Die Reaktionen

Riesenjubel bei der ÖVP, Pilz sperrt den ORF aus

Österreich
15.10.2017 20:04

Tosender Applaus, begeisterte Gesichter: Jubelstimmung hat am frühen Sonntagabend in der ÖVP-Wahlzentrale geherrscht, als die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme flackerten. Begeisterung über das stattliche erste Ergebnis gab es auch im Lager der FPÖ, während die SPÖ die vorläufigen Zahlen betreten zur Kenntnis nahm. Wie genau die Liste Pilz auf die ersten Hochrechnungen reagierte, lässt sich nur erahnen: Peter Pilz sperrte den ORF - als Retourkutsche - aus der Wahlzentrale aus.

Der Saal im Wiener Kursalon Hübner war gesteckt voll mit ÖVP-Sympathisanten, auch Minister wie etwa Andrä Rupprechter und Harald Mahrer hatten sich eingefunden.

ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger, die passend zum neuen Design der Volkspartei einen türkisen Gürtel zum schwarzen Outfit trug, bedankte sich für das entgegengebrachte Vertrauen der Wähler: "Es ist der Tag des Dankes und der ganz großen Demut. Sebastian Kurz hat die ÖVP geändert."

Später ergriff auch Kurz selbst das Wort: "Wir haben heute von den Wählerinnen und Wählern eine große Verantwortung erhalten", erklärte er unter tosendem Applaus, und viele Menschen würden große Hoffnung in die "Bewegung" setzen, meinte der ÖVP-Chef.

"Ich nehme die Verantwortung mit großer Demut an", so Kurz, der auch betonte, dass nun eine "Chance für echte Veränderungen" gekommen sei. "Wir haben ein Ziel verfolgt und wir haben das Unmögliche möglich gemacht", bedankte sich Kurz bei seinen Mitstreitern und den Wählern.

FPÖ: "Werden Wähler nicht enttäuschen"
"Zufrieden ist ein Hilfsausdruck, für den Zustand, den ich gerade erlebe. Wir werden unsere Wähler nicht enttäuschen", reagierte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl auf das vorläufige Wahlergebnis. Dieses zeige, dass die Österreicher Veränderungen wollen - und die Freiheitlichen würden alles dafür tun, um diese Veränderungen zum Positiven für die österreichischen Staatsbürger herbeizuführen, so Kickl.

Ob die FPÖ nun mit der Volkspartei oder mit der Sozialdemokratie eine Regierung bilden will, sagte Kickl nicht. Er meinte nur: "Politik ist nicht nur Mathematik." Fakt sei, dass nahezu "60 Prozent der Österreicher ein freiheitliches Programm gewählt haben", so der Generalsekretär in Anspielung auf den ÖVP-Kurs in Sachen Migration.

Betretenes Schweigen bei den Roten
Weitaus stiller ging es zeitgleich im Lager der SPÖ zu: Brandete zunächst noch Jubel auf, als sich der Stimmenbalken nach oben bewegte, verstummten die meisten Anwesenden, als er bei der Marke 26,3 Prozent stoppte. Vielen der Anwesenden war die Enttäuschung über das Ergebnis der ersten Hochrechnung ins Gesicht geschrieben.

Kern: "Nicht das Ergebnis, das ich mir für euch gewünscht habe"
Doch auch, als sich die SPÖ auf den vorläufigen Platz zwei schob, war die Stimmung eher gedämpft - auch bei Parteichef Christian Kern, der vom roten Parteivolk trotzdem wie ein Sieger empfangen wurde. "Das ist nicht das Ergebnis, das ich mir für euch gewünscht habe", sagte Kern seinen Genossen, "aber ich denke, wir haben uns wirklich ordentlich geschlagen. Wir haben eine Kampagne erlebt mit brutalem Gegenwind. Und trotzdem stehen wir immer noch."

