"Krone"-Interview

Europe: “Wir verbreiten die Kunde der Liebe”

Musik
25.12.2017 08:00

13 Jahre sind die schwedischen Kult-Rocker Europe seit ihrem großen Comeback bereits wieder unterwegs - und erfreuen sich dank großartiger Alben steigender Beliebtheit. Auch der aktuelle Streich "Walk The Earth" schlängelt sich geschickt zwischen Deep Purple- und Ronnie James Dio-Zitaten durch die Gehörgänge. Mit Gitarrist John Norum, Drummer Ian Haugland und Keyboarder Mic Michaeli haben wir uns gleich drei Fünftel der Band geschnappt, um ausführlich und mit viel Humor über Fluch und Segen des Welthits "The Final Countdown", die politische Weltlage, neu entdeckte Freundschaften und überlange Kaffeepausen zu reden.

(Bild: kmm)

"Krone": Mic, Ian, seit ihr euch 2014 wieder zusammengefunden habt, seid ihr nicht nur härter als je zuvor, sondern auch ziemlich erfolgreich. Ihr straft Menschen wie Gene Simmons Lügen, die dem Rock den Tod prophezeien. Wie erlebt ihr diese immer noch steigende Popularität um eure Band?
Mic Michaeli: Es liegt daran, dass wir lieben, was wir tun. Wir versuchen nicht auf Zwang, unseren Erfolg der 80er-Jahre mit ähnlichen Songs zu kapitalisieren. Natürlich spielen wir auch diese Nummern, aber wir haben uns weiterentwickelt. Wir wollten aus unserer Komfortzone ausbrechen und das geht mit den härteren Rocksongs viel besser.
Ian Haugland: Alice Coopers Erfolg in den 70er-Jahren war der Wahnsinn, aber er befand sich dann auch in einer Achterbahn, die auf- und abging. So war es auch bei uns nach den ersten großen Erfolgen Mitte der 80er-Jahre. Heute ist es viel härter, Erfolg zu haben und bemerkt zu werden und wir sind sehr glücklich darüber, dass uns das offenbar gelungen ist. Wir können uns auf die Hits von damals verlassen und kreieren gute neue Musik.

Die meisten Bands verschießen ihr ganzes Pulver schon zu Karrierebeginn - ihr scheint wie guter Wein mit jedem neuen Album besser zu werden. Was macht ihr anders oder besser als alle anderen?
Michaeli: Es ist ein Teil der gleichen Formel wie früher. Wir machen nur Songs, die wir wirklich lieben. Wir sind extrem authentisch und das sieht und hört man auch. Wir haben niemals eine Kompromissentscheidung getroffen, nur weil etwas nach Erfolg riecht. Wir wollen eben unsere Komfortzone verlassen, um unsere musikalischen Grenzen zu erleben. Natürlich haben wir auch das Glück, dass viele Menschen uns auf diesem Weg unterstützen. Wir lassen die Musik aus unserer Seele strahlen und kalkulieren nicht, ob etwas ein Hit werden könnte oder nicht. Die Musik spricht ohnehin für sich selbst. Wir hören zu und reproduzieren das dann.
Haugland: Unser Produzent Dave Cobb ist zudem wirklich gut darin, unsere Visionen so umzusetzen, dass sie für jedermann hörbar sind.

Nach dem Prinzip "never change a winning team", habt ihr jetzt zwei Alben in Folge mit Cobb eingespielt. Das gab es vorher lange nicht im Europe-Bandcamp.
Michaeli: Wir haben davor schon bei Kevin Shirley live aufgenommen, wo wir alle zur gleichen Zeit da waren, um die Songs in Echtzeit einzuspielen. Dave ist mit uns dann einen weiteren Schritt gegangen, da er so eine einzigartige Hippie-Attitüde hat. (lacht) Als Beispiel hatten wir in einer Bridge einmal falsche Noten und er merkte das, animierte uns aber dazu, das so durchzuziehen. Er hat den ganzen Produktionsprozess aufgelockert und den Sound viel echter und lebendiger gemacht. Er ist mittlerweile aber ein Riesenproduzent in der Country-Szene, ein Superstar. Ich habe keine Ahnung, ob wir ihn für ein weiteres Album überhaupt noch kriegen können. Sollte er zusagen, würden wir gerne in sein Studio nach Nashville kommen.

