Simply Red

Simply Red im Interview

Musik
21.03.2007 17:46
Er hatte einige Anlaufschwierigkeiten bei der Familiengründung. Schon 1995 fand Mick Hucknall, das Aushängeschild der Truppe Simply Red, seine große Liebe Gabriela Wesberry. Doch Karriere und Tourneen waren dem feuerroten Sänger damals wichtiger als das Liebesglück. Sie trennten sich - bis Amor 2003 erneut zuschlug. Als Krönung ihrer Verbindung erwarten sie demnächst ihre erste Tochter. Ein anderes Baby erblickte schon jetzt das Licht der Plattenläden: die neue Simply-Red-CD „Stay“, bereits das dritte Album, das er auf seinem eigenen Label herausbringt.
(Bild: kmm)

„Ich singe dem Baby jetzt schon jeden Tag etwas vor“, lacht der stolze Vater in spe. Und denkt selbst an seine Kindheit zurück: „Ich hatte wirklich Glück, dass ich 1960 auf die Welt kam“, erinnert er sich an die goldene Ära. „Als ich sechs war, wollte ich John Lennon sein. Das war’s! Es gab nur Lennon und sonst niemanden“, erzählt er und seine Augen beginnen zu glühen. „Bei meinem ersten Auftritt hatte ich eine Beatles-Gitarre aus Plastik und ich sang 'I Wanna Hold Your Hand' auf einer Hochzeit – mit einer richtigen Band im Hintergrund in österreichischen Lederhosen! Mein Tantchen Jennifer hatte sie mir von einem Skiurlaub mitgebracht und das war damals etwas sehr Glamouröses!Ein Ski-Trip zu euch war für die Arbeiterklasse aus Manchester wie ein Besuch bei der Queen!”

Das Puristische, Bodenständige hat er sich bis heute Erhalten. Vor „Home“ sagten Simply Red ihrer alten Plattenfirma Adieu und machten fortan auf eigene Faust weiter. Übers Internet, auf simplyred.com. „Wir kleinen Labels müssen viel härter arbeiten, um bessere Musik zu machen. Wenn das Album nicht geht, verlieren wir viel Geld. Also müssen wir für jedes Album unser Bestes geben.“ Einen Vorgeschmack auf ihr Bestes lieferten Simply Red bereits bei ihrem exklusiven Showcase im Februar in Wien. „Stay“ ist abwechslungsreicher und grooviger als viele seiner Vorgänger – angefangen bei „Blue“ dessen Cover dem neuen Werk zum Verwechseln ähnlich sieht. Der Titel „Stay“ lässt zwar eine Schnulzen-Überdosis erahnen, dem ist aber nicht so.

Neben zahlreichen Mid-Tempo-Nummern wie der Single „So Not Over You“ oder auch dem Titelsong „Stay“ strampeln sich Simply Red diesmal ein paar groovige Pop- und Blues-Nummern ab. Ein schwerer E-Gitarrensound begleitet Mick bei „Good Times Have Done Me Wrong“. Das beeindruckende Panorama, das sich um sein Weingut „Il Cantate“ in Sizilien erstreckt, hat Mick Hucknall bei seiner Adaptierung von „Debris“ – dem einzigen Coversong auf der Platte – spürbar einfließen lassen. Micks persönlicher Lieblingssong bleibt aber „So Not Over You“: „Ich liebe diesen Song, weil er erzählt, wo ich mich selbst vor ein paar Jahren einmal befand. Jetzt nicht mehr, aber damals eben.“

Die Frage, die sich viele bei Simply Red stellen ist: Wie ist diese Band organisiert? Und: Ist das überhaupt eine Band? Mick Hucknall, der diese Frage wahrscheinlich täglich gestellt bekommt, beantwortet sie gerne, aber mit dem nötigen Nachdruck: „Betrachtet uns als Orchester. Würdest du diese Frage Miles Davis stellen? Würdest du Duke Ellington fragen, ob er eine Band ist?“ Mick setzt einen gespielt grantigen Blick auf: „Das ist dieser Tick bei euch Journalisten, den ich nicht verstehe. Ihr seid so auf Bands wie die Beatles und die Rolling Stones fixiert, dass ihr euch einbläut, es wäre das einzig mögliche System, in dem man Musik machen kann. [...] Simply Red ist ein Überbau für ein Kollektiv von exzellenten Musikern.“

Letztes Jahr haben sie auf ihrem Latin-Konzeptalbum „Simplified“ vor allem sich selbst neu erfunden und dabei bewiesen, dass ihre Songs auch dann noch unfassbar viel bieten, wenn man ihnen alle physische Energie nimmt. Mit „Stay“ setzt Mick Hucknall wieder ein Zeichen in Sachen songschreiberischer Vielfalt. Sein Geheimnis: „Ich versuche mich streng an traditionelle Qualitätskriterien zu halten. Was alle großen Songschreiber gemeinsam haben, ist die Leichtigkeit mit der sie Melodien schreiben. Sie können dir das Gefühl geben, du hättest diese Melodie noch nie zuvor gehört. In Wahrheit ist es eine Illusion, denn mathematisch gesehen haben wir acht Noten und den Songschreibern gehen die Kombinationen aus.“ Die Kombinationen auf „Stay“ dürften somit auch als mathematische Besonderheiten gelten - wir behaupten, die Lederhosen haben's möglich gemacht!

9 von 10 Parade-Rechenbeispielen

Text: Franziska Trost & Christoph Andert

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