Große Entdeckung

Erstmals Kollision von Neutronensternen beobachtet

Wissenschaft
17.10.2017 06:27

Erst vor zwei Wochen gab es den Nobelpreis für den direkten Nachweis der Gravitationswellen, nun warten Forscher mit der nächsten sensationellen Entdeckung auf: Sie konnten von einem kosmischen Großereignis - der Kollision zweier Neutronensterne - erstmals sowohl Gravitationswellen als auch Licht (elektromagnetische Strahlung) aufgefangen. Die Beobachtung liefert neue Erkenntnisse über solche Kollisionen, bei denen schwere chemische Elemente wie Gold und Blei entstehen.

Die Beobachtung gelang am 17. August mithilfe der Gravitationswellen-Observatorien LIGO (USA), VIRGO (Italien) und rund siebzig erdbasierten sowie Weltraum-Observatorien für elektromagnetische Strahlung. Gerüchte über die spektakulären Messungen geisterten seither bereits durch die Forschungsgemeinschaft.

Winziger Stern mit extrem hoher Dichte
Ein Neutronenstern ist das, was nach einer Supernova von einem Stern übrig bleibt. Dieser Sternentyp hat einen Durchmesser von nur etwa zwanzig Kilometern, besitzt aber eine Masse, die etwa der unserer Sonne bis zu etwa 1,6 Sonnenmassen entspricht. Seine Dichte ist somit extrem hoch: Ein Teelöffel Neutronenstern-Material hat eine Masse von einer Milliarde Tonnen, wie das an der Entdeckung beteiligte Massachusetts Institute of Technology (MIT) am Montag in einer Mitteilung schrieb.

In einer Distanz von 130 Millionen Lichtjahren von der Erde rotierten die beiden nun beobachteten Neutronensterne immer dichter umeinander, erzeugten dabei Gravitationswellen und verschmolzen schließlich in einem "Feuerball", einer sogenannten "Kilonova". Bei solchen Kollisionen entstehen bestimmte schwere Elemente, wie Gold und Blei, und werden ins Universum hinausgeschleudert.

Bisher hatten die Gravitationswellen-Observatorien LIGO und VIRGO die von Einstein vorhergesagten Verkrümmungen der Raumzeit nach Kollisionen von Schwarzen Löchern aufgefangen. "Optische Beobachtungen waren dabei nicht möglich", erklärt Astrophysiker Philippe Jetzer von der Universität Zürich im Gespräch mit der Schweizer Nachrichtenagentur sda.

1500 Forscher weltweit sammelten Daten
"Jetzt haben wir einen neuen Typ von Ereignis mit diesen Gravitationswellen-Observatorien beobachtet", so Jetzer weiter, dessen Postdoktorandin Maria Haney gemeinsam mit insgesamt rund 1500 Forschern weltweit an der Entdeckung und Datenanalyse beteiligt war. Der "Feuerball" und Kollisionen des weggeschleuderten Materials mit Gaswolken im interstellaren Raum erzeugte elektromagnetische Strahlung praktisch im gesamten Wellenlängen-Spektrum.

Dank der parallelen Messung der Gravitationswellen mit LIGO und VIRGO konnten die Forscher die Quelle des Signals orten, und zwar in einer Galaxie, die unserer Milchstraße relativ nahe ist. "Dass dieses Ereignis so nahe war, war ein Riesenglück, denn die Gravitationswellen von Kilonovae können wir nur in deutlich geringerer Reichweite als die vom Verschmelzen Schwarzer Löcher beobachten", erklärte Jetzer.

Teleskope fangen Gammastrahlen-Blitz auf
Knapp zwei Sekunden nach dem Ausschlagen der Gravitationswellen-Observatorien fing das Weltraumteleskop "Fermi" der US-Raumfahrtagentur NASA einen Gammastrahlen-Blitz auf, der aus der gleichen Richtung kam. Im Laufe der nächsten Minuten und Stunden richteten zahlreiche weitere Teleskope und Observatorien ihre Messgeräte auf dieses Ereignis und sammelten eine Fülle von Daten. An deren Auswertung war auch Olaf Reimer, Professor am Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck, beteiligt.

"Wir können nun Rückschlüsse ziehen über die innere Zusammensetzung solcher Neutronensterne und dabei wichtige neue Erkenntnisse im Bereich der Kernphysik bei extrem hohen Dichten gewinnen", erklärt Jetzer. Außerdem lasse sich aus dieser Beobachtung und hoffentlich weiteren solchen Ereignissen nachvollziehen, wie oft diese Kollisionen stattfänden und wie die Entstehung bestimmter schwerer Elemente im Universum ablaufe.

"Fetter Brocken nach dem Nobelpreis"
Reimer wertete die Beobachtung als "fetter Brocken nach dem Nobelpreis". Der Astrophysiker ist Mitglied im Fermi Large Area Telescope (LAT) Team, das die Daten von einem der beiden Instrumente des US-Weltraumteleskop für die Gammaastronomie auswertet. LAT konnte das Nachglühen des beim Verschmelzen der beiden Neutronensterne ausgelösten Gammastrahlenblitzes beobachten. "Der Clou der Beobachtungen ist, dass bei der Kollision von zwei Neutronensternen sowohl Gravitationswellen als auch kurze Gammastrahlenblitze ausgesendet werden", so der Experte.

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