Oder ihr schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, und nehmt selbst eine Art von Countryalbum auf.
Michaeli:(lacht) Warum nicht? Jedenfalls würden wir uns damit wieder aus unserer Komfortzone bewegen. Und wenn es bei Bon Jovi funktioniert, warum nicht auch bei uns?

Das Cover-Artwork eures neuen Albums "Walk The Earth" sieht aus wie eine Mischung aus Pink Floyd und Jeff Lynne's ELO. Wie passt es zum Inhalt des Albums?
Haugland: Es ist ein sehr visionäres Cover. Ehrlich gesagt hat das Cover des "War Of Kings"-Album die Musik darauf nicht ausreichend widergespiegelt. Es war zu kalt und zu offensichtlich computeranimiert. Wir wollten nun wieder basischer werden. Irgendwann hatte Cobb dieses T-Shirt an, das wirklich cool aussah. Er hat das bei so einem Hippie in Los Angeles gekauft, der T-Shirts designt - und so wurde es zu unserem Cover. Es passte auch gut zur Musik und all den Ideen, die wir vorher wälzten.
Michaeli: Das Bandfoto in der Mitte des Covers wurde irgendwo in Manchester geschossen, sieht aber so, als wären wir da im tiefsten Norwegen. Das Bild ist ziemlich majestätisch, so wie auch das Album.

Songtitel wie "Wolves", "Kingdom United" oder "Election Day" klingen ziemlich politisch. Habt ihr heute eine andere, viel weltlichere Herangehensweise an die Songs?
Michaeli: Im Vergleich zu 1986 passieren so viele Sachen auf der Welt, die uns alle vielmehr betreffen, dass wir das nicht ausblenden können. Die Zeiten sind instabil und die Leute lassen sich viel stärker polarisieren. Früher konnten Rechte und Linke trotz ihrer jeweiligen Präferenzen wenigstens noch miteinander diskutieren - heute ist das so gut wie unmöglich. Ich denke, das hat in die Texte von Joey Einzug gehalten und es zeigt auch, in welcher Welt wir heute leben. Ich denke nicht, dass das Album allzu politisch ist. "Kingdom United" dreht sich mehr um die Geschichte der Menschenrechte.
Haugland: Joey ist ein sehr guter Geschichtenerzähler, das hat er schon auf "Cherokee" oder "Carrie" in den 80ern perfektioniert. Er wäre ein guter Opa, der die Enkel zum Einschlafen bringt. (lacht)

Stimmt es, dass der Song "Pictures" eine Fortsetzung eures Jahrhunderthits "The Final Countdown" ist?
Michaeli: Es gibt Ansätze, die auf textlichem Wege überleiten. Der Song erinnert uns mehr an die alten 70er-Jahre-Songs von David Bowie. Bowie hat sich damals auch immer wieder an seine eigene Vergangenheit erinnert und wir zollen ihm damit quasi Tribut.

Das Interessante an euch ist ja, dass viele eurer erstmaligen Konzertbesucher immer noch nur "The Final Countdown" oder "Carrie" kennen und von euren Blues-infizierten Hard-Rock-Nummern nichts mitgekriegt haben.
Haugland: Vor zehn Jahren war das noch intensiver, aber mittlerweile haben die Menschen mitbekommen, dass wir eine ganz andere, zweite Karriere gestartet haben. Das ist wie bei Deep Purple. Dort dauerte es auch lange, bis die Menschen schlussendlich wirklich realisierten, dass es auch ein Leben nach Ritchie Blackmore gibt. Die Band schreibt neue Alben und spielte immer live - es braucht einfach seine Zeit. Wir lieben es immer noch, diesen Song live zu spielen. Das Feedback des Publikums ist grandios.

