Skandal am Kaukasus

Regenbogen-Binde: Shitstorm gegen Georgien-Kapitän

Sport
03.11.2017 12:25

Guram Kashia, der georgische Kapitän von Vitesse Arnhem, wird in seiner Heimat wegen eines Stücks Stoff an seinem Arm angefeindet. Objekt der Entrüstung: eine regenbogenfarbene Kapitänsbinde.

Guram Kashia ist plözlich in aller Munde. Der georgische Verteidiger und Kapitän vom holländischen Erstligisten Vitesse Arnhem hat am Donnerstag 2:0 in der Europa League gegen Waregem verloren, doch das Spiel hat ihn wenigstens vom Skandal abgelenkt, den er in seiner Heimat Georgien verursacht hat. Seitdem läuft es auch in seinem Klub schlechter als zuvor, er wurde in vier Spielen zweimal ausgetauscht, und schoss ein Eigentor.

Nichts ist so, wie es früher war - und das seit dem Match gegen Heracles Almelo (1:1) am 15. Oktober. Guram Kashia war der populärste Spieler des georgischen Nationalteams. Die georgischen Fans waren stolz auf den Landsmann, der seit 2010 eine feste Größe in der holländischen Eeredivisie ist. Der 30-jährige Kicker wurde aber innerhalb eines Tages zum Hassobjekt in Georgien. Sein Klub Vitesse Arnhem trat am besagten Tag auswärts in Almelo an. Der stämmige, bärtige Georgier ist schon seit sechs Jahren der Kapitän der Gelb-Schwarzen. Er trug bisher immer weiße oder blaue Kapitänsbinden.

Zeichen für Toleranz
Doch an diesem Tag entschied er sich anders, er wollte damit ein Zeichen für Toleranz und gegen sexuelle Unterdrückung setzen, es war der Tag einer landesweiten Aktion in Holland. Alle Erst- und Zweitliga-Mannschaften, auch Frauenteams, schlossen sich an. Doch angefeindet wurde dafür nur Guram Kashia. Er wurde über Nacht vom positiven zum negativen Helden.

Schon während des Spiels ging der Shitstorm über den Mann mit der Regenbogen-Armbinde los. Die Fanszene entzweite sich, ein Teil schaute immer noch ehrfürchtig auf Guram Kashia auf, ein anderer, aber weit größerer Teil hielt ihn aber fortan für den Verräter der georgischen Werte. Denn das Oberhaupt der georgisch-orthodoxen Kirche, Ilja II., ist überzeugt, dass Homosexualität anormal und eine Krankheit ist. In Georgien gibt es oft Übergriffe auf Homosexuelle, laut einer US-Umfrage sehen 93 Prozent der vor einem Jahr befragten Georgier Homosexualität als nicht akzeptabel an.

"Lass dich nie wieder in Georgien blicken"
Guram Kashia musste dies jetzt am eigenen Leib erfahren. Er erlebte eine Internet-Hasskampagne, die im georgischen Fußball ihresgleichen sucht. Die meisten schrieben ihm: "Bleib für immer in Holland", "Lass dich nie wieder in Georgien blicken", und das sind noch die salonfähigen in der Reihe von Drohgebärden, die an Kashia adressiert wurden. Auch die Medien wandten sich von ihm ab, darunter der renommierte Journalist Giorgi Gigauri, der seinen lebenslangen Ausschluss aus dem Nationalteam verlangte und dies mit dem drohenden Boykott der Fans begründete.

Als einer der wenigen stand der Chef des georgischen Fußballverbandes, Ex-Schalke-Spieler Levan Kobiashvili, offen zu Kashia. Guram Kashia sei ein "wichtiger Spieler" und ein "wunderbarer Mensch", der gezeigt habe, "dass der Sport für alle Menschen offen sein sollte, unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung oder Religion".

Während also im ganzen Fußball Homosexualität ein Tabuthema bleibt, spricht ganz Georgien von Guram Kashia. Interessanterweise schweigt der Hauptdarsteller des ganzen Dramas. Sein einziges Interview gab er dem niederländischen Fernsehsender NOS, da sagte er: "Kommt schon, niemand kann mir meine Nationalität nehmen, selbst wenn Zehntausende dagegen sind, wenn das Nationalteam ruft, komme ich... Ich denke, solange du niemandem schadest und ein guter Mensch bist, kannst du doch sein, wie und wer du möchtest. Das ist meine Vision." Und dem ist nichts hinzufügen.

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(Bild: KMM)



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