gute Songs hast, kannst du nach dem ersten Album vier, fünf Jahre Pause machen und die Leute werden sich an dich erinnern, weil sie noch immer deine Songs hören. Also können sie uns gar nicht vergessen! (lacht) Gleichzeitig meine ich damit auch, dass man sich um seine Fans kümmern muss. Überhaupt nach all dem, was mit Max (Rafferty, dem geschassten Bassisten, Anmk.) passiert ist.

Hat man keinen Druck auf euch ausgeübt, „Konk“ vielleicht ein wenig schneller fertigzustellen? Ich kann mir vorstellen, dass man aus den Kooks eine Menge Geld herausholen kann.

Luke Pritchard: (lacht) Nicht wirklich... echt nicht. Wir haben mit unserem Label Glück. Außerdem waren wir die meiste Zeit über gar nicht erreichbar. Als es im übrigen Europa und auch in Amerika so richtig los ging, spielten wir die ganze Zeit Konzerte. Wir wollten es ordentlich machen - außerdem: Wenn dein Bassist dauernd ausfällt, kannst du schlecht ein Album machen.

Die Texte auf „Konk“ klingen etwas tiefgängiger, fast so, als würdest du die Schattenseiten deines Lieblingsthemas „Liebe“ erforschen. Hast du dich etwas abgekühlt?

Luke Pritchard: Abgekühlt? Nein, wir sind immer noch hotas hell. Ich lebe beim Songschreiben sehr oft den Moment, das, was sich gerade vor mir befindet. Das zweite Album sollte in meinen Augen poetischer sein. Das Ganze ist aber nicht so durchdacht, wie es vielleicht auf Außenstehende wirkt. Es ist viel impulsiver.

Jemand sagte bei eurem ersten Album, man solle es hören, während man Sex hat...

Luke Pritchard: Das ist keine schlechte Idee (lacht). Inside In/Inside Out kannst du dir anhören, während du es mit deiner Freundin oder deinem Freund treibst. "Konk" ist ein Album für nach dem Sex. Obwohl... ein paar Songs machen heiß. (lacht)

Den Typen, den du da in "Mr Maker" porträtierst, ist das jemand, der du nie sein möchtest oder sind das all die braven Wegseher, die du verändern willst?

Luke Pritchard: Mr Maker ist für mich der ultimative Gutmensch. Er lebt in einem sauberen Vorort in Amerika, wo nie etwas böses passiert. Und er macht auch nichts böses, er ist nicht der, der sich davonstiehlt, um in der Stadt böse Dinge zu machen.

Aber ist "Mr Maker", zum Beispiel wenn er in den Lyrics weg sieht, als der Pfarrer Kinder betatscht, nicht ein furchtbar oberflächlicher Typ mit Scheuklappen?

Luke Pritchard: Ja, klar. Er ist keiner, der Aktionen setzt oder seine Standpunkte vertritt. Das mit dem Priester, der entfernt wird, weil er sich nicht korrekt verhalten hat - so heißt es ja in den Lyrics - hatte ich in der Zeitung gelesen. Mr Maker kotzt es natürlich an, aber er sieht trotzdem weg. In diesem Sinne ist er oberflächlich, aber er lässt sich trotzdem nicht zu Schulden kommen, das seine Reise in den Himmel verhindern würde.

Wann hast du "One Last Time" geschrieben? Ein sehr nachdenklicher Song...

Luke Pritchard: Das war einer der letzten Songs, den ich schrieb, bevor wir ins Studio gingen. Ich war zu dieser Zeit irgendwie sehr traurig, wollte aber eigentlich einen fröhlichen Song schreiben. Ich hatte eine Geschichte vor Augen, voll Kitsch und Nostalgie. Aber es sprachen nur Melancholie und Trauer aus mir. Ich dachte an eine vergangene Liebe, an eine magische Verbindung, bei der du glaubst, dass sie sich nie lösen wird. Und ein paar Jahre später, kannst du dir trotzdem nicht einmal mehr das Gesicht dieser Person ins Gedächtnis rufen. Das ist irgendwie ein beschissenes Gefühl.

Fühlst du dich nach den Geschehnissen der letzten paar Monate, dass sich das Rockstarfeeling auch manchmal verlebt? Ich erinnere mich gerade an euren verpatzten Österreich-Gig am Nuke-Festival, als Hugh und du allein spielen musstet, weil eure Bandmitglieder noch... na ja, sagen wir "verhindert" waren.

Luke Pritchard: Oh Gott, an das erinnere ich mich auch noch. Passierte damals gar nicht so selten... Ob dieses Feeling aufhört? Ja, manchmal schon. Es zieht dich irgendwie runter. An manchen Tagen fühle ich mich, als würde ich wahnsinnig werden. Da weiß ich dann nicht, wo mir der Kopf steht. Zum Beispiel heute ist bei mir zuhause der Teufel los und ich muss damit irgendwie übers Telefon klarkommen und soll tausend Dinge gleichzeitig machen.

Wir leben ein verrücktes, turbulentes Leben. Die meiste Zeit über ist es echt verdammt cool, wir kommen gut miteinander aich dieses Leben verändert. Es ist vielleicht dieser Zwang, dich täglich selbst analysieren zu müssen.

Du bist jetzt 23 aber dein Ruf als Songwriter übersteigt bisweilen alteingessesene Künstler in der Musikindustrie. Wie sollen sich The Kooks in zwei, drei Alben anfühlen?

Luke Pritchard: Ich weiß nicht - da drüben hat mich gerade jemand gefragt, wie wir in fünf Jahren wie Pink Floyd klingen wollen und ich sagte bloß "Hä?". Ich möchte es gar nicht wissen. Reden wir doch nach zwei, drei Alben drüber, dann kann ich es dir sagen. (lacht)

Interview: Christoph Andert

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