Er passt nur mehr nicht so gut in die neuen Europe-Sets rein, auch wenn er allabendlich der größte aller Hits ist.
Haugland: "The Final Countdown" passt sowieso nirgends rein, weil der Song so einzigartig ist. (lacht) Der hat damals schon nicht ganz auf das Album gepasst. Heute passt der Song sogar besser rein, weil wir ihn härter und rockiger spielen.

Die Nummer ist also weit mehr Segen als Fluch für euch?
Haugland: Sie ist ausschließlich ein Segen für uns. Diese Nummer hat uns so weit gebracht.

John, wie nervig ist es für dich heute, allabendlich "The Final Countdown" spielen zu müssen, obwohl du gerade diese Nummer so verabscheust?
John Norum: Ich habe meinen Frieden damit gemacht. Wir spielen diesen Song heute auch viel rockiger und sind allesamt bessere Musiker. Die Nummer ist live so hart geworden, dass man sie nur mehr in Ansätzen mit dem Pop-Song aus den 80ern vergleichen kann. Der Song wird niemals mein Favorit werden, aber es sind ja auch nur viereinhalb Minuten meines Lebens. Es ist nicht das Ende der Welt. Wir gehen heute mit der Mehrheit. Wenn drei von uns fünf eine Idee gut finden, dann wird das auch so umgesetzt. Ich habe gelernt, die Mehrheit gewinnen zu lassen und sie zu akzeptieren. Natürlich machen mir andere Songs wesentlich mehr Spaß, aber es gibt wirklich Schlimmeres im Leben. Die Nummer macht die Menschen glücklich und wenn ich in ihre sehe, dann fühle auch ich mich gut. Deep Purple werden auch nicht in Freudensprünge ausbrechen, wenn sie "Smoke On The Water" spielen müssen, aber die Reaktion der Fans überwiegt. Der Song ist für mich Fluch und Segen zugleich. Und wenn ich mal ganz wenig Lust darauf habe, dann denke ich einfach an den nächsten Song, den ich vielleicht viel lieber habe. Es gibt immer einen Ausweg. Ein ewiges Auf und Ab.

John hat euch nach dem Album 1986 verlassen, weil ihm die "Bubblegum-Pop"-Ausrichtung nicht gefallen hat. Es gab ausufernde Richtungsdiskussionen.
Haugland: In den 80er-Jahren ging es vielmehr darum, was die Plattenfirma von dir wollte und nicht das, was du selbst wolltest. Labels hatten mehr Macht als die Künstler selbst und wenn du einen Hit hattest, musstest du diesen Weg weitergehen, weil sie auch viel in dich investiert haben und das zurückwollten. Die kreative Freiheit war alles andere als grenzenlos. Das war auch innerhalb der Band ein Problem. John wollte einfach härter werden und sein Ding durchziehen. Anfang der 90er-Jahre haben wir dann aufgehört zu touren, weil die Musik nicht mehr populär war. Die Grunge-Ära hat nicht nur uns, sondern die ganze Szene getötet - das ganze 80er-Jahrzehnt quasi aufgelöst. So wie bei Alice Cooper oder auch Bad English hat die Plattenfirma dann unsere vier 80er-Alben extra veröffentlicht um zu sehen, wie sie sich verkaufen. Es war einfach nicht mehr unsere Zeit und wir wollten da nicht mitmachen. Das Touren machte uns auch keinen Spaß mehr und menschlich sind wir in völlig verschiedene Richtungen gegangen. Die Vibes waren nicht gut.
Michaeli: Ein Journalist fragte mich viel früher schon einmal, wie lang wir noch weitermachen wollen und ich entgegnete ihm mit, solange wir Spaß daran haben. Aber wir hatten längst keinen Spaß mehr. Das realisierten wir eben 1992 endgültig und dann war es zu Ende. Eine Kaffeepause war nötig. (lacht)
Norum: Dass das mehr als 30 Jahre her ist, schockiert mich. Hättest du gesagt, 21 Jahre, hätte es mich schon gerissen, aber das ist ja wirklich niederschmetternd. (lacht) Mir war nie fad. Ich habe relativ schnell mein erstes Soloalbum veröffentlicht, bin dann bei Dokken eingestiegen, nach Los Angeles gezogen und lebte dort für ungefähr drei Jahre und bekam einen richtig wilden US-Slang. (lacht) Ich spielte dort jahrelang mit meinem Soloprogramm und eben mit Dokken. Damals hatte ich aber keine Kinder und heute sind es drei. Der Stress war schon immer da, nur hat er sich heute in eine andere Richtung verlagert. Dass wir nun härter sind, ist natürlich großartig, weil unsere Songs gitarrenorientierter sind. Für mich ist das gut, denn so wollte ich das immer. (lacht)

