"E(voque)-Pace"

Jaguar E-Pace: Darum ist er schwer in Ordnung

Motor
30.01.2018 12:00

Die Aufgabe ist ja eigentlich gar nicht so schwer. Jaguar will richtig viele Autos bauen. Wie geht das? Klar: Man braucht ein kompaktes SUV. Gesagt, getan! Mit dem E-Pace haben die Briten ab sofort einen Kassenschlager mit Ansage im Programm: den E-Pace: Der ist zwar schwerer als die Aufgabe, aber das ist dann auch schon das einzige Manko.

(Bild: kmm)

Jaguar "makes Britain great again". Längst machen sie mit dem ersten SUV der Marke, dem F-Pace und seiner Aluminium-Leichtbau-Architektur Stückzahlen in einer völlig neuen Größenordnung, im Sommer bringen sie mit dem I-Pace den Gegenkatechismus zur Tesla-Glaubensgemeinschaft und jetzt machen sie Menschen schöne Augen (sowie ein schönes Auto), die bisher nicht auf die Idee gekommen wären, sich einen Jaguar leisten zu können. Wir reden hier natürlich nicht von einem Sozialprogramm, aber 37.000 Euro Basispreis für den 150-PS-Diesel mit Frontantrieb und einem Ausstattungsumfang, der nichts Wesentliches vermissen lässt, sind eine sehr verträgliche Ansage. LED-Scheinwerfer, Tempomat, Parksensoren, Rückfahrkamera, Bluetooth, 10-Zoll-Touch-Pro-Infotainment mit 125-Watt-Sound, 2-Zonen-Klima usw. - alles dabei. Sogar ein Fußgänger-Airbag!

E-Pace. Man könnte auch sagen: E(voque)-Pace
Der Jaguar E-Pace basiert auf der Architektur des Range Rover Evoque, Land Rovers absolutem Bestseller. Diese wurde allerdings mit allerlei neuen Errungenschaften aufgewertet. So stammt die famose Mehrlenker-Hinterachse aus dem Jaguar F-Pace, während (optional) der "Active Driveline"-Allradantrieb mit zwei (!) Lamellenkupplungen an der Hinterachse vom Evoque übernommen wurde. Nachteil an der Evoque-Architektur: Sie besteht zum Großteil aus Stahl, und Stahl ist schwer. Daher bringt der mit 4,40 Meter Länge recht kompakte E-Pace rund 100 Kilogramm mehr auf die Waage als sein großer Bruder, der F-Pace (obwohl Motorhaube, Dach und Heckklappe aus Aluminium bestehen, was insgesamt 40 kg einspart). Und wenn wir gerade beim Vergleichen sind: Ein BMW X1 oder X2 ist nochmals etwa 150 kg leichter. Konkret: Der frontgetriebene Einstiegsdiesel wiegt 1700 kg nach DIN.

Trotzdem betont Jaguar die sportlichen Qualitäten des E-Pace, die sie ihm schon rein optisch auch in die Karosserie geschnitten haben. Seine Dachlinie verläuft eher Coupé- als SUV-like, die tropfenförmige Grafik der Seitenscheiben erinnert ebenso an das F-Type-Coupé wie die LED-Heckleuchten. Nur von vorne wirkt das Kompakt-SUV eher wie ein Baby-Jaguar, trotz der serienmäßigen LED-Scheinwerfer, die sich ebenfalls am F-Type orientieren (LED-Matrix-Scheinwerfer sind optional).

Das mit dem Jaguar-Baby haben die Jaguar-Designer übrigens am Fahrzeug richtiggehend kultiviert: Im schwarzen Rand der Frontscheibe schleicht eine Jaguar-Mutter mit ihrem Jungen; das gleiche Motiv projiziert ein Licht im Außenspiegel auf den Boden vor der Tür.

Der Kleine liebt Kurven
Bei Testfahrten auf Korsika gibt der Jaguar E-Pace den launigen Wechselkurven-Carver; ein E-Type ist er freilich nicht, man merkt ihm sein Übergewicht durchaus an. Je nach Neigungsgruppe empfindet man ihn als Sportler mit schweren Schuhen oder als soliden Erwachsenen, der satt auf der Straße liegt. Schwerfälligkeit liegt ihm jedoch fern, man muss schon sehr ambitioniert in die Kurven stechen, um Untersteuern zu provozieren. Frühzeitig aufs Gas und der Active-Driveline-Allradantrieb katapultiert den Wagen von einem Scheitel zum nächsten. Reifenheulen statt Zähneklappern. Der Charakter des Antriebs ist herrlich hecklastig.

Active Driveline gibt es allerdings nur für die beiden Topmotoren, also P300 und D240, in beiden aber serienmäßig (die anderen Allrad-Versionen haben eine normale Haldex-Kupplung).

