A4-Schlepperprozess

Banden-Vize nutzte Freundinnen zum Autokauf

Österreich
31.10.2017 18:10

Am Montag und Dienstag sind im A4-Schlepperprozess im ungarischen Kecskemet das erste Mal Zeugen im Gerichtssaal aufgetreten. Allerdings gab es ein kürzeres Programm als geplant. Lediglich vier der sieben geladenen Zeugen erschienen tatsächlich. Einer davon war ein Cousin des Hauptangeklagten, der selbst von den Machenschaften des 30-Jährigen profitiert hatte. Einblick in die Geschäfte der bulgarisch-afghanischen Schlepperbande gaben zwei Ex-Freundinnen des Zweitangeklagten. Dieser nutzte die beiden Frauen als Tarnung zum Kauf mehrerer Schlepperfahrzeuge.

So sagte die ehemalige Lebensgefährtin des eigentlich verheirateten 31-Jährigen Metodi G., eine Ungarin, gegenüber der Polizei aus, sie hätte drei Lkw für den Bulgaren anschaffen müssen, ohne zu wissen, dass sie für Schlepperei genutzt werden. Die Frau verließ aus Liebe zu dem Bulgaren ihre Familie. Doch dieser habe sie nur ausgenutzt, wie sie berichtete. Sie erzählte, dass sie in Wien als Prostituierte gearbeitet hatte. Als sie mit dem Bulgaren zusammen kam, wollte sie mit ihm mit Hilfe ihrer Ersparnisse ein Obst-Gemüse-Geschäft eröffnen.

Ex-Freundin fühlte sich ausgenützt
Da sie für den Transport der Waren einen Lkw brauchten, schickte der 31-Jährige die Ungarin zu einem Autohändler. Doch einen Tag nach dem Kauf hatte der Bulgare das Schwerfahrzeug wieder zurückgegeben, angeblich wegen Problemen beim Service. In Wahrheit wurden die Lkw zum Schleppen verwendet und blieben dabei auf der Strecke. Als auch der zweite und dritte mit dem Geld der Ungarin angeschaffte Lkw verschwand, trennte sich die Frau von dem Bulgaren. Von seinen Machenschaften will die Frau nichts gewusst haben, wie aus den Verhörprotokollen hervorgeht, die Richter Janos Jadi am Dienstag im Gerichtssaal vorlas. Eine weitere Ex-Freundin des Zweitangeklagten wurde laut eigenen Angaben vom Lenker des Todes-Lkw nach der Tragödie auf der A4 gebeten, dem Bulgaren bei der Flucht aus Ungarn zu helfen.

Der Zeugenladung gefolgt war ein Autohändler aus Kecskemet, der der Bande mehrere Fahrzeuge verkauft hatte. Darunter befand sich auch jener Kühl-Lkw, in dem die 71 toten Flüchtlinge gefunden wurden. Der Ungar schilderte, wie er 2015 den Fünftangeklagten kennenlernte, der bei ihm Autos kaufte. Über ihn kam er auch mit dem Bandenboss und seinem Stellvertreter in Kontakt. Wofür seine Kunden die Kfz benötigten, wusste der Autohändler nicht. Sämtliche Käufe seien mit Bargeld getätigt worden.

Todes-Lkw für rund 6700 Euro gekauft
Der 52-jährige Fünftangeklagte habe die Fahrzeuge auf den Namen einer bulgarischen Firma erworben. Zwei Tage nach dem Kauf des Todes-Lkw für rund 6700 Euro habe habe ihn der Fünftangeklagte in der Früh angerufen und ihm erzählt, er habe im Radio gehört, dass es ein Problem mit dem Lkw gebe. Er sei nach Bulgarien unterwegs und wollte nicht mehr angerufen werden, schilderte der Autohändler. Das war das Letzte, was er vom libanesisch-bulgarischem Doppelstaatsbürger gehört habe.

Der Cousin des Hauptangeklagten Samsooryamal Lahoo, der ebenfalls persönlich vor Gericht erschien, gab an, dass er erst mit der Zeit mitbekommen habe, dass Lahoo mit Schlepperei sein Geld verdiente. Der Cousin war Zeuge, als sich der Afghane mit jenem Mann traf, der in der Hierarchie der Schlepperorganisation über dem Hauptangeklagten gestanden sein soll. Gegen den untergetauchten Afghanen war vor wenigen Wochen ebenfalls Anklage erhoben worden. Er soll gemeinsam mit dem 30-jährigen Hauptangeklagten in dessen Wohnung Geld gezählt haben - offenbar die Einnahmen der Schlepperbande, denn laut dem Cousin lag "viel Geld auf dem Tisch".

Hauptangeklagter finanzierte Flucht seines Cousins nach Europa
Auch der Zeuge profitierte von den Machenschaften seines Cousins. Der 30-Jährige half ihm illegal über den Irak, der Türkei und Serbien nach Ungarn zu gelangen. Über einen Kontaktmann seines Cousins hat er für seine Schleppung bis nach Ungarn 8000 Euro bezahlt. 15 Wochen lang wohnte er dann bei seinem Cousin in Budapest, wo er nach wie vor lebt und als Pizzaverkäufer arbeitet.

Am 20. November geht es in Kecskemet weiter. Geplant sind dann unter anderem das Vorspielen der Polizeiverhörprotokolle, die im Vorfeld des Prozesses für gehörigen Wirbel gesorgt haben. Die Aufnahmen belegen nämlich, dass ungarische Behörden bereits 13 Tage vor der tödlichen Schlepperfahrt die Gespräche der Schlepper abgehört hatten. Jedoch wurden die Telefonate nicht rechtzeitig übersetzt und ausgewertet.

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