Eine Kaffeepause in Form von zwölf Jahren. 2004 seid ihr dann mit Pauken und Trompeten endgültig zurückgekehrt. Hattet ihr euren Spaß da wiedergefunden? Wie habt ihr euch zusammengerauft?
Michaeli: Zwei Fragen waren entscheidend. Erstens, wer wird Gitarre spielen oder brauchen wir zwei Gitarristen? Und die zweite Frage war: Wiederholen wir unseren 80er-Hairband-Style und spielen dort mit den alten Bands auf Festivals, oder sind wir kreativ und ehrlich bezüglich unserer Gegenwart? Wir wollten nur einen Gitarristen und kreativ sein, diese Antworten waren schnell gefunden. Keiner hatte Lust, die 80er wieder aufleben zu lassen, sondern zeitgemäß zu klingen, ohne die Wurzeln zu verleugnen.
Haugland: Bei unserer legendären Millenniumsshow in Stockholm haben wir das erste und einzige Mal mit zwei Gitarristen als Sextett gespielt. Es hatte minus 32 Grad und war zu Neujahr. Wir hatten ein paar Tage geprobt und als wir uns zusammenfanden, hatten wir die Chemie zwischen uns sofort wiedergefunden. Damit war die Saat gestreut. Jeder hatte seine eigenen Karrierebaustellen, aber jeder von uns vermisste die Gemeinschaft von Europe, da die Vergangenheit schon sehr speziell war. Wir hatten dann die kuriose Idee zu schauen, wie wir denn heute klingen könnten und ob wir wohl zusammenpassen würden.
Norum: Wir haben nie so wirklich über ein echtes Comeback nachgedacht und ich hatte gar keine Pläne, der Band wieder so konstant beizutreten. Die Millenniumsshow war das erste Mal seit 1986, dass ich wieder mit den Jungs auftrat. Nach all diesen Jahren war die Saat wieder gesetzt und wir hatten uns auch als Typen verändert. Jeder hatte so einiges zu tun und dann kam auch noch das zweite Mal das Angebot, Dokken beizutreten. 2001 habe ich also mit Dokken und solo aufgenommen, aber Ende 2003, da war ich gerade in Kalifornien, haben mich die Jungs angerufen und gefragt, ob ich für eine weitere Show in Schweden zur Verfügung stehen würde. Ich war sowieso am Weg dorthin und das hat die Entscheidung im Endeffekt erleichtert. Wir haben uns im Haus von Mic getroffen und lose über eine einzige Tour gesprochen. Ein paar der Jungs haben aber schon Lunte gerochen und wollten ein neues Album aufnehmen. Warum auch nicht? Ich war der Idee nicht abgeneigt und jetzt schau, wo wir uns befinden. 13 Jahre später. (lacht) Ich bin jetzt schon doppelt so lange in der Band wie in den 80ern. Wir machen also definitiv vieles richtig. Solange es Spaß macht, machen wir weiter. Musik und Rock'n'Roll zu machen hält uns jung und kräftig.