Ausschließlich Zweiliter-Vierzylinder-Motoren im E-Pace
Idealmotorisierung für solche Spaßfahrten ist der P300, also der 300 PS starke Zweiliter-Vierzylinder, der auch das F-Type-Einstiegsmodell tapfer antreibt. Kraftvoll von unten heraus (400 Nm ab 1500/min.), dennoch drehfreudig und akustisch nie übermäßig angestrengt. Den Standardsprint absolviert das Topmodell in 6,4 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird mit 243 km/h angegeben.

Doch auch der 240-PS-Diesel ist nicht fad. Immerhin stemmt er nochmals 100 Nm mehr auf die Kurbelwelle, allerdings geht ihm bereits bei 224 km/ die Luft aus. Andererseits: 6,2 statt 8,0 l/100 km als Normverbrauch kann sich sehen lassen. Feinfühlige Fahrer werden die 32 Extra-Kilos spüren, die auf der Vorderachse lasten.

Die Neungangautomatik - die sonst gerne mal zu viel hin und her schaltet - hat bei den Testfahrten nicht genervt. Vielleicht aber auch deshalb, weil wir ambitioniert unterwegs waren und deshalb oft per Paddles geschaltet haben.

Weitere Motorisierungen (die nicht zum Test bereit standen): zwei Diesel mit 150 und 180 PS sowie ein Benziner mit 250 PS. Frontantrieb nur im Einstiegsdiesel mit manuellem Schaltgetriebe (der Sparefroh mit 4,7 l/ 100 km); nur bei den beiden schwächeren Dieseln hat man die Wahl zwischen Sechsganggetriebe und Neungangautomatik.

Ein Jaguar ist wasserscheu? Mitnichten!
Es wirkt tatsächlich ein wenig ungewöhnlich, aber den Jaguar E-Pace kann man problemlos ins Gelände schicken. Mit 20 Zentimeter Bodenfreiheit kommt man ganz schön weit und 50 cm Wattiefe sind auch beachtlich. Damit der E-Pace bei solchen Wasserdurchfahrten nicht absäuft, hat er serienmäßig eine besondere Ansaugluftführung (siehe Fotostrecke).

Speziell fürs Geländefahren hat der E-Pace serienmäßig die "All Surface Progress Control", eine Art feinfühligen Offroad-Tempomaten, Offroad-Anfahrhilfe sowie Berganfahrhilfe.

Platz und Eleganz im Innenraum
Man sitzt gut im Jaguar E-Pace, auch auf der Rückbank. Ein massiver Haltegriff trennt den Beifahrer vom Fahrer, dafür fehlt über der Tür eine Möglichkeit zum Festhalten. In den Kofferraum passen 557 bis 1234 Liter, unter dem Ladeboden bringt man zusätzliche 73 Liter unter, sofern man dort kein Reserverad mitführt.

Ausstattung: Ein bissl was geht noch
Wir haben selten ein Premiumfahrzeug gesehen, das schon in der Basis so gut ausgestattet ist. Dennoch kann man sich noch einige Wünsche erfüllen, wenn es das Konto hergibt. Zunächst gibt es zwei Grundversionen, also die Basis-Basis und die R-Dynamic-Basis, die sportlicher gestaltet ist und in den Automatikversionen Schaltpaddles am Lenkrad hat. Dazu gibt es jeweils vier Ausstattungslinien, Basis, S, SE und HSE.

Felgen gibt es bis 21 Zoll, Assistenten eine ganze Menge, auch ein echtes Head-up-Display. Eine Besonderheit ist der adaptive Tempomat: Erstmals bei Jaguar lässt sich die Abstandsregelung ganz einfach per Knopfdruck abschalten (wie bei BMW). Dem Beispiel sollten endlich mehr Hersteller folgen!

Unterm Strich
Der Preis ist ambitioniert, dafür ist die Ausstattung aber ziemlich opulent. Bei den Premium-Kompakt-SUVs wird Jaguar jedenfalls ein gewichtiges Wort mitreden. Aus österreichischer Sicht darf man sich das auch durchaus wünschen, denn der Jaguar E-Pace macht nicht nur "Britain great", sondern tut auch etwas für Österreich: Gemeinsam mit dem I-Pace wird er bei Magna Steyr in Graz gebaut, was allein dort 2000 Arbeitsplätze bringt. Zusätzlich geschätzt 4000 weitere im Umland. Dürfen wir uns ein Sondermodell namens Ö-Pace wünschen?

Warum?

  • Gute Fahreigenschaften
  • Sportlich-elegantes Design

Warum nicht?

  • Er ist recht schwer.

Oder vielleicht …

… BMW X1/X2, Audi Q3, Mercedes GLA, Volvo XC40

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(Bild: kmm)



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