"Funny Games U.S."

Hanekes Psychospiel mit Watts & Roth

„Warum bringt ihr uns nicht einfach um?“ – „Unterschätzen Sie bitte nicht den Unterhaltungswert...“ Elf Jahre nach „Funny Games“ bringt der österreichische Regisseur Michael Haneke seinen Gewaltschocker rund um zwei gelangweilte Jugendliche, die ihren Spaß daran haben, Familien in ihren Wochenendhäusern zu terrorisieren und zu foltern, wieder ins Kino. Allerdings nicht mit der Originalbesetzung, sondern in einer US-Version, in der Naomi Watts und Tim Roth die Rollen von Susanne Lothar und dem im vergangenen Jahr verstorbenen Ulrich Mühe spielen. Das Ehepaar, das von Michael Pitt und Brady Corbet (die neuen Darsteller von „Paul“ und „Peter“) systematisch gefoltert wird. Bis zum tragischen Ende...

Im Jänner feierte „Funny Games U.S.“ beim renommierten Sundance-Filmfestival Premiere, doch der große Erfolg blieb aus. Weder setzte sich der Gewaltschocker in den USA finanziell durch, noch ließen sich die Filmkritiker von Hanekes Remake seines eigenen Films wirklich überzeugen. Sie hatten aber zumindest ein bisschen Lob auf Lager. "Es ist ein großer Brocken von ekligen Gesinnungen, Gewalt und Nihilismus", meinten etwa die "Detroit News", der "Hollywood Reporter" urteilte diplomatisch mit "es ist nicht unbedingt Unterhaltung, aber es zieht in seinen giftigen Bann". Der "Toronto Star" dagegen pries die "herausragenden Darsteller" und die "meisterhafte Regie". Auf den einfachen Punkt brachte es der "Newark Star-Ledger": "Michael Haneke hasst dich."

„Wir wetten, Sie sind tot“
Und dieses Gefühl kann beim Zuschauer durchaus aufkommen, denn ach so schnell wird er mitten in die Gewalt geworfen. Da fragt Peter (Brady Corbet) um ein paar Eier für Eva, die Nachbarin. Doch auf dem Weg nach draußen lässt er sie fallen. Als er sich neue erbittet, wirft er das Familienhandy ins Wasser. Natürlich aus Versehen. Anna (Naomi Watts) ist sauer, doch noch obsiegt die Höflichkeit. Aber sie fühlt: Irgendetwas stimmt nicht mit dem jungen Mann. „Du musst ihn schnell loswerden“, meldet sich ihre innere Stimme. Doch Peter will nicht gehen. „Nicht ohne die Eier“, sagt er. Sie gibt ihm weitere vier. Er lässt sie wieder fallen. Der Hund sei schuld gewesen, sagt er, er sei ihn an ihm hochgesprungen, da seien sie ihm vor Schreck aus der Hand gerutscht. Als sie ihm weitere vier Eier geben soll, weigert sie sich. Doch Peter hat Verstärkung: Paul (Michael Pitt). Sie solle sich nicht so anstellen, es seien doch nur Eier. Sie würden am Montag ohnehin in die Stadt einkaufen fahren, da könnten sie sich doch eine neue Packung kaufen.

„Schmeiß sie raus!“, fleht Anna ihren Mann George (Tim Roth) an. Warum genau, das weiß sie selber (noch) nicht. Doch sie sollen gehen. Einfach gehen. Doch bevor George die Burschen nach anfänglichem Zögern rausschmeißen kann, erreicht das Spiel eine neue Ebene: Paul zertrümmert George mit einem Golfschläger brutalst den Oberschenkel. Bis zur Wette sind es nur mehr wenige Szenen. Wette? Peter und Paul eröffnen der Familie: „Sie wetten, dass Sie morgen früh um 9 noch nicht tot sind. Wir wetten, Sie sind tot.“ Die "Funny Games" haben begonnen...

Die Hoffnung stirbt schon am Beginn
"Funny Games" war 1997 nach 35 Jahren der erste österreichische und zugleich der aufsehenerregendste und umstrittenste Wettbewerbs-Beitrag in Cannes, auch wenn er leer ausging. Doch beim Zuseher hallt der Streifen unweigerlich nach. Zu einschüchternd und verstörend ist die physische und psychische Folter. Und auch wenn die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, in „Funny Games“ hat sie nicht einmal die Möglichkeit, wirklich aufzukeimen...

Von Heike Rindler