Treffen eskalierte

Kopfschuss auf offener Straße in Wien: Mordanklage

Österreich
02.11.2017 17:40

Gegen einen 28-jährigen Mann, der am 16. April 2017 in der Jägerstraße im Wiener Bezirk Brigittenau einen Bekannten per Kopfschuss getötet hat, wird nun Anklage wegen Mordes erhoben. Der Schütze muss sich ab 20. November in einer auf zwei Tage anberaumten Verhandlung vor Geschworenen verantworten. Seine Anwälte wollen beweisen, dass es sich bei dem Vorfall um einen Schießunfall gehandelt hat.

Das schlagkräftige Verteidiger-Duo Werner Tomanek und Philipp Wolm stützt sich dabei auf die Expertise eines Gerichtsmediziners sowie das Gutachten eines Ballistikers, das die beiden einholen hatten lassen. Der Privatgutachter Manuel Fließ bestätigte den Befund des Gerichtsmediziners Christian Reiter, der nach der Leichenöffnung festgestellt hatte, die dabei gewonnenen Erkenntnisse ließen sich "grundsätzlich mit einem Unfall im Rahmen eines sorglosen Umganges mit einer Faustfeuerwaffe im Rahmen eines Raufhandels in Einklang bringen".

Die Anklagebehörde hatte auf die Beiziehung eines Schießsachverständigen verzichtet.

Friedliches Treffen eskalierte völlig
Der Beschuldigte hatte sich am Ostersonntag mit dem später Getöteten - einem 26 Jahre alten Mann mit bosnischen Wurzeln - zu einer Aussprache getroffen, bei der es um eine gemeinsame Bekannte gegangen sein soll. Das zunächst friedliche Treffen im Café "Blanco" eskalierte und verlagerte sich auf Straße, wo der 26-Jährige - ein Kampfsportler, der sich den Erhebungen der Landespolizeidirektion zufolge in einem kriminellen Umfeld bewegte - dem gebürtigen Kosovaren einen Faustschlag ins Gesicht versetzt haben soll. Der Angegriffene wehrte sich zunächst mit einem Pfefferspray und schließlich mit einer geladenen Pistole, die er seiner Aussage nach dem Kontrahenten bloß auf den Kopf schlagen wollte. Plötzlich habe es gekracht.

Kugel drang durch Oberarm in den Kopf
Das Projektil ging durch den rechten, angehobenen Oberarm in den Kopf und trat an der linken Scheitelhöhle wieder aus. Der 26-Jährige hatte keine Überlebenschance. Während die Staatsanwaltschaft von einer vorsätzlichen Tötung ausgeht, hält es der von Tomanek und Wolm mit einer Gutachtenerstellung beauftragte Ballistiker grundsätzlich für denkbar, dass sich der Schuss gelöst hat, nachdem dem Angeklagten von seinem Gegner auf die Hand geschlagen wurde.

Zur Frage, ob von einem gezielten Schuss oder einem Unfall auszugehen ist, verweist Fließ auf den von unten nach oben ansteigenden Schusskanal und die unterschiedlichen Körpergrößen der beiden Männer - der Schütze war mit 1,96 Meter um zwölf Zentimeter größer. Im Hinblick darauf gibt der Sachverständige zu bedenken, "dass auch bei einer nur annähernd aufrechten Körperhaltung beider Personen eine gezielte Schussabgabe auf den Kopf unwahrscheinlich ist". Für Fließ "darf von einem Unfall ausgegangen werden", wie es in seinem Gutachten abschließend heißt.

Gericht lässt Tathergang aus ballistischer Sicht untersuchen
Richter Georg Olschak, der den Prozess leiten wird, hat deshalb den erfahrenen Schießsachverständigen Ingo Wieser und einen Chemiker zu Sachverständigen bestellt, um im Auftrag des Gerichts den Tathergang aus ballistischer Sicht zu untersuchen. Auch die vorhandenen Schmauchspuren sollen analysiert werden - auch das war von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren unterlassen worden. Sogar eine Tatortrekonstruktion ist angedacht, um den Geschworenen die Örtlichkeit und den Ablauf des Geschehens näherzubringen.

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