Wähler befragt

Die Flüchtlingsfrage war entscheidendes Wahlmotiv

Österreich
16.10.2017 06:30

Waren es rein taktische Gründe - oder war es einfach nur der Charme des jeweiligen Spitzenkandidaten? Oder überzeugten doch Inhalte, dass man letztlich sein Kreuzerl bei dieser und keiner anderen Partei machte? Im Auftrag der "Krone" hat das IMAS-Institut genau das gefragt - und herausgefunden, warum welche Partei gewählt wurde. IMAS-Meinungsforscher DDr. Paul Eiselsberg sagt: "Die Flüchtlingsfrage war entscheidend."

Für die Kurz-Wähler war der Spitzenkandidat entscheidend
Bei der Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei lautete das Hauptmotiv wenig überraschend: Sebastian Kurz. Aber auch der neue Stil, den er in die Politik bringen will, war wichtig. Klassische ÖVP-Themen wie Wirtschaftspolitik spielten diesmal für die Wähler der ÖVP untergeordnete Rollen.

SPÖ-Fans wählten die Partei, nicht Christian Kern
Interessant sind auch diese Details: Bei den Wählern der Sozialdemokraten war nicht Christian Kern das Hauptmotiv, sondern der Verbleib der SPÖ in der Regierung - und das vor allem aus einem Grund: nämlich, um Schwarz-Blau zu verhindern. Kerns Kampagne war darauf ausgerichtet.

Kurs in Flüchtlingsfrage ließ FPÖ profitieren - nicht Strache
Wegen Heinz-Christian Strache wählte nicht einmal die Hälfte der eigenen Wähler die Freiheitlichen. Am meisten profitierten die Blauen vom scharfen Kurs in der Flüchtlingsfrage.

Umwelt größte Motivation für Grün-Wähler
Warum hat eine ganz kleine Gruppe in Österreich die Grünen gewählt? Nicht wegen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Der Streit mit Peter Pilz und den Jungen in der Partei stürzt die Ökopartei in ihre größte Krise. Hauptmotiv der Grünen-Sympathisanten ist das Thema Umwelt - der Wahlkampf war aber nach dem Abgang von Eva Glawischnig überwiegend von internen Querelen getrieben.

Kandidat für Wähler der NEOS nicht entscheidend
Seit der Gründung der NEOS im Jahr 2012 ist Matthias Strolz praktisch im Dauer-Turbo-Modus, um die Partei voranzubringen. Er als Nummer 1 ist für die Sympathisanten der Pinken aber nicht das entscheidende Motiv. Viel mehr geht es um die Förderung eines neuen Stils in der Politik, um den Abbau der Bürokratie sowie um neue Ideen und Inhalte - ähnlich wie bei der "neuen ÖVP" von Sebastian Kurz. Das ist aber nicht verwunderlich. Denn Strolz und seine Anhänger sind großteils ehemalige ÖVP-Wähler.

"Aufdecker der Nation" profitiert vom Namen
Bleibt noch der ehemalige Grüne Peter Pilz, der bei der Wahl mit einer eigenen Liste antrat. Für ihn votierten die Wähler in erster Linie, weil er als "Aufdecker der Nation" für den Kampf gegen Korruption steht. Und dafür steht auch die Person. "Er und Sebastian Kurz haben am meisten von ihrer Persönlichkeit profitiert", sagt DDr. Eiselsberg.

DIE METHODE: Das Linzer IMAS-Institut fragte für die "Krone" 750 Wähler: "Warum haben Sie sich für diese Partei entschieden?"

Meinungsforscher Eiselsberg: "Flüchtlingsfrage war entscheidend"
Warum haben die Österreicher ÖVP-Chef Sebastian Kurz zum Sieger gemacht? Meinungsforscher DDr. Paul Eiselsberg sagt: "Er hat ganz klar mit seiner Flüchtlingspolitik gepunktet."

"Krone": IMAS ist immer von einem Sieg der ÖVP ausgegangen - und so ist es jetzt auch nach den Hochrechnungen. Ist das Rennen schon vor Wochen gelaufen gewesen?
DDr. Paul Eiselsberg: Das war ein Start-Ziel-Sieg. Gerade in diesem Ergebnis schlummert ein Aspekt: Es hat früher geheißen, man kann mit dem Flüchtlingsthema nicht punkten, weil das die Kernkompetenz der Freiheitlichen ist. Viele ÖVP-Chefs haben immer gemeint, damit kann man keine Punkte holen. Jetzt ist klar, dieses Blatt hat sich gewendet.

Verkürzt gefragt: Hat die Flüchtlingsfrage die Nationalratswahl entschieden?
Das ganz bestimmt - und natürlich der Wunsch nach Veränderung. Es gewinnen die Freiheitlichen dazu, die ÖVP-Liste von Kurz gewinnt dazu - da lässt sich ein gewisser Wunsch nach Veränderung ableiten.

Zu den Motiven: Die ÖVP wurde vor allem wegen der Person Sebastian Kurz gewählt, der für Aufbruch und Veränderung steht ...
Es zeigt sich immer stärker, dass Parteien Politiker als Leuchttürme brauchen. Das sehen wir in der hohen Personalisierung im Wahlkampf, etwa bei den TV-Duellen. Solche Leuchttürme geben Orientierung und sind die Klammern in den Parteien.

Interview: Robert Loy, Kronen Zeitung

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