Wo sind die größten Unterschiede zwischen deiner Tätigkeit heute bei Europe und den Jahren bei Dokken?
Norum: Die Jungs in Europe sind doch etwas netter, würde ich sagen. (lacht) Dokken ist schon okay, ich liebe ihn so wie er ist und auch Mick Brown war ein toller Typ, aber dort war ich einfach nur Mietmusiker. Sie wollten, dass ich so nahe wie möglich am Originalgitarrist George Lynch dran bin. Das war anfangs nett, aber ich war davon sehr schnell gelangweilt. Man kopiert nur jemand anderen und kann keine eigene Note einfließen lassen. Deshalb verließ ich die Band auch relativ schnell. Ich war damals rund um die 40 und es gab die ersten Europe-Reunion-Gespräche. Dokken wollten auch immer die 80er-Jahre-Songs spielen und nie die neueren. Mir hat es dort einfach nicht mehr gefallen. Bei Europe ist das ganz anders. Hier spielen wir eigene Songs, neue Songs und ich habe mehr Raum zu solieren, kann viel mehr improvisieren.

Wie haben sich eure Persönlichkeiten über die Jahre hinweg verändert?
Norum: Massiv. Das war auch mitendscheidend, dass es so gut funktioniert. Wir sind so etwas wie Erwachsene - zumindest wenn es sein muss. (lacht) Damals waren wir am Anfang unserer 20er und wussten noch nicht so recht, wie wir uns gegenseitig verhalten sollten. Wir hatten keine Erfahrung damit, richtig zu kommunizieren - vor allem dann, wenn du einen Hangover hast. (lacht) Wir sind älter und weiser geworden, diskutieren heute sehr respektvoll miteinander. Der letzte Streit muss wirklich Jahre her sein und heute begegnen wir uns alle auf gleicher Augenhöhe. Wir diskutieren Probleme und haben gelernt, Kompromisse einzugehen. Das tat ich damals nicht. Da lebte ich nach dem Prinzip "my way or the highway". (lacht) Man muss nicht immer allem zustimmen, aber die Akzeptanz für andere Entscheidungen ist eine andere als früher. Wir verändern heute zum Beispiel die Setlist sehr oft, denn speziell nach dem Release von "War Of Kings" war ich sehr gelangweilt. Wir spielten fast zwei Jahre lang dieselbe Setlist durch - nur mal etwas mehr oder mal etwas weniger, bei Festivals zum Beispiel. Das haben wir evaluiert und verändert.
Haugland: Ich sage so: Wir sind alle älter und reifer, auch wenn wir innerlich voller Nonsens sind und manchmal absolute Idioten. Aber wir haben von Anfang an darüber diskutiert, wie wir unsere guten Seiten entfalten können, um größer und besser zu werden. Es ging nie darum, mit dem Finger zu zeigen und die Fehler aufzuwerfen, das bringt keinem was. Jeder von uns hat andere Ansichten und Fähigkeiten und mittlerweile wissen wir das zu schätzen. Das war nicht immer so.

Wenn man sich auf die guten Seiten konzentriert, muss man die schlechten aber auch gut genug kennen.
Michaeli: Natürlich. Niemand sagt, dass es immer leicht ist. (lacht) Unser Credo ist: Wir arbeiten mit dem, was uns zur Verfügung steht. Man kann nichts aus dem Nichts heraufbeschwören. Wir sind keine Alchemisten, sondern Rockmusiker und geben unser Bestes.

Gab es auch bestimmte Dinge, die ihr nach dem Comeback bewusst verhindern wolltet? Egal, ob zwischenmenschlich oder in punkto Songwriting.
Haugland: Nicht für eine Plattenfirm oder irgendwen sonst die Songs zu schreiben, ist ein unheimlich schönes Gefühl. Das kannten wir am Ende der ersten Phase unserer Karriere gar nicht mehr. Auch wenn wir nicht immer übereinstimmen, geht es zumindest so gut, dass wir immer weiterkommen. Es gibt kein großes Drama, keinen großen Streit mehr, wenn es um die Kreativität geht. Die Lösung ist schnell gefunden, wenn auch oft mithilfe von Kompromissen. Am Wichtigsten ist auch, kein Drama wegen Kleinigkeiten zu entfachen. Nichts ist perfekt, kein Song und kein Mensch, aber das muss man akzeptieren und verstehen. Wir sehen immer das Positive und schätzen, dass wir etwas Einzigartiges erleben, wenn wir zusammen sind und Musik machen. Dafür sind wir irrsinnig dankbar.

