Tod kommt drahtlos

Herzschrittmacher gehackt

Elektronik
12.03.2008 16:50
Die Möglichkeit von Hackerangriffen auf Herzschrittmacher haben Experten für Computersicherheit der University of Massachusetts und der University of Washington aufgezeigt. In einem Laborexperiment konnten sie über eine drahtlose Verbindung auf einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator zugreifen. Neben potenziell tödlichen Manipulationen des Geräts war auch der Diebstahl von Patientendaten möglich. Die Ergebnisse sollen bei einem Symposium des Institute of Electrical and Electronics Engineers im Mai 2008 offiziell vorgestellt werden.

Für die Untersuchungen zu Sicherheits- und Datenschutzaspekten haben die Forscher einen Schrittmacher vom Typ "Maximo" des Herstellers Medtronic (Foto) verwendet und zur erweiterten Simulation in ein dickes Stück Rindfleisch gesteckt. Der Schrittmacher sei ein typisches Beispiel für derzeit gängige Geräte, berichten die Forscher in der "New York Times". Der "Maximo" werde alleine in den USA von hunderttausenden Patienten bis hin zu Vizepräsident Dick Cheney genutzt.

Tödliche Stromstöße möglich - Firma: "Schwer vorstellbar"
Der Ausstoß von für einen realen Patienten potenziell fatalen Stromstößen war die spektakulärste Manipulation am Schrittmacher, die den Forschern in ihren Versuchen gelungen ist. Mit der dabei genutzten Telekommunikationsausrüstung konnten sie auch vom Implantat drahtlos übermittelte Patientendaten abfangen. Diese seien unverschlüsselt übertragen worden, kritisieren die Sicherheitsexperten. Das Problem fehlender Kryptografie werde durch das Fehlen einheitlicher Standards für Datenübermittlung im medizinischen Bereich und die Frage der Entfernung relativiert, verteidigt sich Medtronic, Hersteller des Schrittmachers.

Implantierbare medizinische Geräte haben in der Regel keine starken Sender, die für die Datenübermittlung auf große Entfernungen geeignet wären. "Die Sendeleistung ist für den unmittelbaren Nahbereich ausreichend", meint Andreas Bohne von Medtronic Deutschland. In vielen Fällen müsse der Empfänger praktisch direkt an die Haut gehalten werden. "Es ist schwerlich vorstellbar, dass es zu einer Manipulation kommt", meint Bohne. Auch die US-Forscher geben an, dass sich ihre Versuchsausrüstung in unmittelbarer Nähe des Geräts befand. Trotzdem konnten sie auch auf einen "Maximo" zugreifen, der in einem dicken Stück Rindfleisch steckte.

Frage der Sicherheit findet zu wenig Beachtung
"Die Risiken für Patienten sind derzeit sehr gering, aber ich mache mir Sorgen, dass sie ansteigen könnten", meint Tadayoshi Kohno, Forscher der University of Washington, gegenüber der "New York Times". Die Verbreitung von implantierbaren medizinischen Geräten aller Art, die drahtlos mit der Außenwelt kommunizieren, sei im Steigen. Die Fragen der Sicherheit und des Datenschutzes fänden bei solchen Geräten aber zu wenig Beachtung, glauben die Forscher. Ihre Untersuchungen sollen helfen, das zu ändern. Dabei haben sie auch drei Ansätze vorgeschlagen, wie ohne Energiebedarf die Sicherheit verbessert werden könnte. Einer davon ist eine Warnung vor Kommunikationsversuchen, beide andere umfassen Kryptografieaspekte.

Keine Anleitung für Attacken geliefert
Zwar erfolgt die offizielle Publikation der Forschungsergebnisse erst anlässlich des 2008 IEEE Symposium on Security and Privacy im Mai. Das Forschungspaper wurde aber bereits jetzt im Web (siehe Infobox) veröffentlicht. Eine Verwendung der Ergebnisse für Attacken sei auszuschließen, man habe keine Anleitung geliefert. "Wir haben spezifisch und absichtlich methodologische Details aus unserem Paper weggelassen", so die IT-Experten. (pte)

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