Zugleich entschuldigte er sich: "Mir tut es auch leid, wenn wir Fehler gemacht haben. Und ich will mich nicht ausnehmen." Sein Plan für die nächste Wahl: "Ab Montag dafür zu sorgen, dass wir wieder die Nummer eins werden." Gespräche mit der ÖVP werde man "mit Verantwortungsbewusstsein führen", kündigte er an. Er gehe von einem Regierungsbildungsauftrag des Bundespräsidenten an die ÖVP aus, "dann liegt der Ball bei der stärksten Partei", auch, was die Einladung zu Gesprächen betreffe. "Wir werden sehen, wie die Gespräche weiterlaufen."

Liste Pilz boykottierte den ORF
Auf den Einzug ins Parlament hoffte man am Sonntagabend bei der Liste Pilz. "Noch ist nicht aller Tage Abend", erklärte dazu der Ex-Grüne Bruno Rossmann. Den ORF boykottierte die Liste Pilz am Abend jedenfalls - der Grund: Peter Pilz war nicht zur Elefantenrunde im ORF eingeladen worden.

Die Liste Pilz übertrug bei der Wahlparty im Schutzhaus zur Zukunft zunächst die Puls4-Hochrechnung. Entsprechend groß war die Enttäuschung, als die Liste Pilz bei dieser Hochrechnung unter der Vier-Prozent-Hürde lag. Jubel brannte kurz darauf auf, als man auf den ORF umschaltete, wo die Liste Pilz knapp über der Vier-Prozent-Hürde lag. Später erhielt der ORF dann doch noch Einlass zur Wahlparty.

Zum Feiern war Pilz jedoch noch nicht zumute, wie er erklärte, er zeigte sich aber vorsichtig optimistisch. Wenn der derzeit prognostizierte Einzug in den Nationalrat eintrifft, sei das eine gute Basis für einen politischen Gegenpol und eine Alternative. Mit ihm würde "die beste Kontrolle" ins Parlament einziehen, so Pilz. Er zeigte sich betroffen, dass es die Grünen möglicherweise nicht in den Nationalrat schaffen könnten - er habe seiner früheren Partei den Einzug gewünscht. Dass die FPÖ wahrscheinlich der nächsten Regierung angehören werde, davor grause ihm.

Große Enttäuschung bei den Grünen
Von einer "bitteren Niederlage" sprach die grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Nachdem sie sich kurz nach den ersten Hochrechnungen überaus wortkarg gegenüber den Journalisten gegeben hatte, erklärte sie im Telefonat mit der APA später: "Das ist für uns ein schweres Debakel, eine schwere Niederlage und eine große Enttäuschung."

Noch gelte es, das endgültige Ergebnis und hoffentlich den Wiedereinzug ins Parlament abzuwarten. Dann sei klar: "Wir werden jetzt daran arbeiten, wie wir die Grünen als gute Opposition im Nationalrat positionieren." Es gelte, die Partei wiederaufzubauen. Noch sei man in allen Landtagen, vielen Landesregierungen, im Bundesrat und im Europaparlament vertreten, betonte sie.

Angesprochen auf Peter Pilz, der mit seiner eigenen Liste angetreten war und versuchte hatte, die Grünen aus dem Parlament zu drängen, sagte Lunacek: "Ja, das hat er versucht - und das ist ihm hoffentlich nicht gelungen." Versöhnlicher zeigte sich diesbezüglich Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou: "Ich gratuliere ihm", erklärte sie gegenüber Journalisten und bedankte sich bei den Wählern für deren Stimmen.

NEOS "sehr erleichtert"
Angelika Mlinar, EU-Abgeordnete der NEOS, zeigte sich nach den ersten Ergebnissen "sehr erleichtert". "Das war eine sehr solide Leistung in Anbetracht eines solchen Wahlkampfes", erklärte sie. "Sorgenvoll" betrachte sie als Europapolitikerin jedoch das Abschneiden der FPÖ.

Der Abgeordnete Michael Bernhard, der für die NEOS im Eurofighter-Untersuchungsausschuss saß, sieht wiederum die Glaubwürdigkeit seiner Partei durch das Wahlergebnis bestätigt. Man sei eine sehr gute Kampagne mit Zuspitzung auf den Spitzenkandidaten Matthias Strolz gefahren: "Man darf zufrieden sein."

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