Ist es sehr anders, 2017 ein Europe-Bandmitglied zu sein als 1986?
Michaeli: Ich fühle mich selbstsicherer in meinen Fähigkeiten. Man lernt, welche Opfer man aus dem Privatleben bringen muss, um ein Teil dieser Band zu sein. Der Teil des Lebens, der nicht Europe ist, wird mehr geschätzt. Damals haben wir uns vom Wind in jede Richtung tragen lassen, aber heute wissen wir das Privatleben viel mehr zu schätzen. Wir sind uns darüber bewusst, wo wir drinstecken und dass nicht das ganze Leben nur mit Musik zu tun hat. Ian ist zum Beispiel ein Genie was das Merchandise angeht.
Haugland: Mic ist der Musik-Professor bei uns. Er kommt mit den perfekten Melodien an und kann alles ganz genau analysieren, weil er Fähigkeiten hat, die jedem anderen bei uns fehlen. Er ist der Meister der Harmonien. Außerdem weiß er besser wie John Norum die Gitarre zu spielen hat, als er selbst. (lacht) Es ist immer lustig zu sehen, wie Mic Norum beibringt, was er zu tun hat. Aber so ist das bei uns. (lacht)

Ihr seid jedenfalls hochmotiviert, die Band weiterzutragen und auch weiterhin neue Studioalben zu veröffentlichen?
Haugland: Wir haben heute so viel Spaß, dass kein Ende in Sicht ist. Es schaut so aus, als ob die Menschen unsere Arbeit annehmen und wir uns mit jedem Album mehr Publikum erspielen. Wir lassen die Musik für uns sprechen und können ganz in unserer Kreativität aufgehen. Das wäre früher unmöglich gewesen, ist heute aber unser großes Erfolgsrezept.

Wie würdet ihr denn gerne von der Außenwelt wahrgenommen werden?
Haugland: Ich will den Menschen Freude bereiten. Wir wollen ein kleines Licht sein in der Härte der Realität, die jeder Mensch verspürt. Es ist sehr schön, wenn nach Gigs jemand zu mir kommt und meint, ich wäre ein guter Drummer, aber viel wichtiger ist es mir, dass wir als Band den Menschen Freude bereiten und sie in den Sog unserer Musik ziehen. Wir verbreiten die Kunde der Liebe.

John, du forcierst nach wie vor auch deine Solokarriere. Ist bei dem derzeitigen Terminplan mit Europe überhaupt noch genug Zeit dafür?
Norum: Ein bisschen Zeit bleibt dafür immer, aber natürlich geht der Großteil für die Band drauf und die Familie hat sowieso Vorrang. Die Kinder brauchen mich und ich will ihnen ein guter Vater sein. Das letzte Soloalbum ist mittlerweile schon wieder sieben Jahre her, aber im Februar/März werde ich endlich wieder eines veröffentlichen. Es sind ein paar poppigere Songs oben, aber ich orientiere mich eher an Hard- und Blues-Rock. Dafür sind Soloalben da. Man kann in Ruhe experimentieren. Wenn ich Bock auf ein Reggae-Album habe, dann wird es auch einmal so eines geben. Da kann mich niemand aufhalten. Bei Europe hatten wir schon immer reine Instrumentalsongs, aber ausleben kann ich mich eben nur beim Solomaterial. Den Frank Zappa kann ich nur dort machen. (lacht) In der Band steht der Song im Vordergrund. Ich muss heute auch nicht mehr alle damit beeindrucken, wie schnell und tight ich spielen kann. Ich bin ein guter Teamplayer geworden. Gitarrespielen ist wie eine Droge für mich und ich habe das innere Bedürfnis, meine Finger immer irgendwie im Einsatz zu haben. Es ist therapeutisch und stärkt den Geist. Würde ich nicht permanent spielen könnte, müsste ich wohl längst zum Psychiater. (lacht)

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